Welche ärztlichen Leistungen vergütet die OKP (obligatorische Krankenpflegeversicherung; Grundversicherung)? In welchem Spital können Sie sich behandeln lassen? Was gilt bei einer Schwangerschaft? Welche Tarife und Preise sind behördlich festgelegt?
Leistungen
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung gewährt Leistungen bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft. Diese umfassen unter anderem Untersuchungen und Behandlungen durch Ärzte und Ärztinnen, im Spital sowie Pflegeleistungen und gewisse nicht-ärztliche Leistungen. Bei Unfällen springt die Krankenversicherung allerdings nur dann ein, wenn die versicherte Person über keine andere Versicherungsdeckung verfügt. Weiter übernimmt sie auch Kosten bei bestimmten Massnahmen der medizinischen Prävention. Im Folgenden werden die grundsätzlichen Aspekte der Leistungen erläutert.
Alle Krankenversicherer, die die obligatorische Krankenpflegeversicherung durchführen, müssen den gleichen gesetzlich vorgeschriebenen Leistungsumfang übernehmen und haben die Gleichbehandlung der versicherten Personen zu gewährleisten. Darüber hinaus dürfen die Krankenversicherer keine weitergehenden «freiwilligen» Leistungen vergüten.
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt nach dem Gesetz nur Leistungen, welche wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind. Leistungen, sowohl neue als auch bestehende, welche diese Kriterien möglicherweise nicht erfüllen, werden durch das Health Technology Assessment (HTA) Programm evaluiert.
Führt ein Leistungserbringer (z.B. ein Arzt) Leistungen durch, welche nicht zu den Pflichtleistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gehören, ist er verpflichtet, die Patienten und Patientinnen darauf hinzuweisen.
Weitere praxisbezogene Informationen finden Sie auch im Ratgeber «Sie fragen, wir antworten: Die obligatorische Krankenversicherung kurz erklärt.»
Tarife
Die Leistungserbringer erstellen ihre Rechnungen nach Tarifen und Preisen und werden so für ihre Leistungen entschädigt. Diese werden in Verträgen zwischen Versicherern und Leistungserbringern vereinbart oder in den vom Gesetz bestimmten Fällen von der zuständigen Behörde festgesetzt. Die Tarifverträge bedürfen der Genehmigung durch die jeweils zuständige Behörde. Die Tarife haben dem Gesetz und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit zu entsprechen. Ziel der Tarifgestaltung ist eine qualitativ hochstehende und zweckmässige gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Kosten.
In folgenden Bereichen gelten behördlich festgelegte Tarife, Preise und Höchstvergütungsbeträge:
Liste der in der Rezeptur verwendeten Präparate, Wirk- und Hilfsstoffe mit Tarif (Arzneimittelliste); dieser Tarif umfasst auch die Leistungen des Apothekers oder der Apothekerin;
Bestimmungen über die Leistungspflicht und den Umfang der Vergütung bei Mitteln und Gegenständen (Mittel- und Gegenständeliste), die der Untersuchung oder Behandlung dienen;
Liste der pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel mit Preisen (Spezialitätenliste).
Häufig gestellte Fragen zu Leistungen (FAQ)
Schuldner der Vergütung
Im schweizerischen Krankenversicherungssystem werden die Krankenpflegekosten nach Erbringung der Leistungen vergütet. Kennzeichnend für dieses Prinzip ist das sogenannte Kostenvergütungs- oder Rückerstattungsprinzip. Die Leistungserbringer können für ihre Leistungen auf zwei Arten entschädigt werden:
durch die Versicherten, die dann wiederum die entstandenen Kosten von ihrem jeweiligen Versicherer vergütet erhalten (System des Tiers garant);
durch die Versicherer, wenn diese mit den Leistungserbringern vereinbart haben, dass deren Leistungen direkt entschädigt werden (System des Tiers payant).
Nach Artikel 42 Absatz 1 KVG gilt das System des Tiers garant, sofern Versicherer und Leistungserbringer nichts anderes vereinbart haben. Die Versicherten schulden den Leistungserbringern die Vergütung der Leistung. Die Rechnung des Leistungserbringers geht daher zunächst an die versicherte Person, die sie danach dem Versicherer weiterleitet. Dieser prüft die Rechnung und erstattet der versicherten Person den zu vergütenden Betrag nach Abzug der Kostenbeteiligung.
