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Bekämpfung von Heilmittelfälschungen

Der Handel mit gefälschten Heilmitteln nimmt weltweit zu und stellt eine Gefahr für die Gesundheit dar. Die Medicrime-Konvention und die europäische FMD-Richtlinie sind zwei Beispiele des international koordinierten Vorgehens gegen Heilmittelfälschungen.

Weltweit nimmt der Handel mit gefälschten Heilmitteln zu. Die Gewinne aus diesem illegalen Handel sind hoch, und das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung ist derzeit gering, weil der Handel mit solchen Produkten oft grenzüberschreitend über das Internet abgewickelt wird.
Gefälschte Arzneimittel und Medizinprodukte bergen grosse Risiken für die Gesundheit. Gefälschte Arzneimittel enthalten nicht immer die richtigen Inhaltsstoffe in der korrekten Dosierung. Ihr Gebrauch kann den Genesungsprozess verzögern oder gar verunmöglichen, während Verunreinigungen oder nicht deklarierte Inhaltsstoffe unerwünschte Nebenwirkungen oder sogar Vergiftungserscheinungen auslösen können.

Medicrime-Konvention

In den meisten Industrieländern mit effizienten Marktkontrollsystemen liegt der Anteil von gefälschten Arzneimitteln unter 1% des Marktes (Bericht der WHO unter dem Reiter «Links»). Hingegen beläuft sich der Anteil gefälschter Arzneimittel in einigen Ländern Lateinamerikas, Südostasiens und Afrikas (gemäss Daten von WHO und OECD, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) auf über 30%. Die Bekämpfung von Arzneimittel- und Medizinproduktefälschungen erfordert deshalb ein international koordiniertes Vorgehen.
Die Medicrime-Konvention (Übereinkommen des Europarats über die Fälschung von Arzneimitteln und Medizinprodukten und über ähnliche die öffentliche Gesundheit gefährdende Straftaten) ist das erste internationale Übereinkommen, das die Unterbindung des illegalen Heilmittelhandels zum Ziel hat und verhindern soll, dass gefälschte Arzneimittel die menschliche Gesundheit bedrohen. Die Vertragsstaaten, darunter die Schweiz, verpflichten sich unter anderem, die Straftatbestände für Herstellung, Angebot und Handel mit gefälschten Heilmitteln zu erweitern. Die Konvention sieht zudem die nationale und internationale Zusammenarbeit der zuständigen Behörden vor. Sie ist im Januar 2016 in Kraft getreten.

Medicrime in der Schweiz

Obwohl die Schweiz über ein effizientes Kontrollsystem verfügt, ist auch sie von illegalen Arzneimittelimporten betroffen. Jedes Jahr gelangen schätzungsweise rund 20'000 illegale Sendungen in die Schweiz (Schätzung Swissmedic).
Die Schweiz hat die Medicrime-Konvention im Oktober 2011 unterzeichnet. Sie ist in Kraft in der Schweiz seit Februar 2019.
Mit diesen Gesetzesänderungen erhält die Schweiz die erforderlichen Instrumente zur verstärkten Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen, was zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Schweiz beiträgt.

Falsified Medicines Directive

Eine weitere, von Medicrime unabhängige Massnahme zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen auf internationaler Ebene ist die Richtlinie «Falsified Medicines Directive» (FMD, 2011/62/EU), welche die Europäische Union (EU) 2011 verabschiedet hat. Mit der Richtlinie 2011/62/EU wurde die Richtlinie 2001/83/EG geändert und die Grundlage für eine Reihe von legislativen Umsetzungsmassnahmen gebildet, welche als präventive Massnahmen die Einschleusung gefälschter Arzneimittel in die legale Versorgungskette verhindern soll.

So sieht unter anderem die Delegierte Verordnung 2016/161 die Anbringung von individuellen Erkennungsmerkmalen und Sicherheitsvorrichtungen auf den Verpackungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel vor, dass ein gefälschtes Arzneimittel spätestens zum Zeitpunkt seiner Abgabe an den Patienten oder die Patientin erkannt werden kann.

