2024 hat das BAG 156 Aufnahmen oder Anpassungen neuer Arzneimittel in die Spezialitätenliste verfügt. Verzögerungen entstehen insbesondere bei der Einreichung der Gesuche sowie durch hohe Preisforderungen und die noch wenig verbreitete Nutzung des neuen, beschleunigten Early-Access-Verfahrens durch die Pharmaindustrie.
Neue Arzneimittel und Indikationen werden auf Gesuch von Pharmaunternehmen in die Spezialitätenliste aufgenommen, wenn die Kriterien
- Wirksamkeit,
- Zweckmässigkeit und
- Wirtschaftlichkeit
erfüllt sind.
Bei der Beurteilung wird die Eidgenössische Arzneimittelkommission (EAK), bestehend aus Fachexperten und Fachexpertinnen und weiteren Akteuren, einbezogen. Einfache Gesuche für Generika, Biosimilars oder neue Packungen und Dosisstärken werden der EAK nicht vorgelegt und sind nicht Bestandteil dieser Auswertung.
Nachfolgende Auswertungen zeigen die Anzahl der Gesuche, die der EAK in den letzten Jahren vorgelegt wurden und zu Aufnahmen oder Anpassungen in der Spezialitätenliste durch das BAG führten.
Verfügte Gesuche 2021 bis 2024
Nachfolgend publizieren wir die Anzahl der vom BAG verfügten Gesuche pro Kalenderjahr, die der EAK vorgelegt wurden. Es handelt sich dabei vorwiegend um Aufnahmegesuche für neue Arzneimittel oder Gesuche um Aufnahme neuer Indikationen für bestehende Arzneimittel.
Anzahl der verfügten Gesuche von 2021 bis 2024

Anzahl der durchschnittlich pro Monat verfügten Gesuche

Auswertung der Dauer des Verfahrens
Das BAG wertet aus, wie viele Gesuche innerhalb von 60 Tagen nach Zulassung durch Swissmedic entschieden werden. Die Auswertung berücksichtigt entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nur Gesuche, die «vor oder mit Vorbescheid Gutheissung durch Swissmedic» eingereicht wurden. Dies bedeutet, dass die Arzneimittel oder die neuen Indikationen noch keine Zulassung durch Swissmedic erhalten haben.
Bei Arzneimittel oder neuen Indikationen, die zum Zeitpunkt der Einreichung beim BAG bereits eine Zulassung durch Swissmedic erhalten haben, ist es für das BAG nicht möglich, innert 60 Tagen nach Einreichung zu entscheiden. Deshalb wurde bei diesen Gesuchen keine Auswertung der Dauer des Verfahrens durchgeführt.
Ablauf der Auswertung der Dauer des Verfahrens
Von den Gesuchen «vor oder mit Vorbescheid Gutheissung durch Swissmedic» wird die Dauer des Verfahrens bis zum Aufnahmeentscheid (Zeitpunkt der Verfügung) in die Spezialitätenliste ausgewertet.
Sobald die Zulassungsunterlagen für die definitive Zulassung von Swissmedic durch die Zulassungsinhaberin (das Pharmaunternehmen, das das Arzneimittel entwickelt) beim BAG eingegangen sind, beginnt die Zählung der Tage. Es wird festgehalten, wie lange das Gesuch beim BAG respektive bei der Zulassungsinhaberin bearbeitet wird. Die Zählung wird beendet, sobald das BAG die Verfügung erlässt.
Auswertung der Anzahl Gesuche, die innerhalb von 60 Tagen verfügt wurden
Bewertet wird, ob das BAG die Gesuche innert 60 Tagen bearbeiten, beurteilen und mittels Verfügung entscheiden kann. Die nachfolgende Grafik schlüsselt die Daten der letzten Jahre auf:

