Wer entscheidet für mich bei Gesundheitsfragen, wenn ich nach einem Unfall nicht ansprechbar bin? Welche Behandlung wünsche ich, falls ich pflegebedürftig bin und welche nicht? Auf dieser Seite finden Sie Infos, um mit Familie, Freunden oder Fachleuten über Ihre Wünsche zu sprechen und diese festzuhalten.
Vertretungsberechtigte Person bestimmen
Überlegen Sie, wer für Sie entscheiden soll, wenn Sie wegen Krankheit oder Unfall nicht mehr selbst entscheiden können. Wählen Sie eine Person, der Sie vertrauen und der Sie zutrauen, Ihren Willen zu vertreten, wenn Sie urteilsunfähig sind.
Diese Person wird als vertretungsberechtigte Person bzw. Vertretungsperson bei medizinischen Massnahmen oder als therapeutische Vertretung bezeichnet.
Fragen Sie diese Person, ob sie diese Aufgabe übernehmen möchte. Dokumentieren Sie den Namen und die Kontaktdaten der Person in einer Patientenverfügung. Weiter unten auf dieser Webseite lesen Sie mehr zur Patientenverfügung (unter «Willen dokumentieren»).
Falls Sie einmal nicht mehr selbst entscheiden können, ist diese Person die wichtigste Ansprechperson für das medizinische Behandlungsteam. Sie entscheidet gemeinsam mit den Gesundheitsfachpersonen, welche Behandlungen gemacht werden. Sprechen Sie deshalb offen mit der Person über Ihre Einstellungen zum Leben, Ihre Behandlungswünsche und Sorgen.
Wenn Sie keine solche Person bestimmen, legt das Gesetz in Art. 378 Abs. 1 ZGB fest, wer dazu berechtigt ist, Sie in medizinischen Angelegenheiten zu vertreten (mehr dazu lesen Sie weiter unten).
Urteilsfähigkeit meint die Fähigkeit, in einer bestimmten Situation vernunftgemäss zu handeln. Urteilsfähig ist demnach, wer eine Situation richtig einschätzen, die Tragweite einer eigenen Entscheidung verstehen und sich entsprechend dieser Einsicht verhalten kann. Jede Person gilt als urteilsfähig, mit Ausnahme von Säuglingen, kleinen Kindern und Personen, die ihre Urteilsfähigkeit infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder aus ähnlichen Gründen eingebüsst haben (vgl. Art. 16 ZGB).
Allerdings bedeuten psychische Störungen (z.B. psychotische Störungen, Demenz), Beistandschaft oder Minderjährigkeit nicht automatisch, dass jemand generell urteilsunfähig ist. Die Urteilsfähigkeit bezieht sich immer auf eine bestimmte Situation. Eine Person kann zum Beispiel urteilsfähig sein betreffend dem Entscheid, ob Sie ein künstliches Hüftgelenk möchte oder nicht. Möglicherweise fehlt ihr aber die Urteilsfähigkeit bezüglich eines komplizierten Hausverkaufs. Die Urteilsunfähigkeit kann vorübergehend (z.B. aufgrund eines Unfalls mit Bewusstlosigkeit) oder dauerhaft sein (z.B. fortgeschrittene Demenz).
Die Urteilsfähigkeit ist jedes Mal neu zu beurteilen, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss. Trotz Urteilsunfähigkeit ist die Person soweit möglich in die Entscheidfindung miteinzubeziehen.
