Zweiter Monitoringbericht zur Neuregelung der psychologischen Psychotherapie
Bern, 19.08.2025 — 2021 verabschiedete der Bundesrat den Wechsel vom Delegations- zum Anordnungsmodell für die psychologische Psychotherapie, um den Zugang zu psychotherapeutischen Leistungen zu verbessern und eine angemessene Versorgung sicherzustellen. 2022 trat die Änderung in Kraft. Bei diesem Wechsel kam es zu jährlichen Mehrkosten von durchschnittlich 131 Millionen Franken in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Dies zeigt der zweite Monitoringbericht zur Neuregelung der psychologischen Psychotherapie. Die Ursachen für die Kostenzunahme sind vielfältig. Ein Drittel davon sind Tarifeffekte.
Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können seit dem 1. Juli 2022 zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) auf ärztliche Anordnung hin selbständig und auf eigene Rechnung tätig sein. Zuvor wurden ihre Leistungen nur unter ärztlicher Aufsicht im sogenannten Delegationsmodell vergütet oder die psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten arbeiteten selbstständig im Zusatzversicherungsbereich und für Selbstzahlende. Dieser Systemwechsel wurde beschlossen, um den Zugang der psychotherapeutischen Leistungen zu verbessern und eine angemessene Versorgung sicherzustellen.
Der im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) vom schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) erstellte zweite Monitoring-Bericht ist nun erschienen. Das Monitoring beruht auf Abrechnungsdaten von 2014 bis 2024, wobei die Jahre 2021 bis 2024 mit Fokus auf den Systemwechsel besonders genau betrachtet wurden.
Kostenentwicklung
Das Monitoring zeigt, dass die OKP-Kosten für die psychologische Psychotherapie kontinuierlich steigen. Insgesamt nahmen die Kosten von 2021 bis 2024 um 394 Millionen Franken zu, von 528 Millionen Franken im letzten Jahr des Delegationsmodells auf 922 Millionen Franken. Dies entspricht durchschnittlichen jährlichen Mehrkosten von 131 Millionen Franken oder einem Plus von durchschnittlich 20,4 Prozent pro Jahr. Besonders stark war der Anstieg zwischen 2022 und 2023 – dem Jahr, in dem das Anordnungs- das Delegationsmodell vollständig ablöste. In diesem Jahr stiegen die Kosten um 217 Millionen Franken.
Der Kostenanstieg hat mehrere Ursachen. Die selbstständigen Tarife der angeordneten psychologischen Psychotherapie sind rund 16 Prozent höher im Vergleich zu den früheren Tarifen im Delegationsmodell. Weiterhin fehlt ein von den Tarifpartnern gemeinsam vereinbarter gesamtschweizerischer Tarifvertrag, weshalb die kantonal provisorisch festgelegten Tarife immer noch in Anwendung sind. Die Analysen zeigen nun, dass rund ein Drittel des Kostenanstiegs auf diesen Tarifunterschied zurückzuführen ist. Dieser Anteil liegt tiefer als im ersten Monitoring-Bericht von 2024 geschätzt.
Weitere Gründe für die Kostenzunahme sind eine langfristig zunehmende Inanspruchnahme psychotherapeutischer Leistungen sowie das Bevölkerungswachstum. 44 Prozent des Anstiegs entfallen auf andere, nicht direkt beobachtete Faktoren. Dazu zählen die direkten Auswirkungen des Modellwechsels wie mögliche Verlagerungen aus dem Selbstzahler- und Zusatzversicherungsbereich sowie eine mögliche Reduktion der Unterversorgung.
Weitere Analysen
Im ersten Monitoring-Bericht 2024 wurden für den Zeitraum zwischen 2022 und 2023 Mehrkosten im Bereich von 175 bis 200 Millionen Franken prognostiziert. Der ehemalige Krankenkassenverband santésuisse schätzte Mehrkosten von über 300 Millionen Franken. Der aktuelle Monitoring-Bericht geht unter anderem auch den Hintergründen dieser Abweichungen nach. Er kommt zum Schluss, dass die Differenzen aus einer Kombination verschiedener Faktoren resultieren, darunter die zugrunde liegenden Daten, der betrachtete Zeitraum und die Berechnungsmethode.
Neben den Kosten wurden auch Kennzahlen der Versorgung analysiert. Zum Beispiel enthält der Bericht Analysen zu den anordnenden Ärztegruppen sowie zur Anzahl und zur unterschiedlichen regionalen Verteilung der zugelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und ihrer Leistungen.
Vertiefte Evaluation geplant
Mit dem für Frühling 2026 erwarteten Evaluationsbericht werden zusätzlich zentrale Fragen zum Einfluss des Systemwechsels auf die Versorgungssituation sowie zu allfälligen Problemen in der Umsetzung, Handlungsbedarf und möglichen Anpassungsmassnahmen adressiert.