Gentests im nicht medizinischen Bereich werden in zwei Regelungsbereiche unterteilt: «Genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften» und «Übrige genetische Tests».
Welche genetischen Tests gehören in den nicht-medizinischen Bereich?
Genetische Tests, die in den nicht-medizinischen Bereich fallen, liefern Informationen über Eigenschaften einer Person, die nicht mit Krankheiten oder Krankheitsveranlagungen in Verbindung stehen. Diese Tests dienen auch sonst keinem medizinischen Zweck.
Dennoch können die gewonnenen Daten sensible Informationen enthalten, die einen besonderen Schutz vor Missbrauch erfordern. Abhängig von der untersuchten Eigenschaft kann das Missbrauchspotenzial auch nur gering oder vernachlässigbar sein.
Daher wird im nicht-medizinischen Bereich zwischen zwei Regelungsbereichen unterschieden:
Genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften
Übrige genetische Tests
Hinweis: Das Gesetz verwendet für Gentests im nicht-medizinischen Bereich den Begriff «genetische Untersuchungen ausserhalb des medizinischen Bereichs».
Genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften
Es gibt folgende genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften:
Genetische Untersuchungen zu physiologischen Eigenschaften, deren Kenntnis die Lebensweise der betroffenen Person beeinflussen kann (Lifestyle-Gentests). Sie umfassen insbesondere Tests
zum Ernährungsverhalten
zur sportlichen Veranlagung
zum allgemeinen Wohlbefinden
Beispiele sind Abklärungen zur Schlafqualität, zur Hautalterung und zum biologischen Alter. Auch Tests zur Bestimmung des Stoffwechseltyps, die dabei helfen sollen mittels geeigneter Ernährung oder sportlicher Aktivität das Gewicht zu optimieren, fallen in diesen Bereich. Zudem gibt es genetische Tests zur Muskelbeschaffenheit, die Informationen zu Schnelligkeit und Ausdauer liefern sollen, um die Wahl der optimalen Sportart zu erleichtern.
Abgrenzung
Die genetische Abklärung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Stoffwechselkrankheiten, Muskelstörungen, Hauterkrankungen oder von Krankheitsrisiken, deren Kenntnis die Lebensweise beeinflussen kann (z.B. für bestimmte Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes Typ 2) werden dem medizinischen Bereich zugeordnet.
Hierzu gehören Tests, die zum Beispiel folgende persönliche Eigenschaften ermitteln sollen:
Charaktereigenschaften
Verhalten
Persönliche Vorlieben
Intelligenz
Begabungen oder Talente
Abgrenzung
Die genetische Abklärung von psychischen Störungen, Entwicklungs- und Intelligenzstörungen sowie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen wird dem medizinischen Bereich zugeordnet.
Hierzu gehören Tests zu ethnischen oder anderen die Herkunft betreffenden Eigenschaften. Sie sollen Auskunft geben über:
die Ursprungsregion der Vorfahren (z.B. Westafrika, Südeuropa) oder
die Zugehörigkeit zu einem Urvolk (z.B. Kelten), einer Bevölkerungsgruppe oder Ethnie.
Unter die Ahnenforschungstests fallen auch:
die Suche nach möglichen Verwandten unter den anderen Kundinnen und Kunden des Gentestanbieters, oder
ein Testangebot, das Auskunft zu einer allfälligen Verwandtschaft mit Prominenten bzw. historischen Persönlichkeiten geben soll (vorausgesetzt, dass deren Daten dem Gentest-Anbieter bereits vorliegen).
Abgrenzung
Diese Tests sind abzugrenzen von Vaterschafts- und Verwandtschaftstests. Sobald zwei Personen die Verwandtschaft zueinander klären möchten, kommen die Bestimmungen für die Erstellung von DNA-Profilen zur Anwendung.
Übrige genetische Tests des nicht-medizinischen Bereichs
Zu den übrigen genetischen Untersuchungen werden diejenigen Analysen gezählt, die Auskunft über bereits bekannte Eigenschaften zum äusseren Erscheinungsbild geben sowie über weitere Merkmale, die ein verhältnismässig niedriges Missbrauchsrisiko bergen. Beispiele dafür sind Gentests zu:
Haar- oder Augenfarbe, Haarstruktur
Form des Ohrläppchens
Geschmacksempfinden (z.B. bitterer Geschmack, Abneigung gegen Koriander)
Konsistenz des Ohrenschmalzes
Niesreflex bei plötzlich hellem Licht
Abgrenzung
Die genetische Abklärung von Pigmentierungsstörungen (z.B. Albinismus) oder Wachstumsstörungen wird dem medizinischen Bereich zugeordnet. Die Phänotypisierung, die bei Strafverfahren eingesetzt werden kann,
Die Phänotypisierung, die bei Strafverfahren eingesetzt werden kann, wird durch das DNA-Profil-Gesetz geregelt.
