Lucerna, 6.3.2024 - Intervento di Anne Lévy, direttrice dell’UFSP, in occasione del convegno Trendtage Gesundheit: «Forever Young – Fatti & miti. Opportunità & sfide» a Lucerna – Fa stato la versione orale.
Sehr geehrte Damen und Herren
Geschätzte Anwesende
Ich bin mir sicher, dass ich nicht die einzige mit dieser Assoziation sein werde … Aber es ist halt einfach so: Die meisten hier im Saal denken beim Titel «Forever Young» wohl sofort an Alphaville und ihren Hit aus den 80er Jahren.
Als dieser Hit um die Welt ging, trug man gern grelle Farben und Frisuren. Die vermisst heute niemand mehr. Die Sehnsucht nach «ewiger Jugend» begleitet die Menschheit hingegen seit Jahrhunderten. Kein Wunder, lockt das Thema so viele Gäste nach Luzern.
Bei der Vorbereitung auf den heutigen Anlass habe ich mich gefragt: Warum finden wir «ewige Jugend» so erstrebenswert? Ich kann die Antwort nur für mich geben: «ewige Jugend» brauche ich nicht. Was ich mir aber wünsche: auch im Alter gesund und zufrieden leben zu können. So wie ich das in meiner Jugend hatte.
Für Gesundheit und Lebensqualität – in jedem Alter. Dafür setzen wir uns auch beim BAG ein.
Wer heute 65 ist, hat in der Schweiz aufgrund der durchschnittlichen Lebenserwartung noch rund 14 gesunde Lebensjahre vor sich. Die letzten paar Jahre verbringt man aber, so zeigen es die Zahlen, in deutlich schlechterer Gesundheit. Das heisst: Wenn wir länger gesund bleiben könnten, würde das für unsere Lebensqualität und für unser Gesundheitssystem viel bringen. Dazu kommt: Nicht alle Menschen haben bei der Lebenserwartung die gleichen Chancen. Es gibt je nach Bildungsniveau und Einkommen deutliche Unterschiede. Heute lebt ein 30-jähriger Akademiker im Schnitt mehr als 4 Jahre länger als ein Mann mit dem tiefsten Bildungsniveau. Und ärmere Menschen werden öfter krank und sterben früher als Menschen, denen es finanziell gut geht. Der Unterschied zwischen den reichsten und den ärmsten zehn Prozent beträgt rund 6 Jahre. Sie sehen: Bei der Gesundheit geht es auch um Chancengleichheit. Und die ist auch eine Frage der Bildungs- und der Wirtschaftspolitik.
Unser Gesundheitssystem ist sehr gut. Der medizinische Fortschritt und der grosse Einsatz des Gesundheitspersonals sind das Fundament dieser guten Gesundheitsversorgung. Und wir haben viel dafür gemacht, um Unterversorgung zu reduzieren: Wer eine Behandlung braucht, bekommt diese in der Regel rasch. Für dieses gute Gesundheitssystem bin ich sehr dankbar. Und ich bin ganz besonders dankbar für die Arbeit, die die Ärztinnen und Ärzte, Pflegenden und die vielen weiteren Gesundheitsfachpersonen jeden Tag leisten.
Es gibt aber durchaus noch Herausforderungen. Beispielsweise bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen. Da müssen manche lange warten. Doch nicht nur Unterversorgung ist für unser Gesundheitssystem eine Herausforderung. Das Gleiche gilt für Über- oder Fehlversorgung.
Überversorgung, Unterversorgung und Fehlversorgung können die Lebensqualität gleichermassen beeinträchtigen. Und die Patientensicherheit gefährden. Wichtig ist darum: eine angemessene Gesundheitsversorgung zu haben. Die richtige Behandlung zur richtigen Zeit. Also weder zu viel, noch zu wenig. Das heisst auch: Nicht alles, was medizinisch machbar ist, ist auch in jedem Fall «angemessen». Darum ist es sinnvoll, die Themen der Über- Unter- und Fehlversorgung gemeinsam mit allen Akteuren zu vertiefen. Für die Sicherheit der Patientinnen und Patienten.
Der Schweizer Versorgungs-Atlas ist ein gutes Instrument um sich ein erstes Bild über die Situation zu machen. Deshalb haben wir dessen Aktualisierung durch das Schweizer Gesundheitsobservatorium OBSAN finanziell unterstützt. Der Atlas zeigt, wie sich Gesundheitsbehandlungen von Kanton zu Kanton unterscheiden. Ein Beispiel: Ein Meniskus wird im Kanton Tessin nur etwa halb so häufig entfernt, wie im Kanton Schwyz. Grosse Unterschiede gibt es auch bei Hüft- oder Hallux-Operationen oder bei der Abgabe von Beruhigungs- und Schmerzmitteln.
Diese Unterschiede sind teils frappant. Rein medizinisch nicht zu begründen. Es lohnt sich darum, den Ursachen näher auf den Grund zu gehen. Zumal alles, was wirkt, auch gewisse Risiken hat. Das gilt für Medikamente ebenso, wie für Operationen oder andere Behandlungen. Lassen Sie mich mit einem stark vereinfachten Beispiel illustrieren, was ich damit meine: Frau Pfäffli ist 64 Jahre alt. Sie ist gestolpert und ist mit dem Kopf hart aufgeschlagen. Sie musste erbrechen und hat jetzt starke Kopfschmerzen. Im elektronischen Patientendossier von Frau Pfäffli sieht die Ärztin, dass die Verunfallte keine Medikamente nimmt. Am Ende ihres Gesprächs mit der Patientin, muss die Ärztin entscheiden, ob ein CT des Schädels notwendig ist. Dabei wägt sie auch ab, ob die Strahlenbelastung eines CTs den Nutzen der Untersuchung übersteigt. Ein Blick in den Versorgungs-Atlas zeigt nun, dass ein CT nicht in allen Kantonen gleich häufig gemacht wird. Im Kanton Neuenburg liegt die Rate rund 3 x höher als im Kanton St. Gallen. Lassen sich solche Unterschiede rein medizinisch begründen? Oder spielen andere Faktoren mit? Es lohnt sich, solchen Fragen auf den Grund zu gehen, wenn wir über eine angemessene Gesundheitsversorgung reden.