2024 konnte das BAG 43 Prozent der Gesuche «vor oder mit Vorbescheid Gutheissung durch Swissmedic» innerhalb von 60 Tagen überprüfen, bearbeiten und entscheiden. 2023 waren es 34 Prozent, 2022 42 Prozent und 2021 54 Prozent.
Leider wurden 2024, wie auch in den Vorjahren, vergleichsweise wenige der verfügten Gesuche «vor oder mit Vorbescheid Gutheissung durch Swissmedic» beim BAG eingereicht. Je früher die Zulassungsinhaberinnen die Gesuche beim BAG einreichen, desto früher können die Arzneimittel und neuen Indikationen aufgenommen und vergütet werden.
Die Anzahl der für die Bearbeitung benötigten Tage der «vor oder mit Vorbescheid Gutheissung durch Swissmedic» eingereichten Gesuche beim BAG und bei den Zulassungsinhaberinnen betrugen im Median:
Median (d) | 2021 (n=39) | 2022 (n=55) | 2023 (n=38) | 2024 (n=42) |
---|---|---|---|---|
BAG | 50 | 84 | 106 | 87 |
Zulassungsinhaberin | 56 | 88 | 161 | 74 |
Gründe für die Verzögerungen bei der Aufnahme neuer Arzneimittel in die Spezialitätenliste
Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat das Verfahren zur Aufnahme von Arzneimitteln in ihrem Bericht vom Januar 2024 als international konkurrenzfähig bewertet. Im europäischen Vergleich der Vereinigung europäischer Pharmaverbände (EFPIA) (PDF verfügbar auf Englisch) ist die Schweiz bei der Verfügbarkeit und Zeit bis zur Vergütung von neuen Arzneimitteln auf dem vierten Platz.
Das ist angesichts der weiter oben dargestellten verzögerten Einreichung von Gesuchen durch Zulassungsinhaberinnen erst nach Vorbescheid Gutheissung von Swissmedic sehr gut. Gemäss dem EFK Bericht reichen die Zulassungsinhaberinnen ihre Gesuche bei Swissmedic mit 200 Tagen Verspätung und beim BAG mit bis zu 100 Tagen Verspätung im Vergleich zu ausländischen Behörden ein.
Schlechte Nutzung des Early-Access-Verfahrens
Seit Januar 2024 bietet das BAG ein Early-Access-Verfahren an. Bei diesen beschleunigten Verfahren ist es möglich, eine Aufnahme in die Spezialitätenliste gleichzeitig oder kurz nach der Swissmedic-Zulassung zu erreichen. Leider haben die Zulassungsinhaberinnen dieses bisher kaum genutzt.
2024 wurde mit dem Early-Access-Verfahren nur ein einziges Gesuch eingereicht. WINREVAIR (Sotatercept; zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie) wurde am 13. September 2024 zugelassen und konnte am 1. Dezember 2024 in die Spezialitätenliste aufgenommen werden.
Hohe Preisforderungen
Die EFK hat im erwähnten Bericht insbesondere Verzögerungen aufgrund von lange andauernden Preisverhandlungen aufgezeigt. Wir haben die Preisanträge für Gesuche um Aufnahme neuer patentgeschützter Arzneimittel analysiert.
Bei insgesamt 40 Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen waren die Preisanträge durchschnittlich 28.93 Prozent (Spannweite 2.31 bis 65.30 Prozent) über dem schlussendlich vom BAG festgelegten Preis. Bei hochpreisigen Arzneimitteln, bei denen das BAG (vertrauliche) Preismodelle umsetzen musste, lagen die Anträge sogar 43.8 Prozent (Spannbreite 21.50 bis 65.30 Prozent) über den schlussendlich festgelegten Preisen. Damit wird die von der EFK analysierte Ursache für Verzögerungen bestätigt.
Die hohen Preisanträge führen zu höheren Kosten, weil der Preis eines neuen Arzneimittels auf Basis überhöhter, im Ausland nicht effektiv vergüteter, Auslandpreisvergleiche und dem therapeutischen Quervergleich mit den Preisen bisheriger, gleich wirksamer oder schlechter wirksamer Arzneimittel festgelegt werden muss.
Insbesondere im Bereich Onkologika (Krebstherapien) zeigt sich dieser Preis- und Kostenanstieg deutlich: Die für neue Onkologika im Jahr 2024 festgelegten Preise sind im Schnitt 82.86 Prozent (Spannbreite 5.7 – 246.67 Prozent) teurer als die Preise bisher eingesetzter Arzneimittel.
Da die neuen Arzneimittel bisherige Therapien ersetzen und länger, kombiniert und in Sequenz eingesetzt werden, steigen die Kosten sehr stark an. Neue Onkologika sind ein Hauptkostentreiber für die überdurchschnittlich stark wachsenden Arzneimittelkosten.
Der Bundesrat hat 2024 Massnahmen zur Kostendämpfung bei patentabgelaufenen Arzneimitteln eingeführt, die zu Einsparungen von 300 Mio. Franken führen werden. Im Rahmen des Kostendämpfungspakets 2 werden derzeit im Parlament mit Kostenfolgemodellen (Mengenrabatte) auch Massnahmen im Bereich der neueren, patentgeschützten Arzneimittel mit hohen Kosten diskutiert. Angesichts der hohen Preise und Kosten neuer Arzneimittel ist diese kostendämpfende Massnahme dringend erforderlich.
Letzte Änderung 06.03.2025
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