Ambulant vor Stationär

Seit dem 1. Januar 2019 wird bei ausgewählten Gruppen von Eingriffen nur noch die ambulante Durchführung vergütet, ausser es liegen besondere Umstände vor, die eine stationäre Durchführung erfordern.

Regelung in der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) zu „Ambulant vor Stationär (AvS)“  

Seit dem 1. Januar 2019 gilt gemäss der Krankenpflege-Leistungsverordnung (Art. 3c und Anhang 1a KLV) die Regelung «ambulant vor stationär» (AvS). Diese Regelung gilt für ausgewählte Gruppen von elektiven, also nicht dringlichen Eingriffen an grundsätzlich gesundheitlich stabilen Patienten. Sie soll eine angemessene ambulante Leistungserbringung fördern, wo sie medizinisch sinnvoll, patientengerecht und ressourcenschonend ist.

Konkret heisst das:

  • Ab dem 1. Januar 2023 gilt schweizweit eine Liste mit 18 Gruppen von Eingriffen (Ziffer I Anhang 1a KLV).
  • Bei diesen Eingriffen wird grundsätzlich nur die ambulante Durchführung vergütet, ausser es liegen besondere Umstände vor, die eine stationäre Durchführung erfordern.
  • Zur Eingrenzung der „besonderen Umstände“ dient eine Liste mit Ausnahmekriterien (Ziffer II Anhang 1a KLV).
  • Bei Umständen, die nicht in dieser Liste aufgeführt sind, ist eine stationäre Durchführung nur nach vorgängiger Kostengutsprache durch die Versicherer möglich.

Als «besondere Umstände» gelten meistens Begleiterkrankungen, die das Risiko für potenzielle Komplikationen auch bei sogenannten einfachen Operationen erhöhen. Das können beispielsweise schwere Erkrankungen der Lunge oder am Herzen sein. Um eventuellen Komplikationen vorzubeugen, ist bei den betroffenen Patientinnen und Patienten eine stationäre Behandlung grundsätzlich sinnvoll und wird auch von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) übernommen.

Dieser Umstand muss bereits bei der Planung eines Eingriffs berücksichtigt werden. Um Betroffene, die eine stationäre Betreuung benötigen, gezielt identifizieren zu können, wurden allgemeine und eingriffsspezifische Ausnahmekriterien definiert. Liegt ein entsprechendes Ausnahmekriterium vor, ist keine vorgängige Kostengutsprache für eine stationäre Durchführung notwendig. Dadurch soll bei klaren Ausnahmefällen der administrative Aufwand gesenkt werden. Der Entscheid, einen Eingriff, trotz vorliegendem Ausnahmekriterium, ambulant durchzuführen liegt in der Verantwortung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte.

Die KLV-Regelung AvS wurde unter Einbezug der betroffenen Akteure erarbeitet. Bei der Einführung 2019 entstanden für die Akteure verschiedene Herausforderungen: Einerseits die Anpassung von Versorgungsstrukturen und -Prozessen auf die vermehrte ambulante Leistungserbringung aber auch bei der Tarifierung der Leistungen. Daher hatte der Bund in einer ersten Phase in der KLV eine beschränkte Anzahl von sechs Gruppen von Eingriffen definiert, die in der ganzen Schweiz gültig waren. Dies sollte den Spitälern und Versicherern ermöglichen, sich organisatorisch auf die neue Regelung einstellen zu können.

Geltungsbereich und Aktivitäten der Kantone

Die Regelung AvS des Bundes gilt für die gesamte Schweiz und definiert einheitliche Voraussetzungen für alle Versicherten der OKP. Sie geht den kantonalen Regelungen vor. Nach geltendem Recht dürfen aber die Kantone nach Ansicht des BAG grundsätzlich weitergehende Regelungen treffen.
So hatten fünf Kantone parallel zu den Arbeiten des Bundes bereits Anfang 2018 eigene Listen mit 13 Gruppen von Eingriffen eingeführt. Anfang 2022 führten 14 Kantone weitergehende Listen mit jeweils 16-19 Gruppen von Eingriffen.

