Um das Kostenwachstum im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zu dämpfen, setzt der Bundesrat ein Kostendämpfungsprogramm basierend auf einem Expertenbericht um. Damit sollen insbesondere die Prämien- und Steuerzahlenden entlastet werden.
Kostendämpfungsprogramm zur Entlastung der OKP
Ende März 2018 hat der Bundesrat ein Kostendämpfungsprogramm verabschiedet. Es stützt sich auf den Expertenbericht vom 24. August 2017 «Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung». Das Programm nimmt alle Akteure des Gesundheitswesens in die Verantwortung und soll dafür sorgen, dass die Kosten nur in dem Umfang steigen, wie sie medizinisch begründbar sind.
Massnahmen, die das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) bereits umgesetzt hat oder die sich in Umsetzung befinden, z.B: im Rahmen der Strategie «Gesundheit2020», werden weitergeführt. Die meisten neuen Massnahmen sollten geprüft und in zwei Paketen und Etappen umgesetzt werden.
Kostendämpfungspaket 1
Am 21. August 2019 hat der Bundesrat die Botschaft betreffend die Änderung des KVG (Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 1 ) verabschiedet. Das Paket umfasst insgesamt 9 Massnahmen mit Änderungen im KVG sowie analoge Massnahmen in den anderen Sozialversicherungszweigen. Der Gesetzesentwurf schlägt unter anderem die Einführung eines Experimentierartikels, welcher innovative und kostendämpfende Projekte ausserhalb des «normalen» Rahmens des KVG ermöglichen soll, vor. Zudem sollen die Rechnungskontrolle seitens Versicherer und Versicherte gestärkt werden und ein Referenzpreissystem für patentabgelaufene Arzneimittel sowie Regelungen im Bereich Tarife (z.B. Einführung einer nationalen Tariforganisation im ambulanten Bereich) und Kostensteuerung eingeführt werden. Nicht zuletzt beinhaltet die KVG-Änderung auch die Einführung eines Beschwerderechts der Versichererverbände im Zusammenhang mit den kantonalen Listen für Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime. Die Vorlage schlägt Massnahmen in allen grossen Kostenblöcken vor und soll deshalb deren Kostenentwicklung nachhaltig bremsen.
Die eidgenössischen Räte haben das erste Kostendämpfungspaket in zwei Pakete 1a und 1b aufgeteilt und das Paket 1a am 18. Juni 2021 verabschiedet. Drei Massnahmen aus Paket 1a sind per 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Es handelt sich dabei um die Massnahmen betreffend Rechnungskopie für die Versicherten, nationale Tariforganisation und maximale Bussenhöhe. Die weiteren drei Massnahmen sind noch auf Verordnungsstufe zu konkretisieren und werden voraussichtlich per 1. Januar 2023 in Kraft treten. Sie betreffen die Förderung von Pauschalen im ambulanten Bereich, die Datenbekanntgabe im ambulanten Tarifwesen und die Einführung von Pilotprojekten zur Eindämmung der Kostenentwicklung. Das Paket 1b befindet sich zurzeit in parlamentarischer Beratung.
Kostendämpfungspaket 2
Am 19. August 2020 beauftragte der Bundesrat das EDI, eine Vernehmlassung zum zweiten Rechtsetzungspaket (Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 2) des Kostendämpfungsprogramms durchzuführen. Dieses stellte den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)» der Mitte dar. Das Vernehmlassungsverfahren dauerte bis am 19. November 2020. Das Paket umfasste neun Massnahmen, die Änderungen der Bundesgesetze über die Krankenversicherung (KVG) und die Invalidenversicherung erfordern.
Im Zentrum des Pakets stand die Einführung einer Zielvorgabe für die Kostenentwicklung in der OKP.
Am 28. April 2021 hat der Bundesrat vom Vernehmlassungsbericht zu Paket 2 Kenntnis genommen und auf dessen Grundlage entschieden, dass der Vorschlag für eine Zielvorgabe aus dem Paket herausgelöst und alleine als indirekter Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative vorgelegt wird. Die Massnahmen des zweiten Kostendämpfungspakets wurden vor dem Hintergrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung nochmals vertieft überprüft.
Mit Paket 2 werden für sieben Massnahmen Änderungen des KVG vorgeschlagen:
Im Zentrum steht die Förderung der koordinierten Versorgung mit der Einführung von Netzwerken zur koordinierten Versorgung sowie die Stärkung der Kompetenzen des Bundes bezüglich der Vergütung medizinischer Leistungen, damit diese zukünftig kostengünstiger erbracht werden können. Dazu gehört eine Anpassung bezüglich einer differenzierten Prüfung der Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit nach Artikel 32 KVG, die Festigung der Rechtsgrundlagen für die Vereinbarung von (vertraulichen) Preismodellen und allfälligen Rückvergütungen sowie eine damit verbundene Einschränkung der Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung. Nicht zuletzt sollen die Kantone zukünftig faire Referenztarife für ausserkantonale stationäre Wahlbehandlungen festlegen und Leistungserbringer und Versicherer sollen verpflichtet werden, die Rechnungsübermittlung zukünftig elektronisch abzuwickeln. Auch wird die Regelung der von den Apothekerinnen und Apothekern zu Lasten der OKP durchführbaren Leistungen angepasst. Von den in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagenen neun Massnahmen wurden drei Massnahmen (Zielvorgabe, Erstberatungsstelle und Programme der Patientenversorgung) nicht beibehalten.
