Fallbeispiel: Ein neues Herz
Wie läuft die Transplantation eines Organs aus Sicht der empfangenden Person ab? Der typische Ablauf einer Organtransplantation wird am folgenden fiktiven Beispiel einer Herztransplantation erläutert.
Die schwere Herzkrankheit
Der 55jährige Herr A. hatte vor vier Jahren einen Herzinfarkt. Sein Gesundheitszustand hat sich in den letzten zwei Jahren massiv verschlechtert. Heute leidet er an einer sehr schweren Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz). Die kleinste Anstrengung macht Herrn A. grosse Mühe Seine Frau kümmert sich, so gut sie kann, um ihren oft schlechtgelaunten Mann. Sie macht sich grosse Sorgen um seine Gesundheit. Auch ihre Beziehung hat sich stark verändert, denn alle Lebensgewohnheiten und sozialen Kontakte mussten der Krankheit ihres Mannes angepasst werden. Den Takt geben die medizinischen Untersuchungen und die medikamentöse Therapie an, die doch keine Besserung gebracht hat. Der Facharzt sieht für Herrn A. die Möglichkeit einer Herztransplantation und hat ihn für entsprechende Abklärungen an ein Transplantationszentrum überwiesen.
Abklärungen im Transplantationszentrum
Herr A. steht einer Organtransplantation sehr skeptisch gegenüber. Er hat Angst vor einem solchen Schritt und will nicht wahrhaben, dass er so schwer krank ist. Seine Ablehnung wird verstärkt durch die Aussicht auf die vielen Untersuchungen und durch die Tatsache, dass er endgültig wird mit dem Rauchen aufhören müssen. Die Ärzte im Transplantationszentrum erklären Herrn A., dass es zwar Vorrang habe, sein eigenes Herz zu erhalten, dass in seinem Fall aber ein Gewinn an Lebensqualität – wenn nicht gar sein Überleben – nur dank einer Herztransplantation möglich sei. Herr A. freundet sich nicht zuletzt dank der vermittelnden Worte seiner Frau mit dem Gedanken an eine Herztransplantation an. Die medizinischen Abklärungen ergeben, dass der Gesundheitszustand von Herrn A. eine solche zulassen würde. Herr A. wird vom Transplantationszentrum bei Swisstransplant angemeldet und als potentieller Organempfänger auf die Warteliste gesetzt.
Wartezeit auf Abruf
Die Zeit des Wartens stellt für das Ehepaar eine grosse Herausforderung dar. Es ist für beide nicht einfach, zwischen Bangen und Hoffen einen normalen Alltag zu führen. An manchen Tagen ist die Anspannung gross – schon der nächste Anruf könnte vom Transplantationszentrum stammen –, an anderen Tagen denkt das Paar gar nicht daran. Die Notwendigkeit, ständig mit dem Handy erreichbar zu sein, verliert mit der Zeit etwas ihren bedrückenden Charakter.
Operation unter Zeitdruck
Rund drei Monate später nimmt Frau A. nach dem Abendessen das Telefon ab und erschrickt, als sie den Transplantationskoordinator des Spitals am Draht hat. Ein Spenderherz stehe möglicherweise zur Verfügung, Herr A. werde im Transplantationszentrum erwartet. Der Koffer von Herrn A. ist für diesen Fall schon seit langem gepackt, und eine Ambulanz holt das Ehepaar innerhalb der nächsten Viertelstunde ab. Was wird sie noch alles erwarten? Wird alles gut gehen? Wird man plötzlich alles in der letzten Minute abblasen müssen? Im Transplantationszentrum angekommen wird Herr A. sofort auf die Transplantation vorbereitet – unter anderem wird ihm nochmals Blut entnommen, Röntgenaufnahmen werden gemacht, und der Narkosearzt und der Chirurg besprechen mit ihm das Vorgehen. Frau A. nimmt an den Gesprächen teil. Sie hat ein mulmiges Gefühl, redet ihrem Mann aber gut zu, bevor dieser in den Operationssaal gebracht wird.
Therapie nach der Operation
Herr A. verbringt die ersten Tage nach der Operation auf der Intensivstation. Seine Frau kann sich nicht an all die technischen Geräte gewöhnen, die ihren Mann umgeben, an deren Geräusche und an die Bewegungen auf dem Monitor, welche Herzfunktion, Puls und Blutdruck ständig überwachen. Es herrscht ein reges Hin und Her im Zimmer; jeden Tag macht das Pflegepersonal mehrere Blutuntersuchungen. EKG-, Ultraschall- und Röntgenkontrollen werden durchgeführt. Herr A. ist noch sehr schwach; doch mit jedem Tag geht es ihm besser. Ein Schlauch nach dem anderen wird entfernt. Nach zwei Tagen kann sich Herr A. schon kurz am Bettrand aufsetzen.
Wieder zuhause
Herr A. freut sich, nach sechs Wochen im Spital endlich wieder zu Hause bei seiner Frau zu sein. Die Spaziergänge mit dem Hund sind Teil des Bewegungsprogramms, das Herr A. bereits im Spital begonnen hat. Deshalb hat ihm der Arzt den Hund nicht verboten, auch wenn Haustiere generell eine potentielle Infektionsquelle darstellen. Aber auch sonst müssen Herr und Frau A. peinlichst genau auf die Hygiene achten und beispielsweise grössere Menschenansammlungen meiden. Sie geniessen die wieder gewonnene Selbständigkeit, auch wenn die ärztlichen Untersuchungen nach wie vor die Agenda von Herrn A. bestimmen. Die neue Lebensqualität tröstet beide darüber hinweg.
Weiterführende Themen
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