Monitoring der Verlagerung und der Kostenwirkung

Die tatsächlichen Auswirkungen der KLV-Regelung auf die Fallzahlen und Kosten werden monitorisiert. Dabei konnte gezeigt werden, dass eine Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich stattfindet. Gleichzeitig ist die Regelung AvS für die Krankenversicherer kostenneutral, weil für eine ambulante Durchführung meist deutlich weniger als die Hälfte der Kosten als für eine stationäre Durchführung anfallen. Bei den Kantonen führt die Regelung zu leicht sinkenden Kosten.

Die Ergebnisse des Monitorings werden auf der Website des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) wie folgt publiziert:

  • Zwei Indikatoren zur Entwicklung der Fallzahlen und der Kosten
  • Ein Kurzbericht mit Beschreibung der Methodik der Auswertungen und der wichtigsten Resultate
    (siehe Rubrik «Links» unten)

Die Aktualisierung der Indikatoren erfolgt jährlich in der Regel im Dezember. Ein Kurzbericht wird bei besonderen Anlässen nach Absprache mit dem BAG ebenfalls im Dezember verfasst (bisher 2020, 2021). Aufgrund der Erweiterung der Liste mit Eingriffen per 1. Januar 2023, hat das BAG hat das Obsan beauftragt, das bisherige Monitoring zu AvS vorerst weiterzuführen.

Studien zur Auswirkung auf die Behandlungsqualität

Die Auswirkungen auf die Behandlungsqualität lassen sich nicht anhand von routinemässig erhobenen Daten der Statistik herauslesen. Das BAG hat dazu zwei separate Studien in Auftrag gegeben. Eine retrospektive Studie analysierte routinemässig erfasste Registereinträge zu eventuellen Komplikationen vor und nach Einführung der KLV-Regelung. Im Rahmen der prospektiven Studie wurden betroffene Ärzte und Patienten nach der Einführung der KLV-Regelung zum klinischen Outcome befragt.

Die beiden Studien wurden am 26. Januar 2023 auf der Internetseite des BAG publiziert (siehe Rubrik «Dokumente» unten).

Evaluation und Umsetzung der Empfehlungen

Nach Ablauf einer dreijährigen Beobachtungsperiode hat das Institut des Hautes études en administration publique (IDHEAP) im Auftrag des BAG eine Evaluation der Auswirkung der KLV-Regelung AvS durchgeführt. Im Evaluationsbericht werden die Ergebnisse des Monitorings bestätigt. Hinweise auf vermehrte Komplikationen wurden keine gefunden. Hingegen wurden in der Kommunikation zwischen den Krankenversicherern und Leistungserbringern sowie den Kantonen Reibungsverluste festgestellt. Auch die unterschiedlichen Listen mit Eingriffen von Bund und Kantonen erhöhen den administrativen Aufwand und führen zu Effizienzverlusten. Daher empfehlen die Autorinnen und Autoren Bund und Kantonen ihre Listen mit Eingriffen zusammenzuführen. Die Leistungserbringer werden aufgefordert, ihre Strukturen und Prozesse anzupassen, um eine effiziente ambulante Leistungserbringung und die Patientensicherheit zu gewährleisten. Der Bericht und die Stellungnahme des BAG wurden am 24. Mai 2022 auf der Internetseite des BAG publiziert (siehe Rubrik «Links» unten).

Das BAG hat die Empfehlung, die Eingriffe auf den kantonalen Listen in der KLV zu ergänzen, geprüft und eine national einheitliche Liste im Rahmen der KLV mit ambulant durchzuführenden Eingriffen erarbeitet. Eine schweizweit einheitliche Liste mit Eingriffen wird auch von der Mehrheit der Kantone grundsätzlich unterstützt und von der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) empfohlen. Diese ist per 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Allfällige weitere Anpassungen sollen koordiniert mit den Kantonen erfolgen. Dazu steht das BAG in engem Austausch mit der GDK und den Kantonen.

