Sofern die Voraussetzungen dazu erfüllt sind, kann die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) ein Arzneimittel im Einzelfall vergüten, obwohl es nicht auf der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt ist.
Rechtliche Grundlagen
Sofern die untenstehenden Voraussetzungen erfüllt sind, vergütet die OKP nach Artikel 71a bis 71d der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV) ausnahmsweise Arzneimittel im Einzelfall,
- die auf der SL aufgeführt sind, jedoch ausserhalb der von Swissmedic genehmigten Fachinformation oder SL-Limitation abgegeben werden.
- die nicht in die SL aufgenommen wurden, aber von Swissmedic zugelassen sind.
- die von Swissmedic nicht zugelassen sind, aber aus einem Land mit einem von Swissmedic als gleichwertig anerkannten Zulassungssystem importiert werden und dort für die entsprechende Indikation zugelassen sind.
Voraussetzungen
Damit eine Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall erfolgen kann, muss eines der folgenden Kriterien erfüllt sein:
- Bildet der Einsatz eines Arzneimittels eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der OKP übernommenen Pflichtleistung und steht diese eindeutig im Vordergrund, so übernimmt die OKP auch die Kosten des Arzneimittels, obwohl es nicht in der SL gelistet ist (sog. Behandlungskomplex)
- Liegt kein Behandlungskomplex vor, so erfolgt die ausnahmsweise Vergütung eines Arzneimittels im Einzelfall durch die OKP nur, wenn mit dem Einsatz des Arzneimittels von einem grossen therapeutischen Nutzen gegen eine Krankheit ausgegangen wird, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann. Zudem ist keine andere in der SL gelistete Behandlungsalternative verfügbar.
- Eine Vergütungspflicht besteht ausnahmsweise auch für Arzneimittel, die gemäss Artikel 33 Buchstabe d KVV zu Präventionszwecken im Rahmen einer Postexpositionsprophylaxe verabreicht werden, auch wenn in der Fachinformation die entsprechende Indikation nicht enthalten ist. Voraussetzung ist, dass die Krankheit, die nach Exposition ausbrechen kann, für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann. Ein Beispiel dafür ist die HIV-Postexpositionsprophylaxe.
Kostengutsprache
Die OKP übernimmt die Kosten eines Arzneimittels im Einzelfall nur auf besondere Gutsprache des Krankenversicherers nach vorgängiger Konsultation der Vertrauensärztin oder des Vertrauensarztes. Der Versicherer entscheidet bei vollständig eingereichtem Kostengutsprachegesuch innert zwei Wochen über die Vergütung. Ist ein Gesuch unvollständig, ist der Versicherer nicht verpflichtet, innert der gesetzlichen Frist über das Gesuch zu entscheiden.
Zentrales Element bei der Beurteilung von Kostengutsprachegesuchen im Rahmen der Einzelfallvergütung ist die Nutzenbewertung. Auf Grundlage der Nutzenbewertung entscheidet der Krankenversicherer, ob von einem grossen therapeutischen Nutzen ausgegangen werden kann. Die Einteilung in Nutzenkategorien (A–D) wird mit dem von den Vertrauensärzten und Vertrauensärztinnen gemeinsam entwickelten Nutzenbewertungsinstrument OLUTool (Off-Label-Use-Tool) vorgenommen. Bei der Kategorie D erfolgt die Ablehnung des Gesuchs um Kostengutsprache.
Bei der Preisfestsetzung im Bereich der Einzelfallvergütung erfolgt eine einheitliche Wirtschaftlichkeitsbeurteilung. Abhängig von der Nutzenkategorie (A-C) finden fixe Preisabschläge Anwendung.
Information zu den vom Bundesrat beschlossenen Verordnungsbestimmungen KVV und KLV betreffend die Vergütung im Einzelfall - Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ)
Mit den Anpassungen der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) und der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV), die am 1. Januar 2024 in Kraft getreten sind, wurden unter anderem Massnahmen bei der Vergütung im Einzelfall zur Erhöhung der Gleichbehandlung, Qualität, Effizienz, Transparenz und zur einheitlichen Handhabung der Wirtschaftlichkeit umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Webseite Abgeschlossene Neuerungen und Revisionen.
Das BAG begleitet die Umsetzung der Massnahmen mit verschiedenen Arbeitsgruppen, in denen die betroffenen Akteure vertreten sind. Es hat sich gezeigt, dass bezüglich der Umsetzung der Verordnungsbestimmungen noch verschiedene Fragen bestehen. Das BAG nimmt in einem FAQ-Dokument zu den wichtigsten Fragen Stellung. Das FAQ-Dokument wird laufend ergänzt.
Letzte Änderung 28.02.2025
Kontakt
Bundesamt für Gesundheit BAG
Sekretariat EAK
Schwarzenburgstrasse 157
3003
Bern
Schweiz
Tel.
+41 58 462 90 35