Die folgenden (natürlichen) Personen sind der Reihe nach berechtigt, Sie bei Urteilsunfähigkeit zu vertreten und einer möglichen medizinischen Massnahme zuzustimmen oder diese zu verweigern (vgl. Art. 378 Abs. 1 ZGB):
Person, die Sie als vertretungsberechtigte Person für medizinische Massnahmen in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag bezeichnet haben;
Sofern Sie eine Beiständin oder einen Beistand haben: Der Beistand oder die Beiständin mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen;
Ihr Ehepartner oder ihre Ehepartnerin oder der eingetragene Partner oder die eingetragene Partnerin (sofern diese mit Ihnen in gemeinsamem Haushalt leben oder Ihnen persönlich Hilfe leisten);
Personen, die mit Ihnen in gemeinsamem Haushalt leben und Ihnen regelmässig und persönlich Beistand leisten;
Ihre Nachkommen, wenn diese Ihnen regelmässig und persönlich Beistand leisten;
Ihre Eltern, wenn diese Ihnen regelmässig und persönlich Beistand leisten;
Ihre Geschwister, wenn diese Ihnen regelmässig und persönlich Beistand leisten:
Wichtig: Wenn Sie also eine Person ausserhalb Ihrer Familie als vertretungsberechtigte Person bei medizinischen Massnahmen bestimmen oder von der gesetzlich vorgegebenen Reihenfolge abweichen möchten, müssen Sie das in einer Patientenverfügung (oder einem Vorsorgeauftrag) festhalten. Am besten informieren Sie auch Ihre nächsten Angehörigen darüber, welche Person Sie bestimmt haben. Weiter unten auf dieser Webseite lesen Sie mehr zur Patientenverfügung (unter «Willen dokumentieren»).
Die vertretungsberechtigte Person bei medizinischen Massnahmen sollte jemand sein, der Ihnen nahesteht und Ihre Wünsche und Einstellungen zum Leben gut kennt – zum Beispiel ein Familienmitglied, eine gute Freundin oder ein Nachbar. Überlegen Sie auch, ob diese Person im Notfall erreichbar ist.
Ja, Sie können auch mehrere Personen als vertretungsberechtigt bestimmen, zum Beispiel Ihre Kinder. Das Gesetz sieht für den Fall, dass mehrere Personen vertretungsberechtigt sind vor, dass die Gesundheitsfachpersonen annehmen dürfen, dass eine vertretungsberechtigte Person im Einverständnis mit der anderen handelt. Damit klar ist, wer im Ernstfall zuerst kontaktiert werden soll, empfehlen wir, diese Person entsprechend zu kennzeichnen. Wenn sich die vertretungsberechtigten Personen nicht einig sind, entscheidet die zuerst genannte Person. Bitte informieren Sie Ihre Familie entsprechend.
Vor der Behandlung muss die Gesundheitsfachperson versuchen, Ihren mutmasslichen Willen herauszufinden. Sie wird sich darüber informieren, ob Sie eine Patientenverfügung verfasst haben. Zusätzlich klärt sie ab, ob Sie – oder allenfalls die zuständige Behörde – eine Vertreterin oder einen Vertreter bestimmt haben.
Ist dies nicht der Fall, sind Ihre Angehörigen befugt, unter Berücksichtigung Ihres mutmasslichen Willens und Ihrer Interessen für Sie zu entscheiden. Die Angehörigen sind Ihre Ehegattin bzw. Ihr Ehegatte oder Ihre eingetragene Lebenspartnerin bzw. Ihr eingetragener Lebenspartner (sofern diese mit Ihnen in gemeinsamem Haushalt leben oder Ihnen persönlich Hilfe leisten); sodann Personen, die mit Ihnen in gemeinsamem Haushalt leben, ferner Ihre Nachkommen, Ihr Vater, Ihre Mutter und schliesslich Ihre Geschwister (sofern diese Ihnen persönlich Hilfe leisten). Den vertretungsberechtigten Personen gegenüber sind die Gesundheitsfachpersonen soweit nötig vom Berufsgeheimnis entbunden.
Angehörige sind befugt, medizinischen Massnahmen zuzustimmen oder sie abzulehnen, wenn Sie nicht selbst in einer Patientenverfügung oder einem Vorsorgeauftrag eine Vertreterin bzw. einen Vertreter bezeichnet haben, oder wenn Sie nicht durch einen von der zuständigen Behörde bezeichneten Beistand vertreten werden.