Ob die Rechnung bereits vor der Rückerstattung des Versicherers beglichen werden muss, ist abhängig von der Zahlungsfrist des Leistungserbringers und der Rückerstattungsfrist des jeweiligen Versicherers. Diese Abrechnungsvariante ist für ambulante Behandlungen vorherrschend. Ein grosser Teil der frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte rechnet im System des Tiers garant ab.
Nach Art. 42 Abs. 2 KVG können Versicherer und Leistungserbringer vereinbaren, dass der Versicherer die Vergütung schuldet (System des Tiers payant). Die Rechnung des Leistungserbringers geht an den Versicherer, der sie ihm vergütet. Danach stellt der Versicherer der versicherten Person deren Kostenbeteiligung in Rechnung. Für stationäre Behandlungen kommt immer das System des Tiers payant zur Anwendung (zweiter Satz von Art. 42 Abs. 2 KVG).
Diese Abrechnungsvariante wird vorwiegend in Spitälern, und zwar auch für ambulante Leistungen, in Pflegeheimen und im Bereich der ambulanten Krankenpflege gewählt. Das System hat sich auch bei der Arzneimittelabgabe in Apotheken etabliert. Im System des Tiers payant erhält die versicherte Person nach Artikel 42 Absatz 3 KVG eine Kopie der Rechnung, die an den Versicherer gegangen ist.
Im Regelfall muss der Leistungserbringer der versicherten Person diese Kopie zukommen lassen, er kann aber mit dem Versicherer auch vereinbaren, dass dieser die Rechnungskopie der versicherten Person zustellt (Art. 59 Abs. 4 der Verordnung über die Krankenversicherung, KVV).
Dieses Vergütungssystem kommt bei der Unfallversicherung zur Anwendung. Die Rechnung des Leistungserbringers geht direkt an den Versicherer. Da es bei der Unfallversicherung keinen Selbstbehalt und keine Franchise gibt, bezahlt der Versicherer den ganzen Betrag direkt an den Leistungserbringer. Wenn im System des Tiers garant der Anspruch auf Rückerstattung gegenüber dem Versicherer durch die versicherte Person (nach Art. 42 Abs. 1 KVG) dem Leistungserbringer abgetreten wird, spricht man auch von Tiers soldant, obwohl es sich nicht um einen eigentlichen Tiers soldant handelt, da Selbstbehalt und Franchise trotzdem von der versicherten Person selbst bezahlt werden müssen.
In der Praxis
Im System des Tiers garant müssen die Leistungen durch die versicherte Person bezahlt werden, die anschliessend von ihrem Versicherer die Rückerstattung verlangt. Kann die versicherte Person die Kosten für die erbrachten Leistungen nicht aufbringen, stehen verschiedene Lösungen bereit. Sie kann beispielsweise ihren Anspruch auf Rückerstattung durch den Versicherer an den Leistungserbringer abtreten («Tiers soldant») oder eine später zu bezahlende Rechnung verlangen (beispielsweise mit einer zusätzlichen Frist von 15 oder 30 Tagen). In diesem zweiten Fall lässt die versicherte Person die Rechnung möglichst rasch dem Versicherer zukommen. Wichtig ist es in diesen Situationen, sich bei seinem Leistungserbringer und/oder seinem Versicherer zu informieren.
Die Gesetzgebung sieht aufgrund der Zeit, die der Versicherer zur Prüfung der Rechnungen und der Wirtschaftlichkeit der Behandlung braucht, keine Frist für die Rückerstattung der Leistungen vor. Die Rückerstattung durch den Versicherer erfolgt in der Regel innert 30 Tagen nach Erhalt der Abrechnung der versicherten Person (Tiers garant) oder der Rechnungen des Leistungserbringers (Tiers payant). Die Versicherer sind verpflichtet zu prüfen, ob die Leistung im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erstattet werden kann. Die Rückerstattungsfrist kann verlängert werden, wenn gewisse Rechnungsbestandteile fehlen und der Versicherer zusätzliche Informationen des Leistungserbringers benötigt. Wenn der Vertrauensarzt des Versicherers beigezogen werden muss, sind die Kontroll- und Rückerstattungsfristen ebenfalls länger.
Bleiben die gegenüber dem Versicherer eingeleiteten Schritte zur Begleichung der Rechnungen in angemessener Frist erfolglos, kann sich die versicherte Person an den Ombudsmann der Krankenversicherung (www.om-kv.ch) wenden.