Welche Anforderungen gelten für genetische Tests im nicht-medizinischen Bereich?
Ein genetischer Test, der in den nicht-medizinischen Bereich fällt, darf nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person aufgeklärt worden ist und sie der Untersuchung zugestimmt hat. Bei der Veranlassung genetischer Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften ist die Gesundheitsfachperson zuständig für die Aufklärung.
Die betroffene Person muss in schriftlicher und verständlicher Form über Folgendes aufgeklärt werden:
Zweck, Art und Aussagekraft der genetischen Untersuchung
Zu welchem Zweck wird der genetische Test durchgeführt?
Was wird untersucht, ein bestimmter Genabschnitt oder grössere Teile des Erbguts?
Was ist vom Ergebnis zu erwarten? Welchen Nutzen bringt es?
Art der Probe
Welche Probe wird entnommen (z.B. Speichel oder Wangenabstrich)?
Umgang mit der Probe und den genetischen Daten
Wo wird der Test durchgeführt, in der Schweiz oder im Ausland? (vgl. dazu auch «Zustimmung», «Durchführung im Ausland»)
Werden Proben und genetische Daten in ein Land ohne angemessenen Datenschutz gesendet und werden diese – wie vorgeschrieben – hierfür pseudonymisiert? (vgl. «Durchführung im Ausland»)
Was geschieht mit der Probe und den genetischen Daten nach der Durchführung der Untersuchung? Werden die Proben nach Abschluss der Untersuchung aufbewahrt (z.B. zu Qualitätssicherungszwecken) oder vernichtet? (vgl. «Aufbewahrung»)
Sollen die Proben und genetischen Daten auch zu anderen Zwecken verwendet werden, in unverschlüsselter, verschlüsselter oder anonymisierter Form? Dies erfordert in bestimmten Fällen eine separate Zustimmung (vgl. «Verwendung zu einem anderen Zweck»).
Überschussinformationen
Auch wenn beim Test krankheitsrelevante Informationen entdeckt werden, dürfen diese der betroffenen Person nicht mitgeteilt werden. Über diese Regelung ist sie zu informieren (vgl. «Überschussinformationen» weiter unten).
Rechte der betroffenen Person
Der Test darf nur mit ihrer Zustimmung durchgeführt werden. Die betroffene Person kann nach einer hinreichenden Aufklärung frei entscheiden, ob sie in die genetische Untersuchung einwilligt.
Kontaktangaben
Der betroffenen Person müssen folgende Informationen mitgeteilt werden:
Kontaktangaben der Fachperson (z.B. bei der Gentestfirma), die weitergehende Fragen der betroffenen Person zum Test beantworten kann.
Kontaktangaben der Person, die für die Datenbearbeitung verantwortliche ist (i.d.R. in der Organisation der veranlassenden Gesundheitsfachperson, z.B. in der Apotheke).
Die Zustimmung kann in der Regel mündlich erfolgen.
Wenn ein «Genetischer Test zu besonders schützenswerten Eigenschaften» im Ausland durchgeführt werden soll, muss die Zustimmung schriftlich erfolgen (siehe auch «Durchführung im Ausland»).
Nur urteilsfähige Personen (i.d.R. Erwachsene und ältere Jugendliche) dürfen solche genetischen Tests in Anspruch nehmen.
Bei urteilsunfähigen Personen sowie pränatal sind Tests zu nicht-medizinischen Zwecken verboten.
Die Probe (i.d.R. Speichel oder Wangenabstrich) muss vor Ort und im Beisein der veranlassenden Gesundheitsfachperson entnommen werden. Die Gesundheitsfachperson schickt die Probe ins Labor.
«Übrige genetische Tests» müssen nicht von einer Gesundheitsfachperson veranlasst werden. Sie dürfen direkt verkauft werden – auch über das Internet.
«Genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften» dürfen in der Schweiz nur in einem vom BAG bewilligten Laboratorium durchgeführt werden.
«Übrige genetische Tests» müssen zwar nicht in einem bewilligten Laboratorium durchgeführt werden, doch müssen einzelne gesetzliche Anforderungen berücksichtigt werden.