Sie selbst werden soweit wie möglich einbezogen, wenn die Ärztin oder der Arzt den Behandlungsplan erstellt. Dies passiert in Absprache mit Ihrer vertretungsberechtigten Person. Ist in einem dringenden Fall keine der vertretungsberechtigten Personen erreichbar und liegt keine Patientenverfügung vor, so wird die Gesundheitsfachperson nach bestem Wissen und Gewissen entsprechend Ihren Interessen handeln und dabei Ihren mutmasslichen Willen beachten. Dasselbe gilt, wenn Sie keine Vertretungsperson bestimmt haben. Bei fürsorgerischer Unterbringung wegen psychischer Störungen gelten besondere Regeln.
Sie sind nicht verpflichtet, eine vertretungsberechtigte Person zu bestimmen. In dringenden Fällen – etwa wenn es in einem medizinischen Notfall um Leben und Tod geht und Ihr Wille nicht bekannt ist – führen die Ärztinnen und Ärzte zunächst alle notwendigen Massnahmen durch, um Ihr Leben zu retten.
Sobald mehr Zeit ist, versucht das Behandlungsteam herauszufinden, was Ihr Wille ist. Dafür versucht es beispielsweise in Erfahrung zu bringen, ob eine Patientenverfügung existiert oder es befragt Familienmitglieder. Es ist für das Team hilfreich, wenn es mit einer Person sprechen kann, die Ihre Wünsche kennt. Haben Sie keine Vertretungsperson benannt, werden bestimmte Personen in einer festgelegten Reihenfolge berücksichtigt.
Wenn Sie klare Vorstellungen zur Behandlung haben, empfehlen wir, diese in einer Patientenverfügung festzuhalten. Besprechen Sie Ihre Wünsche bezüglich Behandlung und Therapie am besten mit einer medizinischen Fachperson. Bewahren Sie die Patientenverfügung an einem Ort auf, der gut zugänglich ist. Vermerken Sie den Aufbewahrungsort z.B. auf einer Hinweiskarte, die Sie im Portemonnaie tragen. Die Patientenverfügung können Sie auch im elektronischen Patientendossier hinterlegen. Weiter unten auf dieser Webseite lesen Sie mehr zur Patientenverfügung (unter «Willen dokumentieren»).
Eine vertretungsberechtigte Person entscheidet für jemanden, der nicht mehr urteilsfähig ist. Die vertretungsberechtigte Person vertritt den mutmasslichen Willen und die Interessen der urteilsunfähigen Person. Die vertretungsberechtigte Person kann im Namen der betroffenen Person medizinischen Massnahmen zustimmen oder sie ablehnen. Dafür erhält sie vom Behandlungsteam die nötigen Auskünfte über die Behandlungsmöglichkeiten.
Damit eine Entscheidung möglich ist, muss die vertretungsberechtigte Person die Wünsche und Einstellungen der urteilsunfähigen Person gut kennen. Unter «Gedanken teilen» weiter unten auf dieser Webseite finden Sie eine Hilfestellung, wie Sie ein entsprechendes Gespräch mit der vertretungsberechtigten Person führen können.
Wenn jemand urteilsunfähig ist, zum Beispiel bei Bewusstlosigkeit, fortgeschrittener Demenz oder schwerer psychischer Erkrankung, kommt die vertretungsberechtigte Person ins Spiel. Ist jemand nicht mehr urteilsfähig, müssen die Gesundheitsfachpersonen zunächst abklären, ob eine Patientenverfügung vorliegt oder eine vertretungsberechtigte Person resp. therapeutische Vertretung bestimmt wurde. Gesundheitsfachperson versuchen, den mutmasslichen Willen der urteilsunfähigen Person mithilfe der vertretungsberechtigten Person herauszufinden. Die vertretungsberechtigte Person erhält von der Gesundheitsfachperson alle Informationen, die es braucht, um Entscheide über Behandlungen zu treffen. Gesundheitsfachpersonen sind ihr gegenüber vom Berufsgeheimnis entbunden.
Gedanken machen: Was möchte ich?
