Spitäler sind heute besser für die Organspende gerüstet als noch vor ein paar Jahren. Dies dank dem Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen» der 2021 nach acht Jahren abgeschlossen wurde. Das Fazit fällt weitgehend positiv aus.
«Mehr Organe für Transplantationen»: Unter diesem Titel hat der Bundesrat 2013 einen Aktionsplan lanciert. Zusammen mit den Kantonen hat er ein Massnahmenpaket geschnürt, um die Zahl der Organspenden in der Schweiz zu erhöhen. Der Aktionsplan wurde in zwei Etappen bis Ende 2021 durchgeführt. Für jede Etappe wurde ein Wirkungsmodell erarbeitet (siehe auf dieser Seite unter dem Register «Dokumente»). Als wichtigste Massnahmen wurden die Strukturen in den Spitälern besser auf eine Spende ausgerichtet und die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen gefördert. Darüber hinaus wurden die Ausbildung des Fachpersonals verbessert und die Finanzierung der relevanten Stellen sichergestellt.
Verlängerung mit Anpassungen
Der ursprünglich auf fünf Jahre angesetzte Aktionsplan zeigte positive Effekte: Spendeten 2013 noch 13.7 Personen pro Million Einwohnerinnen und Einwohner (pmp = per million people) nach dem Tod ihre Organe, so waren es Ende 2018 18.6. Auf dieser Basis wollte man weiter aufbauen: 2018 hat der «Dialog Nationale Gesundheitspolitik» von Bund und Kantonen den Aktionsplan um weitere drei Jahre bis 2021 verlängert. In dieser zweiten Phase wurden einzelne Massnahmen vertieft oder angepasst. Auch neue Themen fanden Eingang. So wurde beispielsweise ein in der Schweiz einheitlicher Prozess für die Organspende nach Kreislauf-Stillstand erarbeitet und eingeführt.
Mehr Spenden
Das Fazit des Aktionsplans fällt positiv aus. Obwohl das gesteckte Ziel von 22 pmp nicht erreicht wurde, konnte die Spenderate bis Ende 2021 weiter auf 19.1 pmp erhöht werden. Die eingeführten Massnahmen haben bewirkt, dass die Spitäler heute für Organspenden besser gerüstet sind. Die Hauptakteure des Organspendewesens der Schweiz sind von der Wichtigkeit eines gemeinsamen Programms überzeugt. Sie führen die Massnahmen auch nach Abschluss des Aktionsplans ab 2022 mit einem eigenen Masterplan weiter.
Die Schlussberichte zur ersten und zweiten Etappe des Aktionsplans sind unter dem Register «Dokumente» abrufbar.
Vier Handlungsfelder
Der Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen» umfasste vier Handlungsfelder, die in jeweils einem Teilprojekt umgesetzt wurden. Die ersten drei Teilprojekte leitete Swisstransplant und das/mit seinem Comité National du Don d'Organes (CNDO). Das vierte Teilprojekt leitete das BAG:
Eine Organspende stellt hohe Anforderungen an das Spitalpersonal. Deshalb braucht es eine entsprechende Ausbildung für die Betreuung möglicher Spenderinnen und Spender, für spezielle medizinische Vorbereitungen und für einen angemessenen Umgang mit den Angehörigen.
Mit dem Aktionsplan wurde eine obligatorische Ausbildung mit Zertifizierung für Fachpersonen eingeführt, die neben einem Theorieteil (E-Learning) auch einen Kommunikationskurs beinhaltet. Ende 2018 waren 80% der Fachpersonen zertifiziert. In Zukunft sollen die Themen Organspende und Hirntod auch in den Lernzielkatalog der medizinischen Fakultäten der Schweiz integriert werden.
Bei einer Organspende arbeiten verschiedene Akteure zusammen. Sie tun dies meist unter Zeitdruck und über Kantons- und Sprachgrenzen hinweg. In diesem Handlungsfeld spürt der Aktionsplan Lücken im Prozess auf, die den Ablauf hemmen, und führt gezielt Verbesserungen ein.