Wenn die Probe in ein Land ohne angemessenen Datenschutz (z.B. USA) übermittelt wird, muss sie pseudonymisiert und die betroffene Person darüber aufgeklärt werden. Weitere Informationen finden sich auf der Webseite des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten EDÖB: Datenbekanntgabe ins Ausland.
«Genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften» dürfen nur einem ausländischen Laboratorium übertragen werden, das
die Analyse nach Stand von Wissenschaft und Technik durchführt,
über ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO/IEC 17025 (siehe «Weitere Informationen: Links») verfügt,
in seinem Land zur Durchführung der Analyse berechtigt ist.
Die betroffene Person muss der Untersuchung im Ausland schriftlich zustimmen.
Das Ergebnis darf nur der betroffenen Person mitgeteilt werden.
Die betroffene Person hat grundsätzlich ein Recht darauf, Informationen aus der genetischen Untersuchung zu erhalten (Ausnahme: Mitteilung von «Überschussinformationen»).
Die betroffene Person darf darauf verzichten, das Ergebnis eines genetischen Tests oder von Teilen davon zu erfahren.
Es dürfen nur genetische Daten erhoben werden, die für den Zweck der Untersuchung benötigt werden. Überschussinformationen sind so weit wie möglich zu vermeiden.
Die betroffene Person darf nur über Ergebnisse informiert werden, die dem Zweck der Untersuchung entsprechen. Die Mitteilung von Überschussinformationen ist nicht erlaubt.
Für genetische Tests des nicht-medizinischen Bereichs ist Publikumswerbung unter Auflagen erlaubt.
Die Werbung muss auf die Vorgaben des Gesetzes hinweisen, z.B. auf
das Gebot der Veranlassung durch Fachperson, inkl. Probenahme in deren Beisein,
das Verbot der Durchführung solcher Tests bei Kindern,
das Verbot der Mitteilung von Überschussinformationen.
Die Werbung darf nicht irreführend sein.
Neben den allgemeinen Datenschutzbestimmungen des Bundes und der Kantone gelten spezifische Vorgaben zum Schutz von Proben und genetischen Daten. Unter anderem müssen Proben und genetische Daten durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen geschützt werden, beispielsweise vor unbefugtem Zugriff.
Die Bestimmungen des GUMG und der GUMV ergänzen und konkretisieren die Datenschutzbestimmungen des Bundes und der Kantone. Sie legen zudem vergleichbare Regeln für Proben fest (Beispiele: Aufbewahrung, Verwendung zu anderen Zwecken, Durchführung im Ausland).
Fehlt eine konkrete Regelung im GUMG, gilt das anwendbare Datenschutzgesetz.
Für privatwirtschaftlich aufgestellte Einrichtungen (z.B. private Laboratorien, Apotheken, Drogerien, Gentestanbieter): die Datenschutzbestimmungen des Bundes
Für kantonale Einrichtungen (z.B. universitäre Laboratorien): die jeweiligen kantonalen Datenschutzbestimmungen
Proben und genetische Daten dürfen nur so lange aufbewahrt werden, wie dies für den beabsichtigten Zweck erforderlich ist. Als Zweck für eine Aufbewahrung kommt Folgendes in Frage:
die Erfüllung kantonaler Vorschriften (z.B. Führen von Patientendossiers)
die Verwendung zu einem anderen Zweck (siehe unten)
Entfällt der Zweck, sind die Proben und genetischen Daten zu vernichten oder zu anonymisieren.
Proben und genetische Daten aus «Übrigen genetischen Untersuchungen» müssen spätestens zwei Jahre nach der Durchführung vernichtet werden, es sei denn, die betroffene Person hat der Verwendung zu einem anderen Zweck zugestimmt oder der Anonymisierung nicht widersprochen (vgl. «Verwendung zu einem anderen Zweck»).
Proben und genetische Daten dürfen nur mit Zustimmung der betroffenen Person in unverschlüsselter oder verschlüsselter Form zu einem anderen Zweck verwendet werden. Sollen die Proben und genetischen Daten anonymisiert werden, muss die betroffene Person darüber informiert werden. Sie kann der Anonymisierung widersprechen.