Überlegen Sie, was Ihnen im Leben und im Alltag wichtig ist und welche Wünsche Sie für Ihre Gesundheit und Behandlung haben.
Auch bei guter Gesundheit ist es sinnvoll, sich diese Fragen zu stellen:
Was macht mein Leben heute lebenswert?
Was belastet mich aktuell in meinem Leben?
Wann wäre mein Leben für mich nicht mehr lebenswert?
Was wäre, wenn es mir plötzlich sehr schlecht gehen würde?
Vertiefte Fragen für die Auseinandersetzung mit Ihrem Leben und Ihren Wünschen:
Ist es mir wichtig, lange zu leben? Warum?
Was möchte ich in meinem Leben unbedingt noch erleben?
Welche Aktivitäten sind für mich so wichtig, dass ich nie auf sie verzichten könnte? Könnte ich vielleicht andere Interessen finden?
Was müssten andere unbedingt über mich wissen, wenn ich nicht mehr selbst für mich sprechen und entscheiden kann?
Wenn Sie gesundheitliche Probleme haben, vielleicht mit einer chronischen Krankheit oder sogar einer lebensbedrohlichen Erkrankung leben, dann wird die Planung konkret. Der Verlauf der Erkrankung, die Prognose und die Behandlungsmöglichkeiten stehen im Vordergrund. Wir empfehlen Ihnen, Behandlungswünsche und Therapieziele immer mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt zu besprechen. Eine gute Einstiegsfrage ist: «Was kommt auf mich zu?». Konkrete Hilfestellungen für ein Gesprächseinstieg finden Sie weiter unten auf dieser Webseite unter «Gedanken teilen».
Vertiefte Fragen bei bestehenden gesundheitlichen Problemen:
Was belastet mich? Wovor habe ich Angst?
Was oder wer hilft mir im Moment, oder wenn es mir schlechter geht?
Kann ich akzeptieren, dass ich von meinem Partner, meiner Partnerin oder von einer fremden Person gepflegt werde? Wie viel Pflege kann ich zulassen, und wie viel Abhängigkeit?
Was belastet mich und muss unbedingt geregelt werden, was kann noch warten?
Wer oder was braucht es, damit es geregelt werden kann?
Was kann ich planen, was nicht?
Wer muss informiert werden?
Gedanken teilen
Über Ihre Wünsche und Sorgen zu sprechen, ist manchmal nicht einfach. Meistens ist es aber für Sie und andere hilfreich und erleichternd, wenn Sie den ersten Schritt zum Gespräch machen.
Oft fällt eine grosse Last von den Schultern, wenn Sie über Ihre Gedanken, Sorgen und Wünsche im Hinblick auf Ihre Gesundheit sprechen konnten.
Sprechen Sie zuerst mit Ihrer vertretungsberechtigten Person und danach allenfalls mit anderen Personen, die Ihnen wichtig sind. Gesundheitliche Probleme und medizinische Entscheide sollten Sie grundsätzlich immer mit medizinischen Fachpersonen besprechen.
Sie entscheiden selbst, wann Sie über Ihre Wünsche zur Behandlung sprechen möchten. Es ist nie zu früh dafür, und es gibt keinen falschen Zeitpunkt. Manchmal passieren im Leben Dinge, die Raum geben für Gespräche über Wünsche, Ängste, Vorstellungen und medizinische Massnahmen. Zum Beispiel, wenn einem Familienmitglied eine schwere Diagnose gestellt wird, oder wenn Ihre Eltern älter werden und zunehmend von Beschwerden berichten. Auch besondere Anlässe, wie beispielsweise der 50. Geburtstag, die erfolgreiche Autoprüfung oder die Pensionierung können Türöffner sein, um sich Gedanken über die Zukunft zu machen und darüber zu sprechen.
Filme oder Bücher zu existenziellen Themen können das Eis für ein Gespräch brechen. Manchmal zeigt eine Person durch eine bestimmte Bemerkung, dass sie über Krankheit, Alter und das Lebensende nachdenkt – dann können Sie vorsichtig das Gespräch beginnen.