Vorgabe von Kostenzielen
Die Einführung einer Zielvorgabe stellt neu alleine den indirekten Gegenvorschlag dar.
Der Bundesrat hat am 10. November 2021 die entsprechende Änderung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Kostendämpfung – Vorgabe von Kostenzielen) als indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative verabschiedet. Der Vorschlag sieht die Einführung von Kostenzielen für das OKP-Wachstum vor. Die Kostenziele stärken die Transparenz über diejenige Kostenentwicklung, welche mit Blick auf Faktoren wie die demografische Entwicklung, die Entwicklung von Löhnen und Preisen, den medizinischen Fortschritt sowie das vorhandene Effizienzpotenzial als gerechtfertigt erscheint.
Expertengruppe Kostendämpfung
Ende 2016 hat das EDI eine Gruppe von 14 Expertinnen und Experten aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz mit medizinischem und gesundheitsökonomischen Hintergrund aus Forschung und Verwaltung eingesetzt. Ihr Auftrag war, nationale und internationale Erfahrungen zur Steuerung des Mengenwachstums auszuwerten und möglichst rasch umsetzbare kostendämpfende Massnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP vorzuschlagen. Im Vordergrund standen Deutschland und die Niederlande, die ähnliche Gesundheitssysteme haben. Sie wenden im stationären wie auch im ambulanten Bereich Steuerungsinstrumente bei den Budgets oder der Menge der zu erbringenden Leistungen an. Die Gruppe wurde geleitet von Verena Diener, Alt Ständerätin und Alt Regierungsrätin des Kantons Zürich.
Die Expertengruppe hat einen breiten 38 Massnahmen umfassenden Katalog ausgearbeitet. Sie hat Ende August 2017 ihren Bericht einstimmig verabschiedet und dem Vorsteher des EDI übergeben. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 25. Oktober 2017 vom Bericht Kenntnis genommen und das EDI beauftragt, einen Vorgehensvorschlag anhand folgender Leitlinien auszuarbeiten:
- Alle Akteure des Gesundheitswesens sollen dazu beitragen, das OKP-Kostenwachstum merkbar zu dämpfen.
- Auf Mengenausweitung ausgerichtete Anreize sind zu korrigieren.
- Die Tarifpartnerschaft ist aufrechtzuerhalten; führt sie nicht zu Ergebnissen, sollen vermehrt subsidiäre Kompetenzen des Bundes eingesetzt werden, damit sich die Gesundheitsversorgung zum Nutzen und zum Schutze der Patientinnen und Patienten weiterentwickelt.
- Alle Akteure schöpfen ihre Handlungsspielräume aus, um den medizinischen Fortschritt und die Innovation allen OKP-Versicherten zukommen zu lassen.
- Alle Akteure sind gehalten, Qualitätsdaten zu veröffentlichen und damit die Transparenz zu verbessern.
Bericht zur «Transparenzstrategie im Bereich der Gesundheitskosten- und Leistungen»
Als Antwort auf zwei Vorschläge des Expertenberichtes zur Kostendämpfung, beauftragte das Eidgenössische Departement des Innern Professor Ch. Lovis der Hôpitaux universitaires de Genève mit der Leitung einer Arbeitsgruppe, welche sich mit der Frage befasst, wie die Effizienz der Informationsbeschaffung verbessert und die Transparenz im Gesundheitswesen erhöht werden kann. Diese Überlegungen werden in dem unten verfügbaren Bericht vorgestellt.
Strategie Gesundheit2020 und Gesundheit2030
Der Bundesrat hat im Rahmen seiner Strategie «Gesundheit2020» bereits eine Reihe von Massnahmen eingeleitet und umgesetzt, welche die Gesundheitskosten um mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr gesenkt haben. Dazu gehört unter anderem die dreijährliche Überprüfung der Aufnahmebedingungen sämtlicher Arzneimittel, die in der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt sind. Mit der Nachfolgestrategie «Gesundheit2030» werden diese weitergeführt.
Steigende Kosten im Gesundheitswesen
Im Gesundheitswesen muss auch in Zukunft mit einem steten Kostenwachstum gerechnet werden. Gründe dafür sind die demographische Entwicklung (die Zahl der über 80-jährigen Menschen in der Schweiz wird sich bis 2045 mehr als verdoppeln) und die damit verbundene Zunahme an chronisch kranken Personen. Ein weiterer Faktor stellt der medizinisch-technologische Fortschritt und die damit einhergehende Zunahme an Behandlungsmöglichkeiten dar. Darüber hinaus ist die Kostenzunahme aber auch auf ein Mengenwachstum zurückzuführen, das sich medizinisch kaum begründen lässt. Hier sollen die Kostendämpfungsmassnahmen des Bundesrates ansetzen.
Dokumente
Medien
Zur Darstellung der Medienmitteilungen wird Java Script benötigt. Sollten Sie Java Script nicht aktivieren können oder wollen, dann haben sie mit unten stehendem Link die Möglichkeit auf die Seite News Service Bund zu gelangen und dort die Mitteilungen zu lesen.
Letzte Änderung 05.12.2022
Kontakt
Bundesamt für Gesundheit BAG
Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung
Abteilung Tarife und Grundlagen
Schwarzenburgstrasse 157
3003
Bern
Schweiz
Tel.
+41 58 462 37 23