Eine Verwendung zu einem anderen Zweck liegt beispielsweise in folgenden Fällen vor:
Im Rahmen eines genetischen Tests soll eine weitergehende oder andere Fragestellung geklärt werden als in der Aufklärung ursprünglich thematisiert
Proben oder genetische Daten werden zu Schulungszwecken verwendet (z.B. für Studierendenpraktika oder zu einer Schulung von Labormitarbeitenden, die über die erforderliche Qualitätssicherung hinausgeht)
die Proben und genetischen Daten sollen längerfristig aufbewahrt werden (z.B. für die Klärung von sich allenfalls später ergebenden Fragestellungen)
Für die Verwendung von Proben und genetischen Daten im Rahmen der Forschung zu Krankheiten des Menschen sowie zu Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers sind die Vorgaben des Humanforschungsgesetzes zu berücksichtigen.
Wer darf Gentests zu besonders schützenswerten Eigenschaften veranlassen?
Nur bestimmte Fachpersonen dürfen genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften veranlassen. Sie müssen zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung befugt sein (i.d.R. mit kantonaler Berufsausübungsbewilligung). Dies gilt auch für Fachpersonen mit einem anerkannten ausländischen Abschluss.
Ärztinnen und Ärzte dürfen alle genetischen Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften veranlassen.
Apothekerinnen und Apotheker dürfen alle genetischen Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften veranlassen.
Chiropraktorinnen und Chiropraktoren dürfen Lifestyle-Gentests (siehe weiter oben) veranlassen.
Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberater mit Abschluss einer Fachhochschule dürfen Lifestyle-Gentests (siehe weiter oben) veranlassen.
Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten mit Abschluss einer Fachhochschule dürfen Lifestyle-Gentests (siehe weiter oben) veranlassen.
Osteopathinnen und Osteopathen mit Abschluss einer Fachhochschule dürfen Lifestyle-Gentests (siehe weiter oben) veranlassen.
Psychologinnen und Psychologen dürfen alle genetischen Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften veranlassen.
Drogistinnen und Drogisten mit Abschluss einer höheren Fachschule dürfen alle genetischen Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften veranlassen.
Die veranlassende Gesundheitsfachperson sorgt für die Aufklärung der betroffenen Person. Die Aufklärung findet in einem persönlichen Gespräch statt.
Sie holt den informierten Entscheid der betroffenen Person zur Durchführung des genetischen Tests ein. Sie stellt dadurch deren Selbstbestimmungsrechte sicher.
Sie trägt durch die Entnahme der Probe unter kontrollierten Bedingungen einen wesentlichen Teil zum Schutz vor Missbrauch bei.
Sie sorgt für eine hohe Qualität des genetischen Tests, indem sie die Untersuchung einem entsprechend qualifizierten Laboratorium überträgt.
Sie stellt sicher, dass das Ergebnis nur der betroffenen Person mitgeteilt wird. Zudem beachtet sie deren Recht auf Nichtwissen bzw. das Verbot Überschussinformationen mitzuteilen.
Welche Laboratorien dürfen Gentests zu besonders schützenswerten Eigenschaften durchführen?
«Genetische Tests zu besonders schützenswerten Eigenschaften» dürfen in der Schweiz nur in einem vom BAG bewilligten Laboratorium oder einem entsprechend qualifizierten Labor im Ausland durchgeführt werden (vgl. Durchführung im Ausland, siehe weiter oben).
Eine Liste der vom BAG bewilligten Laboratorien sowie detaillierte Informationen für Laboratorien finden sich unter Zyto- und molekulargenetische Untersuchungen > Nicht-medizinischer Bereich.
Glossar
Eine lebende Person, deren Erbgut untersucht wird und von der entsprechende Proben oder genetische Daten vorliegen.
Informationen über das Erbgut einer Person, die durch eine genetische Untersuchung gewonnen werden.
Untersuchungen der DNA, der RNA oder von Proteinen, um Informationen über das menschliche Erbgut zu erhalten. Dazu gehören sowohl Abklärungen erblicher als auch Abklärungen nicht-erblicher Eigenschaften.
Biologisches Material, das für eine genetische Untersuchung entnommen oder verwendet wurde.
Ein zusätzlich erhaltenes Ergebnis einer genetischen Untersuchung, das für deren ursprünglichen Zweck nicht benötigt wird. Dazu gehören z.B. Zufallsbefunde.
Rechtliche Grundlagen
Die detaillierten rechtlichen Vorgaben zu genetischen Untersuchungen ausserhalb des medizinischen Bereichs finden sich in:
Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen, GUMG: 1., 3., 4. und 8. Kapitel
Verordnung über genetische Untersuchungen beim Menschen, GUMV: 1. und 3. Kapitel
Das Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen regelt die Durchführung genetischer Analysen. Zentrale Aspekte sind der Schutz der Persönlichkeit, das Verhindern von Missbräuchen und die Sicherstellung der Qualität.