Schaffen Sie eine angenehme Situation für das Gespräch, zum Beispiel bei einer Wanderung, beim Kaffee oder auf einer Autofahrt. Sagen Sie der anderen Person, dass Sie das Thema beschäftigt und es Ihnen wichtig ist, darüber zu sprechen.
Beispiele für den Gesprächseinstieg mit der vertretungsberechtigten Person, mit Familie und Freunden und Freundinnen:
Ich habe noch einige Träume, die ich verwirklichen möchte. Ich würde gerne mit dir darüber reden.
Mein Arzt hat mir geraten, über meine Behandlungswünsche nachzudenken und eventuell eine Patientenverfügung zu verfassen. Kannst du mir dabei helfen?
Ich war in letzter Zeit sehr krank und mache mir Sorgen um die Zukunft. Können wir darüber reden?
Erinnerst du dich an meine Nachbarin, die einen Autounfall hatte? Ich frage mich, wie ihre Angehörigen mit dieser Situation umgegangen sind und ob sie darüber gesprochen hatten. Was wäre, wenn mir das passieren würde?
Hast du diese Geschichte von diesem Sportler auch gehört, der seit Jahren im Koma liegt? Ich möchte nicht, dass mir so etwas passiert...
Herr X ist gerade gestorben. Sein Tod hat mich sehr berührt und viele Fragen aufgeworfen. Hättest du Zeit, darüber zu reden?
Hast du die Geschichte über die Familie gelesen, die Streit hatte bezüglich der Behandlung ihrer Mutter? Das hat mir klar gemacht, dass wir über diese Fragen reden sollten. Ich möchte nicht, dass du dich mit deinen Geschwistern über meine Pflege streitest.
Beispiele für den Gesprächseinstieg mit der Hausärztin, beim Hausarzt oder mit dem Behandlungsteam:
Ich mache mir Sorgen, dass sich mein Gesundheitszustand verschlechtert. Können wir darüber sprechen?
Ich habe keine Patientenverfügung. Kann ich Ihnen meine Wünsche bezüglich medizinischer Behandlungen mitteilen?
Ich habe gerade die Fragen in dieser App beantwortet. Können wir sie gemeinsam durchgehen? Ich möchte auch einige Punkte klären.
Wenn sich mein Gesundheitszustand verschlechtert, frage ich mich, wie meine Familie und meine Freunde mit der Situation umgehen werden. Können wir darüber sprechen?
Das Kartenspiel «Anticip'action» kann hilfreich sein, um spielerisch ins Gespräch zu kommen. Das Spiel ist in drei Landessprachen und auf Englisch verfügbar: Anticip'action. Das Spiel gibt es auch in einer digitalen Version:
Sie können sich bei dem Gespräch auch an den Fragen aus der Vorlage einer Patientenverfügung orientieren. Medizinische Entscheide sollten Sie immer mit einer Fachperson besprechen.
Sprechen Sie in der Ich-Form.
Seien Sie im Gespräch ehrlich mit sich selbst und Ihrem Gegenüber.
Bewerten Sie keine Meinung von anderen: Akzeptieren sie die Reaktion des Gegenübers. Akzeptieren Sie auch Meinungen, die Sie nicht teilen.
Geben Sie sich Zeit, Gefühle einzuordnen und Antwort zu geben. Tun Sie dasselbe für Ihr Gegenüber.
Lassen Sie sich Zeit und führen Sie mehrere Gespräche: Sie müssen nicht alle Fragen in einem Gespräch klären.
Wie das Gespräch verläuft, hängt davon ab, ob beide bereit sind. Akzeptieren Sie, wenn die andere Person nicht sprechen möchte. Versuchen Sie es später noch einmal.