Während individuelle Erkennungsmerkmale die Identifizierung der einzelnen Verpackungen ermöglichen, lassen Sicherheitsvorrichtungen erkennen, ob eine Verpackung bereits geöffnet wurde.

Die Delegierte Verordnung 2016/161 ist in der EU am 9. Februar 2019 in Kraft getreten.

Artikel 17a nHMG

Anlässlich der Gesetzesänderungen in Zusammenhang mit der Ratifizierung der Medicrime-Konvention hat das Parlament auch einen neuen Artikel 17a in das Heilmittelgesetz (HMG; Art. 17a nHMG) aufgenommen. Dieser regelt die Anbringung und Überprüfung von individuellen Erkennungsmerkmalen und Sicherheitsvorrichtungen auf Arzneimittelverpackungen, in Anlehnung an die FMD.

Arzneimittelfälschungen werden insbesondere ausserhalb der offiziellen Vertriebskanäle vertrieben. In den legalen Lieferketten wurden bis anhin keine für den Schweizer Markt bestimmten gefälschten Arzneimittel gefunden. Insbesondere aus diesem Grund sieht Artikel 17a nHMG grundsätzlich eine fakultative Anbringung und Überprüfung der individuellen Erkennungsmerkmale und Sicherheitsvorrichtungen vor. In der EU hingegen ist die Anbringung für verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich obligatorisch. Dem Bundesrat wurde jedoch die Möglichkeit eingeräumt, das System auf dem Verordnungsweg als obligatorisch zu erklären (Art. 17a Abs. 8 Bst. b und c nHMG).

Verordnung zu Artikel 17a nHMG

Damit Artikel 17a nHMG in Kraft treten kann, ist entsprechendes Ausführungsrecht erforderlich. Der Entwurf einer neuen Verordnung durchlief von Oktober 2019 bis Februar 2020 die Vernehmlassung (Unterlagen zur Vernehmlassung 2019 – 2020). Vorgesehen war zu diesem Zeitpunkt die fakultative Anbringung und Überprüfung von individuellen Erkennungsmerkmalen und Sicherheitsvorrichtungen. Die Pandemiebewältigung und Nachfolgearbeiten führten danach zur vorübergehenden Sistierung der Arbeiten.

Insbesondere auch aufgrund der Überweisung der Motion Ettlin (22.3859) «Masterplan zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen. Nutzung von gesetzlichen Standards und bestehenden Daten» am 26. September 2023, welche eine obligatorische Anbringung von individuellen Erkennungsmerkmalen und Sicherheitsvorrichtungen auf der Verpackung von Humanarzneimitteln fordert (durch den Nationalrat geänderte Ziff. 2), wurden die Arbeiten am Verordnungsentwurf zu Artikel 17a nHMG Anfang 2024 wieder aufgenommen.  Dabei wurden nicht nur die Forderungen von Ziffer 2 der Motion Ettlin 22.3859, sondern auch die Ergebnisse der ersten Vernehmlassung 2019/2020 und der aktualisierten Regulierungsfolgenabschätzung berücksichtigt. Der wesentliche Unterschied zum ersten Entwurf besteht darin, dass die Anbringung und Überprüfung von individuellen Erkennungsmerkmalen und Sicherheitsvorrichtungen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln grundsätzlich obligatorisch sein sollen.

Die Vernehmlassung zum überarbeiteten Verordnungsentwurf wurde am 6. Mai 2025 durch das Departement eröffnet und dauerte bis 27. August 2025. Die Vernehmlassungsunterlagen sind auf der Seite der Bundeskanzlei zu finden. Die Stellungnahmen werden derzeit ausgewertet.

Weitere Informationen

Bundesamt für Gesundheit BAG

Abteilung Biomedizin
Sektion Heilmittelrecht
Schwarzenburgstrasse 157
Schweiz - 3003 Bern