Anpassung von Anhang 1a KLV

Anpassungen in Anhang 1a der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) erfolgen auf Antrag zuhanden der Eidgenössischen Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK).

Interessierte Personen und Organisationen, welche eine Neuaufnahme, Änderung oder Streichung von ambulant durchzuführenden Eingriffen und Ausnahmekriterien wünschen, richten ihren vollständigen, begründeten und unterschriebenen Antrag mit Beilagen in elektronischer Form an das Sekretariat (siehe Kontaktbox).

Die Anträge werden durch die erwähnte Stelle bearbeitet. Nach erfolgten Abklärungen werden die Anträge der ELGK vorgelegt, welche eine Empfehlung zu Handen des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) abgibt. Das EDI entscheidet abschliessend über die Aufnahme oder Ablehnung respektive Änderung der KLV.
 

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Abbildung 1: Prozess zur Anpassung von Anhang 1a KLV

Die Auswahl der Eingriffe, die in Ziffer I Anhang 1a KLV aufgeführt sind, basiert auf Analysen des Obsan und der Kantone sowie auf Gesprächen mit den betroffenen Fachgesellschaften und Stakeholdern. Massgebend für die Auswahl waren in erster Linie ein vorhandenes Verlagerungspotenzial und eine aus medizinischer Sicht gute ambulante Durchführbarkeit.

Die Liste mit Ausnahmekriterien unter Ziffer II Anhang 1a KLV deckt mengenmässig den grössten Teil der relevanten Ausnahmefälle ab. Sie wurde ebenfalls unter Einbezug der betroffenen Akteure erarbeitet.

Für Informationen zu den Anträgen siehe Rubrik «Dokumente» unten.

Prüfverfahren der Versicherer

Die Definition des Prüfverfahrens liegt in der Verantwortung der Tarifpartner. Grundsätzlich ist dabei Folgendes zu beachten:

  • Bei einer stationären Durchführung sind die Kriterien entsprechend in der Krankengeschichte zu dokumentieren.
  • Der Leistungserbringer teilt dem Versicherer bei der stationären Durchführung eines gelisteten Eingriffs diese Kriterien mit.
  • Der Versicherer prüft, ob die Voraussetzungen für eine stationäre Durchführung erfüllt sind, das heisst, ob mindestens eines der gelisteten Kriterien erfüllt ist bzw. ob weitere Umstände dies rechtfertigen.
  • Die Prüfung der Versicherer kann grundsätzlich vor der Durchführung des Eingriffs (ex-ante) oder nach der Durchführung zusammen mit der Rechnungsprüfung (ex-post) erfolgen. Die Tarifpartner vereinbaren die Modalitäten.
  • Für Fälle, die ausserhalb der definierten Kriterien stationär erfolgen, ist in jedem Fall vorgängig eine Kostengutsprache beim Versicherer einzuholen.
  • Ein Teil der Kriterien entspricht etablierten Kodes, die von Spitälern bereits heute systematisch bei der Kodierung der stationären Fälle erfasst werden. Diese können bei der Rechnungsprüfung durch die Versicherer automatisch und einfach überprüft werden. Nicht kodier-bare Kriterien müssen dem Versicherer separat mitgeteilt werden.  

Verordnung über die Datenweitergabe

In Abstimmung mit der KLV-Regelung AvS wurde in der Verordnung über die Datensätze für die Datenweitergabe zwischen Leistungserbringern und Versicherern (SR 832.102.14) im medizinischen Datensatz die zusätzliche Variable «Begründung für stationären Aufenthalt» aufgenommen.

  • Die Variable bildet alpha-numerisch die in Ziffer II Anhang 1a der KLV festgelegten «Kriterien zugunsten einer stationären Durchführung» ab.
  • Die Variable kann im automatischen Datenaustausch zwischen Leistungserbringern und Versicherern verwendet werden (siehe auch FAQ, Frage 14).

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Medien

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Letzte Änderung 23.01.2024

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Kontakt

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