Wenn Sie eine bestimmte Krankheit haben, können Sie Fragen stellen, die für Ihre Situation wichtig sind und die für eine realistische Behandlungsplanung helfen. Fachpersonen können nicht alle Fragen beantworten. Aber sie können Ihnen helfen, mit einer belastenden Situation umzugehen. Sprechen Sie auch über Ihre Ängste und Befürchtungen. Beziehen Sie nahestehende Personen mit ein.
Mit der Frage «Was machen wir, wenn…?» können Sie gemeinsam mit Fachpersonen und Ihren nahestehenden Personen besprechen, was in bestimmten Situationen getan werden soll. Weitere mögliche Fragen sind:
Wie könnten sich meine Lebenssituation und meine Krankheit entwickeln?
Welche Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten gibt es? Was bringen mir diese Behandlungen?
Wie ist der Verlauf ohne Behandlung oder ohne diese Therapie?
Gibt es Alternativen?
Welche Auswirkungen haben die Behandlungen auf meine Gesundheit, auf meinen Alltag und auf meine Angehörigen?
Verschiedene Institutionen stellen Gesprächsgrundlagen zur Verfügung, mit denen ausgebildete Fachpersonen im Rahmen der gesundheitlichen Vorausplanung arbeiten (z.B. in der Region Bern: iplan – Gemeinsam vorausplanen. Selbstbestimmung ermöglichen.)
Dokumentieren Sie Ihren Willen in einer Patientenverfügung. Sie ist ein wichtiges Mittel, um festzuhalten, welche medizinische Behandlungen Sie wollen oder ablehnen, wenn Sie nicht mehr selbst entscheiden können.
Es hilft Fachpersonen, vertretungsberechtigten Personen, Familie und Freunden, wenn Sie Ihre Wünsche nicht nur mitteilen, sondern diese auch in einer Patientenverfügung aufschreiben.
Im Unterschied zum sogenannten Vorsorgeauftrag gilt die Patientenverfügung nur für den medizinischen Bereich. In jedem Lebensabschnitt kann es sinnvoll sein, eine Patientenverfügung zu erstellen. Denn niemand kann vorhersehen, wann eine medizinische Notfallsituation eintritt. Wenn Sie urteilsunfähig sind, muss das Behandlungsteam prüfen, ob eine Patientenverfügung vorhanden ist.
In der Patientenverfügung legen Sie fest, welche medizinischen Massnahmen Sie bei Urteilsunfähigkeit wollen oder ablehnen. Darin kann eine Person festgelegt werden, die über die Art der Behandlung oder Pflege mitentscheiden soll, wenn Sie nicht mehr urteilsfähig sind. Diese Person ist die sogenannte vertretungsberechtigte Person oder die therapeutische Vertretung.
Die Patientenverfügung wird nur dann angewendet, wenn Sie urteilsunfähig sind.
Die Erstellung einer Patientenverfügung ist freiwillig und nur möglich, wenn Sie urteilsfähig sind. Zeugen sind nicht erforderlich. Sie können Ihre Patientenverfügung jederzeit ändern oder widerrufen, solange Sie urteilsfähig sind.
Sie können die Patientenverfügung von Hand oder mit dem Computer schreiben. Sie können aber auch ein vorgegebenes Formular bzw. eine Vorlage ausfüllen.
Die Patientenverfügung muss datiert und handschriftlich unterschrieben sein.
Sind Sie nicht mehr urteilsfähig, müssen Gesundheitsfachpersonen zunächst abklären, ob Sie eine Patientenverfügung haben oder ob Sie eine vertretungsberechtigte Person bestimmt haben.
Geben Sie Kopien an Ihre vertretungsberechtigte Person und Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt oder bei einer Pflegeeinrichtung ab.
Legen Sie eine Hinweiskarte in Ihr Portemonnaie, um auf den Aufbewahrungsort Ihrer Patientenverfügung aufmerksam zu machen.
