KVG-Änderung: Vorgabe von Kostenzielen

Der Bundesrat hat am 10. November 2021 beschlossen, als indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei die Einführung von Zielen für das maximale Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vorzuschlagen.

Kostenbremse-Initiative

Die Volksinitiative will Bundesrat und Kantone verpflichten, eine Kostenbremse einzuführen. Liegt das Kostenwachstum pro versicherte Person zwei Jahre nach Annahme der Initiative um einen Fünftel über der Nominallohnentwicklung, soll der Bundesrat in Zusammenarbeit mit den Kantonen Kostenbegrenzungsmassnahmen ergreifen, die ab dem nachfolgenden Jahr wirksam werden. Damit soll erreicht werden, dass sich die Kosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) entsprechend der schweizerischen Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen entwickeln und die Prämien bezahlbar bleiben.

Der Bundesrat teilt grundsätzlich das Anliegen der Volksinitiative, das Kostenwachstum im Gesundheitswesen zu begrenzen. Der von der Initiative vorgeschlagene Mechanismus ist aber zu starr, weshalb der Bundesrat vorsieht, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Faktoren wie die Demographie, der technisch-medizinische Fortschritt sowie die Abhängigkeit der Löhne vom Konjunkturverlauf werden nicht berücksichtigt. Es besteht die Gefahr, dass die starre Ausgabenregel je nach Umsetzung eine Rationierung der Leistungen zur Folge hat und in eine Zweiklassenmedizin führt.

Indirekter Gegenvorschlag: Vorgabe von Kostenzielen

Der Bundesrat nimmt deshalb mit dem Vorschlag zur Einführung von Zielen für die maximale Kostenentwicklung in der OKP die Forderungen der Initiative auf und hat mit der Änderung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Kostendämpfung – Vorgabe von Kostenzielen) einen indirekten Gegenvorschlag erarbeitet.

Der indirekte Gegenvorschlag sieht die Einführung von Kostenzielen für das OKP-Wachstum vor. Die Kostenziele stärken die Transparenz über diejenige Kostenentwicklung, welche mit Blick auf Faktoren wie die demografische Entwicklung, die Entwicklung von Löhnen und Preisen, den medizinischen Fortschritt sowie das vorhandene Effizienzpotenzial als gerechtfertigt erscheint. Die Kostenziele werden vom Bundesrat und den einzelnen Kantonen festgelegt. Eine beratende Kommission für Kostenziele unterstützt den Bundesrat bei dieser Aufgabe.

Im Fall von Zielüberschreitungen sind die zuständigen Behörden (je nach Bereich der Bundesrat oder die Kantone) verpflichtet zu prüfen, ob Fehlentwicklungen vorliegen, welche der Korrektur bedürfen. Beispiele dafür sind die Korrektur von nicht mehr sachgerechten oder wirtschaftlichen Tarifen. Für die Korrektur von Fehlentwicklungen steht dem Bund und den Kantonen das bestehende Instrumentarium zur Verfügung, einzelne Lücken darin werden gezielt geschlossen.

Auswirkungen der Vorlage

Zur Vorlage wurde eine vertiefte Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) durchgeführt. Diese kommt zum Schluss, dass das Sparpotenzial schwierig zu quantifizieren ist, dass aber ein substanzieller kostendämpfender Effekt zu erwarten ist.

Entstehung der Vorlage

Es handelt sich bei der Vorgabe von Kostenzielen um die Hauptmassnahme des Expertenberichts vom 24. August 2017 «Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung». Das EDI hat gestützt auf den Auftrag des Bundesrates eine Vorlage zur Einführung einer Zielvorgabe entwickelt, welche Teil des zweiten Pakets von Massnahmen zur Kostendämpfung war.

Die Vernehmlassung wurde vom 19. August bis 19. November 2020 durchgeführt. Dabei sind über 300 Stellungnahmen eingegangen. Die überwiegende Mehrheit der Stellungnehmenden anerkennt die Notwendigkeit zur Kostendämpfung. Jedoch äusserten sich viele kritisch gegenüber der vorgeschlagenen Gesetzesänderung und beurteilten das Paket als zu wenig ausgereift und nicht umsetzbar.

Am 28. April 2021 hat der Bundesrat vom Vernehmlassungsbericht zum zweiten Kostendämpfungspaket Kenntnis genommen und auf dessen Grundlage entschieden, dass der Vorschlag für eine Zielvorgabe aus dem Paket herausgelöst und separat weiterverfolgt und verabschiedet wird.

Die Einführung einer Zielvorgabe stellt nun alleine den indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative dar. Die Vorlage wurde nach der Vernehmlassung substanziell überarbeitet und vereinfacht.

Die Botschaft des Bundesrates an das Parlament und die weiteren Unterlagen sind auf der Homepage der Bundeskanzlei abrufbar.

Studie «Effizienzpotenzial in der OKP»

Die in der «KVG-Änderung: Massnahmen zur Kostendämpfung – Vorgabe von Kostenzielen» vorgeschlagene Zielvorgabe soll dazu beitragen, das bestehende Effizienzpotenzial im Gesundheitswesen auszuschöpfen. Ein Effizienzpotenzial liegt vor, wenn durch medizinische Behandlung ein bestimmter Gesundheitszustand auch zu geringeren Gesundheitskosten erreicht werden kann.

Um konkrete Zielvorgaben adäquat definieren zu können, sind detailliertere Kenntnisse zum Effizienzpotenzial in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens nötig. Vor diesem Hintergrund hat das BAG ein Konsortium aus INFRAS und ZHAW/WIG mit der Schätzung des Effizienzpotenzials in den von der OKP (mit‐)finanzierten Leistungen beauftragt. In einem ersten Schritt wurde eine Literaturanalyse erstellt. In einem zweiten Schritt wurde das Effizienzpotenzial in der OKP insgesamt sowie für einzelne Leistungsbereiche der OKP geschätzt. Die vorliegenden Berichte beschreiben das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der beiden Schritte.

Weiterführende Themen

Krankenversicherung: Kostendämpfung

Um die Prämien- und Steuerzahlenden zu entlasten, setzt der Bundesrat ein Kostendämpfungsprogramm um.

KVG-Änderung: Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 1

Im Jahr 2019 hat der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des KVG betreffend Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 1 verabschiedet. Das Parlament hat dieses Paket in zwei Pakete 1a und 1b aufgeteilt und das erste Paket (1a) am 18. Juni 2021 angenommen. Die ersten Massnahmen sind Anfang 2022 in Kraft getreten.

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Letzte Änderung 25.03.2022

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