Um Missverständnisse entgegenzuwirken. Es ist uns genauso klar wie Ihnen:
- Es ist nicht am BAG zu entscheiden, wann ein CT, eine Meniskus-Operation oder ein Schmerzmittel notwendig ist. Und wann nicht. Das machen die Fachleute.
- Der Versorgungs-Atlas bildet ab, was ist. Die Gründe für die Unterschiede müssen vertieft werden.
- Zahlreiche medizinische Fachorganisationen, Spitäler und Verbände kümmern sich schon länger darum. Sie besprechen die Themen der Über- Unter- und Fehlversorgung und verabschieden dazu auch Empfehlungen.
Auch der Verein Smarter Medicine hat schon viele gute Beispiele zusammengetragen, die auf eine angemessene Gesundheitsversorgung hinwirken. So empfehlen sie beispielsweise, auf jährliche Gesundheits-Check-Ups zu verzichten, wenn jemand keine Symptome hat. Ausser, es handelt sich um alters- und geschlechtsspezifische Checks, (wie zum Beispiel Krebsscreenings, Blutdruck- oder Cholesterin-Messungen). Oder sie empfehlen, Urinkatheter im Spital nur dann zu legen, wenn dies medizinisch nötig ist.
Wir wollen die angemessene Gesundheitsversorgung nun weiter fördern. Das BAG hat dazu eine neue Initiative gestartet. Dafür nehmen wir demnächst mit den Fachgesellschaften, Verbänden und anderen wichtigen Stakeholdern Kontakt auf. Wir wollen gemeinsam mit allen betroffenen Akteuren eine Übersicht erstellen und die bereits vorhandenen Aktivitäten im Bereich der «angemessenen Versorgung» zusammentragen. Und wir wollen die Diskussionen zu diesem wichtigen Thema vertiefen. Zum Wohl und zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten.
Unnötige oder falsche Behandlungen nützen niemandem. Sie schaden sogar. Und führen zu unnötigen Kosten. Auch Behandlungen, die nötig wären, aber nicht rechtzeitig gemacht werden, führen später zu unnötigen Kosten. Kosten, die die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler belasten. Ohne sie gesünder zu machen. Über- Unter- oder Fehlversorgung belastet auch das Gesundheitspersonal. Und das in Zeiten des Fachkräftemangels. Da wir unserem Personal besonders Sorge tragen sollten.
Was braucht es noch für «ewige Jugend»? – Prävention. Sie fördert ein gutes, gesundes Leben bis ins hohe Alter. Das BAG engagiert sich seit vielen Jahren für die Prävention. Gemeinsam mit weiteren Partnern. Studien zeigen: rund die Hälfte der Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen oder Erkrankungen der Atemwege könnten vermieden werden oder zumindest verzögert. Durch ausreichend Bewegung, ausgewogene Ernährung, den Verzicht auf Tabak, weniger Alkohol trinken, ein gutes soziales Netz und tragende Beziehungen. All das stärkt unsere Gesundheit und fördern die Lebensqualität. Und hilft uns, länger gesund zu leben. Und das wollen wir ja, wenn wir von «ewiger Jugend» reden. Auch in diesem Sinne gilt: Prävention lohnt sich. Für uns alle.
Wenn ich mit Ärzten und Pflegenden rede, höre ich immer wieder, dass gute Digitalisierung ihren Arbeitsablauf vereinfacht. Auch deshalb ist es wichtig, die Digitalisierung des Gesundheitswesens rasch und gezielt vorwärts zu bringen. Mehr Effizienz in den Abläufen und eine bessere Transparenz verringern die administrative Last der Gesundheitsfachpersonen. Es spart Zeit, wenn der Hausarzt dem Austrittsbericht des Spitals nicht mehr hinterherrennen muss. Sondern ihn im elektronischen Dossier seines Patienten findet. Und gemeinsame Standards ermöglichen es, die gesammelten und anonymisierten Daten auch für die Forschung zu nutzen. So helfen etwa Daten über Behandlungserfolge dabei, sinnvolle Behandlungen von unnötigen zu unterscheiden. Und schliesslich helfen gemeinsame Daten-Standards, die Qualität unseres Gesundheitswesens zu erhöhen und dabei gleichzeitig Kosten zu sparen.
Ich habe Sie nun vielleicht etwas enttäuscht. «Forever young» ist nicht unser Ziel.
Viel erstrebenswerter finde ich: Dass wir die aktuellen Errungenschaften klug nutzen. Beim medizinischen Fortschritt genauso wie bei der Digitalisierung. Damit wir möglichst gesund alt werden.
Hand aufs Herz: Ist das nicht viel besser als ewige Jugend?
«Forever young» …. Im Refrain des Hits fragt der Sänger der Band Alphaville übrigens zurecht: «Do you really want to live forever?»
Ich bin überzeugt. Die meisten wünschen sich nicht, möglichst alt zu werden, sondern möglichst lange gesund zu bleiben.
Darauf richten wir unserer Arbeit aus. Das dient den Menschen in unserem Land und dient unserer Gesellschaft.
Ultima modifica 12.03.2024
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