Überprüfen Sie in regelmässigen Abständen, z.B. alle zwei Jahre, ob Ihre Patientenverfügung nach wie vor Ihrem Willen entspricht. Ändern Sie die Inhalte gegebenenfalls. Sinnvoll ist das vor allem, wenn sich Ihre gesundheitliche Situation verändert hat oder ein medizinischer Eingriff ansteht. Vergessen Sie nicht, die Patientenverfügung neu zu datieren und zu unterschreiben.
Teilen Sie Änderungen den Schlüsselpersonen mit und übergeben Sie ihnen die aktualisierten Kopien der Patientenverfügung.
Orientieren Sie sich beim Verfassen der Patientenverfügung an den Gedanken, die Sie sich gemacht und an die Gespräche, die Sie geführt haben. Sie können sich auch an einer Vorlage für eine Patientenverfügung orientieren. Sie können bei vielen Organisationen Musterformulare beziehen, die Sie als Vorlage für Ihre Patientenverfügung verwenden können (FMH, SRK, Pro Senectute usw.). Es gibt auch Apps zur Erstellung von Patientenverfügungen, z.B. die App idecide.
Wenn Sie keine Vorlage verwenden, ist es wichtig, dass Sie das Dokument als Patientenverfügung bezeichnen, es datieren und handschriftlich unterzeichnen. Abhängig von Ihrer Lebenssituation und Ihrem Gesundheitszustand, können Sie mehr oder weniger in einer Patientenverfügung festlegen.
Im Minimum empfehlen wir Ihnen in der Patientenverfügung aufzuschreiben, wer Ihre vertretungsberechtigte Person ist. Sprechen Sie mit ihr über Ihre Wünsche und Einstellungen. Weiter oben auf dieser Webseite finden Sie unter «Gedanken teilen» hilfreiche Informationen, wie Sie ins Gespräch kommen können. Alles Wissenswerte zur Vertretungsperson finden Sie unter «Vertretungsperson bestimmen».
Für den Ernstfall sollten Sie Ihre Gedanken und Wünsche, sowie Ihre Einstellungen zum Leben aufschreiben. Sie finden weiter oben unter «Gedanken machen» hilfreiche Fragen, zu denen Sie Ihre Antworten aufschreiben können. Häufig wird dieser Teil in der Patientenverfügung als Werteerklärung bezeichnet.
Zusätzlich können Sie Ihre Einstellungen zu medizinischen Interventionen (z. B. Reanimation, künstliche Beatmung) und Behandlungen (z.B. Antibiotikatherapie, künstliche Ernährung) sowie Ihre Haltung zu einer allfälligen Organspende in der Patientenverfügung dokumentieren.
Tragen Sie eine Hinweiskarte mit den Angaben zur vertretungsberechtigten Person, zum Aufbewahrungsort der Patientenverfügung, z.B. in Ihrem Portemonnaie oder am Kühlschrank. Die wichtigsten Fachbegriffe, die in Vorlagen von Patientenverfügungen vorkommen, hat das Schweizerische Rote Kreuz für Sie erklärt.
Der Vorsorgeauftrag deckt mehr Bereiche ab als die Patientenverfügung, zum Beispiel die Stellvertretung in finanziellen Fragen. Die Patientenverfügung gilt im Gegensatz zum Vorsorgeauftrag nur für den medizinischen Bereich. Es ist aber durchaus möglich, dass Sie im Vorsorgeauftrag eine Person angeben, die Sie bei medizinischen Massnahmen vertritt. In diesem Fall muss das eine natürliche Person sein, also z.B. kein Notariatsbüro (wegen des ausgesprochen persönlichen Charakters dieser Aufgabe). Der Vorsorgeauftrag muss von A bis Z handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet werden. Details zum Vorsorgeauftrag sind in Art. 360 ff. ZGB geregelt. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite Erwachsenenschutz | Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung & mehr. Wenn Sie eine vertretungsberechtigte Person in der Patientenverfügung und im Vorsorgeauftrag festhalten, sollten Sie darauf achten, dass der Name übereinstimmt.