Arzneimittel
Häufig gestellte Fragen und Antworten zu Arzneimittel finden Sie auf der Seite Arzneimittel.
Behandlungen/Leistungen im Ausland
In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gilt das sogenannte Territorialitätsprinzip, was bedeutet, dass nur die in der Schweiz von zugelassenen Leistungserbringern erbrachten Pflichtleistungen bezahlt werden.
Ausnahmen von diesem Prinzip gelten während vorübergehenden Auslandaufenthalten, wobei nach Ländern unterschieden werden muss:
In EU-/EFTA-Ländern haben Sie mit der europäischen Krankenversicherungskarte, die Sie von Ihrem Krankenversicherer erhalten haben, Anspruch auf alle Sachleistungen, die sich unter Berücksichtigung der Art der Leistungen und der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer als medizinisch notwendig erweisen. Sie haben Anspruch auf Vergütung der gleichen Leistungen wie die in diesem Land versicherten Personen. Nähere Informationen finden Sie auf der Seite Krankenversicherung: Touristen/-innen im Ausland und Weltreisende.
Ausserhalb der EU-/EFTA-Länder übernimmt der Versicherer die Kosten von Behandlungen, die in Notfällen erbracht werden, bei denen also aus medizinischen Gründen eine Rückkehr in die Schweiz nicht möglich ist. Es wird höchstens der doppelte Betrag der Kosten übernommen, die er vergüten würde, wenn die Behandlung in der Schweiz stattgefunden hätte. Im Fall von stationären Behandlungen bedeutet dies, dass er höchstens 90 % der Kosten übernimmt, die diese Hospitalisation in der Schweiz kosten würde (Grund: bei Spitalbehandlungen in der Schweiz übernehmen die Kantone einen Anteil von mindestens 55 % der Kosten, was bei Hospitalisationen im Ausland nicht der Fall ist).
In Fällen, in denen Sie sich für eine medizinische Behandlung ins Ausland begeben müssen, weil die Behandlung in der Schweiz nicht verfügbar ist, muss Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr behandelnder Arzt einen begründeten Antrag an die Vertrauensärztin oder den Vertrauensarzt Ihres Krankenversicherers einreichen. Der Versicherer entscheidet unter Beratung durch seinen vertrauensärztlichen Dienst, ob die Kosten der Behandlung im Ausland übernommen werden können.
Die Kosten werden nur vergütet, wenn Sie während eines vorübergehenden Auslandaufenthaltes Arzneimittel wegen einer Erkrankung benötigen (vgl. Ziffer 1).
Impfungen
Häufig gestellte Fragen und Antworten zu Leistungen bei Imfpungen finden Sie auf der Seite Massnahmen der Prävention.
Ja, diese Versicherung kann noch nötig sein, auch wenn die versicherte Person unter den für die Behandlung ihrer Krankheit geeigneten Spitälern, die auf der Spitalliste ihres Wohnkantons oder jener des Standortkantons aufgeführt sind (Listenspital), frei wählen kann. Der Versicherer und der Wohnkanton übernehmen die Vergütung anteilsmässig, höchstens aber die Kosten, die diese Behandlung verursacht hätte, wenn sie in einem Listenspital des Wohnkantons der versicherten Person durchgeführt worden wäre. Ist der Tarif im behandelnden ausserkantonalen Spital höher als der Tarif in einem Listenspital des Wohnkantons der versicherten Person, geht die Differenz zu Lasten der versicherten Person oder gegebenenfalls von deren Zusatzversicherung.
Eine volle Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung erfolgt in jedem Fall, wenn die ausserkantonale Spitalbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, d.h. in einem Notfall oder wenn die konkrete Behandlung in einem Listenspital des Wohnkantons nicht angeboten wird.
Zahnärztliche Behandlung
Grundsätzlich werden zahnärztliche Behandlungen nicht übernommen. Vergütet werden lediglich zahnärztliche Behandlungen, die durch eine schwere, nicht vermeidbare Erkrankung des Kausystems oder durch eine schwere Allgemeinerkrankung oder ihre Folgen bedingt sind oder zur Behandlung einer schweren Allgemeinerkrankung oder ihrer Folgen notwendig sind. Gemäss ständiger Rechtsprechung ist die Liste der Erkrankungen, die eine zahnärztliche Behandlung erfordern, die zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung geht, abschliessend (BGE 129 V 80).