Bern, 5.9.2023 - Begrüssungsreferat von Anne Lévy, Direktorin BAG, anlässlich des Stakeholder-Anlasses zum Programm DigiSanté, dem Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen, Bern, 5. September 2023 – Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Bundespräsident
Sehr geehrte Frau Staatsrätin
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich bin sehr dankbar für die klaren und deutlichen Worte des Bundespräsidenten.
Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!
Die Frage ist nicht, ob das Gesundheitswesen einen Digitalisierungsschub braucht, sondern wie schnell wir damit vorwärtskommen und wie gut es uns gelingt, dass dafür alle am gleichen Strick ziehen. Das Programm DigiSanté setzt hierfür den Rahmen.
Auch Frau Staatsrätin Rebecca Ruiz hat darauf hingewiesen: Das gemeinsame Ziel braucht einen gemeinsamen Weg. Den wir zusammen gehen. Eine gute Zusammenarbeit mit den Kantonen ist dabei unabdingbar. Und wie wir soeben gehört haben – auch möglich und erwünscht! Wenn Bund und Kantone zusammenspannen, lässt sich viel erreichen. Doch damit ist das Team noch nicht komplett.
Wir brauchen alle Akteure des Gesundheitswesens. Und wir brauchen eine gemeinsame Sprache. Damit alle relevanten Gesundheitsdaten für alle Nutzenden digital rasch und einfach zugänglich sind: Für die Patientinnen und Patienten und für alle jene, welche die Daten für Behandlung, Abrechnung und Forschung brauchen.
Absolut entscheidend dafür: die Standardisierung.
Sie ist das Herz der digitalen Transformation.
Der Bund soll diese Standards jedoch nicht einfach diktieren. Wir müssen sie zuerst gemeinsam erarbeiten. Die verbindliche Umsetzung erfolgt dann in einem zweiten Schritt. Deshalb braucht es jetzt den Schulterschluss aller Akteure. Dafür haben wir vor einem Jahr die Fachgruppe Datenmanagement ins Leben gerufen.
Sie ist sozusagen die Schweizer Nationalmannschaft in Sachen Digitalisierung des Gesundheitswesens. Mit am Ball sind Digitalisierungsspezialistinnen und -spezialisten von Bund, Kantonen, Spitälern, Ärzteschaft, Apotheken, Versicherungen, der forschenden Pharmaindustrie, der Data Science Forschung sowie weitere wichtige Akteure des Gesundheitswesens.
Eine der grossen Stärken dieser «Nationalmannschaft» liegt darin, dass sie bereits mit konkreten Arbeiten angefangen hat. Der Ball rollt bereits, um im Sport-Bild zu bleiben. Dafür hat sie sich in fünf Teams aufgeteilt.
Ein Team befasst sich mit den Datenflüssen im Gesundheitswesen.
Ein anderes mit den Standards und Voraussetzungen für die Datenerfassung im klinischen Alltag. Das Ziel: die Daten werden nur einmal erfasst, nach dem Prinzip Once Only, bleiben nachvollziehbar und stehen im Nachhinein auch anderen Gesundheitsfachpersonen zur Verfügung. Und sie werden FAIR abgelegt: auffindbar (findable), zugänglich (accesible), interoberabel (interoperabel) und wiederverwendbar (reusable).
Ein drittes Team kümmert sich um die Harmonisierung der medizinischen Register. Hier geht es darum, eine Übersicht zu erlangen und die Mindestanforderungen zu definieren, die es für die Harmonisierung der behandlungs- oder forschungsrelevanten Register braucht.
Das vierte Team erstellt eine Art Landkarte mit den verwendeten technischen und semantischen Standards. Diese erleichtert die Harmonisierung, Einführung oder Schaffung von weiteren Standards im Gesundheitswesen.
Und das fünfte Team erarbeitet Lösungen für eine eindeutige Patientenidentifikation. Die sowohl im Postulat Humbel als auch im Nationalen Forschungsprogramm «Gesundheitsversorgung», NFP74 verlangt wird.
