Störungen des Innenohrs, zum Beispiel die Ménière-Krankheit, können Beschwerden wie Schwindel, Tinnitus und Hörverlust auslösen. Die Wirkstoffe Betahistin und Cinnarizin – mit oder ohne Dimenhydrinat – werden für die Behandlung von Schwindelerkrankungen einschliesslich Ménière-Krankheit eingesetzt. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung erstattet diese Arzneimittel, ihre klinische Wirksamkeit ist jedoch unklar. Dieser Bericht überprüft die Wirksamkeit und Sicherheit der Therapien bei Menschen mit Ménière-Krankheit, Schwindelerkrankungen oder Tinnitus sowie das Kosten-Nutzenverhältnis und die Auswirkungen auf den Kostenhaushalt.
Eine systematische Literaturrecherche fand insgesamt zehn Studien zu den verschiedenen Fragestellungen. Die neunmonatige Behandlung der Ménière-Krankheit mit Betahistin im Vergleich zu einem Scheinmedikament macht wahrscheinlich keinen oder nur einen geringen Unterschied bezüglich Schwindel und Lebensqualität. Die Studien deuten darauf hin, dass Betahistin – verglichen mit einem Scheinmedikament – keinen oder nur einen geringen Unterschied bei Ohrgeräuschen, Gehörverlust und schweren Nebenwirkungen macht. Für verschiedene Schwindelerkrankungen ist die Studienlage zu den Effekten von Betahistin nach drei Monaten sehr unsicher. Für Tinnitus ist die Studienlage zu den Effekten von Cinnarizin nach zehn Wochen auch sehr unsicher. Bei Personen mit verschiedenen Schwindelerkrankungen führte eine vierwöchige Behandlung mit Cinnarizin in Kombination mit Dimenhydrinat verglichen mit einer Scheinbehandlung wahrscheinlich zu einer Verbesserung der Schwindelsymptome. Keine der beiden Behandlungen führte zu schwerwiegenden Nebenwirkungen.
Der Blick auf den Kostenhaushalt über einen Zeitraum von 5 Jahren zeigt, dass der Einsatz von Cinnarizin mit Dimenhydrinat bei der Behandlung von Schwindel mit oder ohne Ménière-Krankheit eine Kostenersparnis von 1,2 Mio. CHF erlaubt. Diese Therapie ist auch besser bezüglich der Kosten und des Nutzens verglichen mit keiner Therapie. Insgesamt betragen die Auswirkungen auf den Kostenhaushalt bei der Behandlung mit Betahistin 17,2 Mio. CHF und mit Cinnarizin ohne Dimenhydrinat 0,8 Mio. CHF. Aus ethischer, sozialer und organisatorischer Sicht ergaben sich mögliche Einschränkungen wegen verzögerter Behandlung, sozialer Isolation und einer verminderten Lebensqualität. Rechtlich fällt das Fahrverbot für Menschen mit der Ménière-Krankheit ins Gewicht.
Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Studienlage begrenzt ist. Die Behandlung mit Betahistin bei Personen mit Ménière-Krankheit oder mit verschiedenen Schwindelerkrankungen könnte nur einen geringen bis keinen Unterschied im Vergleich zu einem Scheinmedikament ausmachen. Die Effekte von Betahistin auf verschiedene Schwindelerkrankungen und die Effekte von Cinnarizin auf Tinnitus sind sehr unsicher. Die Behandlung mit Cinnarizin mit Dimenhydrinat führt wahrscheinlich bei Personen mit verschiedenen Schwindelerkrankungen zu einer Verbesserung des Schwindels. Das Medikament könnte gut vertragen werden. Die Behandlung der Ménière-Krankheit und von anderen Schwindelerkrankungen mit Cinnarizin mit Dimenhydrinat führt zu einer hochgerechneten Kostenersparnis von 1,2 Mio. CHF. Die Auswirkungen auf den Kostenhaushalt betragen über fünf Jahre 17,2 Mio. CHF für Betahistin sowie 0,8 Mio. CHF für Cinnarizin ohne Dimenhydrinat.