Im Bereich der gesundheitlichen Vorausplanung gibt es weitere Dokumente, die dazu beitragen, Ihren Patientenwillen zu dokumentieren. Verbreitet sind Behandlungspläne, Notfallpläne oder medizinische Notfallanordnungen. Fachpersonen verwenden diese Dokumente, um die Behandlung gemeinsam zu planen und zu koordinieren. Anders als bei der Patientenverfügung können Sie als Patientin oder Patient diese Dokumente nicht selbst erstellen bzw. ausfüllen. Sie werden von Fachpersonen erstellt und gemeinsam mit den Betroffenen besprochen, angepasst und ausgefüllt. Die drei wichtigsten Dokumente sind:
Medizinische Notfallanordnung: Die medizinische Notfallanordnung wird von einer Ärztin oder einem Arzt gemeinsam mit Ihnen erstellt. Sie hält fest, welche Interventionen (z.B. Reanimation in einer akuten Notfallsituation, künstliche Beatmung) und Behandlungen (z.B. Antibiotikatherapie, künstliche Ernährung) gewünscht sind. Sie ist in einigen Spitälern und Regionen in der Schweiz verbreitet. Es gibt in der Schweiz kein einheitliches Formular. Weitere Informationen: Gesundheitliche Vorausplanung für Notfallsituationen.
Betreuungs- und Behandlungsplan: Betreuungs- und Behandlungspläne kommen bei chronischen Erkrankungen und bei fortgeschrittener Erkrankung zum Einsatz. Das Dokument wird vom Behandlungsteam ausgefüllt. Es ist ein Arbeitsinstrument für Fachpersonen. Grundlage bilden die Therapieziele, die gemeinsam mit Ihnen festgelegt werden – auch mit Ihren Angehörigen, wenn es Sinn macht und Sie das wünschen. Bekannt sind Betreuungs- und Behandlungspläne im Pflegeheim oder im Bereich der spezialisierten Palliative Care.
Notfallplan: Ein Notfallplan wird von einer leitenden Fachperson mit spezifischen medizinischen Kompetenzen erstellt (z.B. Hausärztin oder Hausarzt, Heimarzt oder -ärztin, spezialisierte Palliative-Care-Teams). Er kommt in komplexen Krankheitssituationen zum Einsatz, wenn in einer Akutsituation keine oder nur noch sehr begrenzte lebensverlängernde Massnahmen ergriffen werden. Auf der Grundlage des Betreuungs- und Behandlungsplans legt der Notfallplan Schritt für Schritt fest, wie bei einer akuten Situation vorgegangen wird, z. B. bei Atemnot. Das Vorgehen wird mit allen Beteiligten besprochen, häufig auch mit den Angehörigen, wenn dies von der betroffenen Person gewünscht ist.
Halten Sie schriftlich fest, ob Sie nach dem Tod Organe, Gewebe oder Zellen spenden wollen oder nicht. Denn ist Ihr Wille nicht bekannt, können Ihre Angehörigen mit dieser Frage konfrontiert werden. Ihren Willen bezüglich Organspende können Sie in einem Organspendeausweis oder auch in Ihrer Patientenverfügung festhalten. Auf der Webseite «Organspende nach dem Tod: Halten Sie Ihren Entscheid schriftlich fest» finden Sie alle wichtigen Informationen zum Organspendeausweis.
Beratungsangebote für die Erstellung der Patientenverfügung
Verschiedene etablierte Organisationen bieten für die Erstellung der Patientenverfügung eine Beratung an. Es gibt auch regional verankerte Organisationen, die Sie beraten. Informieren Sie sich bei Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin oder beispielweise bei einer lokalen oder regionalen Fachstelle für die Bevölkerung (z.B. Fachstelle für das Alter) über die Beratungsmöglichkeiten in Ihrer Region.
Die Webpage «Patientenwillen stärken: Wie gehe ich vor?» ist im Rahmen des nationalen Projekts «Gesundheitliche Vorausplanung» entstanden. Mehr zum Projekt und zur Roadmap lesen Sie auf der Webseite «Gesundheitliche Vorausplanung (GVP)».