Den eindeutigen Identifikator braucht es, damit die Laborwerte von Rahel Berger aus Zimmer Nr. 103 nicht versehentlich in der Patientenakte einer anderen Rahel Berger aus Zimmer Nr. 308 abgelegt werden.
Oder damit für Kaspar Mühlemann, der bereits einmal in einem anderen Spital behandelt wurde, bei einer Überweisung nicht nochmals eine Patientenakte angelegt wird. Nur weil sein Nachname versehentlich mit «ue» statt mit «ü» geschrieben wurde.
Die eindeutige Identifikation stellt also sicher, dass die richtigen medizinischen Daten mit der richtigen Person verknüpft werden und erleichtert den nahtlosen Datenaustausch zwischen den Systemen. Und sie ist essenziell für die Qualitätssicherung, Forschung und individuelle Behandlung entlang des Patientenpfades.
Gute Zusammenarbeit bedeutet: alle Partner leisten einen Beitrag zum Gelingen. Also auch der Bund. Diesen Auftrag nehmen wir ernst. Unsere Hausaufgaben lassen sich in drei Themenbereiche unterteilen.
Erstens, die Anpassung der gesetzlichen Vorgaben, wo sinnvoll und zweckmässig.
Zweitens, die Bereitstellung von systemrelevanten Elementen der digitalen Infrastruktur, für die es kein Geschäftsmodell gibt und die von einer Vielzahl von Akteuren genutzt werden.
Zum Beispiel ein nationales Consent-Management-System. Also eine Datenbank, in der festgehalten wird, ob beispielsweise meine Behandlungsdaten aus dem EPD, für Forschungszwecke genutzt werden dürfen.
Ebenfalls vorstellbar, sind nationale Vorgaben zu technischen und semantischen Standards durch den Bund, angelehnt an internationale Standards. Weil verbindliche Vorgaben für den nahtlosen Datenaustausch im Gesundheitswesen unerlässlich sind.
Die dritte Hausaufgabe des Bundes ist die Digitalisierung von Behördenprozessen. Hier denke ich beispielsweise an das Meldesystem für übertragbare Krankheiten. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig rasche und verlässliche Informationen sind, um die Ausbreitung ansteckender Krankheiten möglichst früh zu erkennen.
Dafür haben wir während der Pandemie ein Dashboard entwickelt. Dieses bauen wir nun konsequent weiter aus. Über das neue Infoportal wollen wir künftig alle meldepflichtigen, übertragbaren Krankheiten digital erfassen und verständlich abbilden. Es startet diesen Herbst mit Daten zu Covid-19 sowie Grippe-Infektionen. Im Oktober kommen dann die Daten zum RS-Virus dazu – und im Frühling zu Zecken-Infektionen. Das Ziel: die Früherkennung verbessern. Um evidenzbasiert und vorausschauend planen und handeln zu können.
Womit ich ein weiteren wichtigen Aspekt des Programms DigiSanté anspreche: Die Sekundärnutzung von Daten für Wissenschaft und Forschung. Das Kernanliegen des Postulats Humbel. Wissenschaft und Forschung liefern Erkenntnisse, die uns allen, der ganzen Gesellschaft, zu Gute kommen. Es ist daher sinnvoll, diese Nutzung zu ermöglichen. Dafür braucht es einen entsprechenden organisatorischen, rechtlichen und technischen Rahmen. Die einleitend erwähnte Zusammenarbeit umfasst also von Anfang an auch Wissenschaft und Forschung.
Den Geist der Kooperation pflegen wir natürlich auch ämterübergreifend: Beispielsweise indem wir die Gesundheits-kompetenz des BAG mit der Datenkompetenz und den rechtlichen Rahmenbedingungen des BFS verknüpfen. Oder um im Sport-Bild zu bleiben: Wir spielen einander die Pässe zu und spielen auch in unterschiedlicher Teamformationen.
In diesem Sinne übergebe ich das Wort nun gern an Georges Ulrich, Direktor des Bundesamtes für Statistik.
Letzte Änderung 12.09.2023
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