Eine wichtige Qualitätserhebung wurde bereits vor dem Aktionsplan mit der Studie «Swiss Monitoring of Potential Donors» eingeführt (siehe auch im Kasten «Wie kam es zum Aktionsplan?»). Mit dem Aktionsplan wurde die Datenerfassungen weiter optimiert und auch auf die Notfallstationen ausgeweitet. Dank Erkenntnissen aus der Studie wurden einheitliche Instrumente und Abläufe eingeführt. Bis 2021 will man auch für die Organspende nach Tod infolge einer sekundären Hirnschädigung nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand und für die Spende von Gewebe einheitliche Abläufe erarbeiten und schweizweit umsetzen. Darüber hinaus sollen die Rahmenbedingungen für das Angehörigengespräch überprüft und optimiert werden. Eine strukturierte Befragung von Angehörigen soll wichtige Erkenntnisse dazu liefern.
Damit eine Organspende durchgeführt werden kann, muss ein Spital einerseits Intensivbetten zur Verfügung stellen und andererseits Personal für die Spendearbeit (Betreuung, Koordination) einsetzen. Das ist mit Aufwand und Kosten verbunden. Vor Einführung des Aktionsplans wurden diese Aufgaben von den Kantonen sehr unterschiedlich finanziert. Daher standen nicht überall die benötigten Ressourcen zur Verfügung.
Der Aktionsplan strebte hier eine Vereinheitlichung an, damit Organspenden nicht an fehlenden Kapazitäten scheitern. Durch einen Leistungsvertrag zwischen dem Verband H+ die Spitäler der Schweiz und dem Schweizerischen Verband für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherer (SVK) werden die lokalen Koordinationspersonen seit Mitte 2016 zweckgebunden finanziert. Damit sind neu genügend Ressourcen für die Spendearbeit verfügbar und die Strukturen sind nachhaltig finanziert. Zudem hat sich der Austausch unter den Fachpersonen verbessert. Bis Ende 2021 sollen die Strukturen weiterhin regelmässig auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Eine Organspende ist nur möglich, wenn entweder die verstorbene Person zu Lebzeiten zugestimmt hat oder die Angehörigen stellvertretend zustimmen. Weil aber viele ihren Willen weder geäussert, noch festgehalten haben oder Angehörige den Entscheid nicht kennen, muss diese Frage mit den Angehörigen erörtert werden. Dies kann für Angehörige sehr belastend sein.
Hier setzt der Aktionsplan mit einer Kampagne zur Bevölkerungsinformation an. Ziel der Kampagne ist, dass über Organspende geredet wird und der Entscheid immer auch den Angehörigen mitgeteilt wird. Die Kampagne vermittelt Wissen und regt gezielt zum Gespräch an. Die Wirkungsmessung zeigt: Eine grosse Mehrheit der Befragten findet die Kampagne sinnvoll. Zudem haben 66% der Befragten eine positive Einstellung zur Organspende geäussert. Seit dem Start der Kampagne im Jahr 2016 wurden über 400 000 Organspendekarten bestellt.
Die Informationskampagne ab 2019 fokussiert auf jene Personen, die bisher ihren Willen noch nicht festgehalten oder mitgeteilt haben. Sie sollen motiviert werden, dies ihren Angehörigen zuliebe nachzuholen. Informationen zu den Möglichkeiten der Willensäusserung finden Sie unter dem folgenden Link:
Projektorganisation
Der Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen» stand unter dem Patronat des «Dialogs Nationale Gesundheitspolitik», der ständigen Plattform von Bund und Kantonen. Die Gesamtprojektleitung lag beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), das auch die Koordinationsstelle war. Zwei Gremien haben das Projekt begleitet: Ein Steuerungsgremium mit Entscheidkompetenz und ein Begleitgremium für die fachliche Beratung.
Ab der zweiten Etappe gab es eine Neuerung in der Projektorganisation: Neu nahmen alle Netzwerkleitenden Einsitz in das Steuerungsgremium. Auf das Begleitgremium wurde verzichtet, da der Bedarf an strategischer und beratender Unterstützung in dieser Phase gering war. Die Organigramme mit den beteiligten Akteuren finden Sie auf dieser Seite im Register «Dokumente».
Wie kam es zum Aktionsplan?
Die Rate der Organspenden durch Verstorbene lag in der Schweiz auch nach Einführung des Transplantationsgesetzes im Jahre 2007 lange auf tiefem Niveau, verglichen mit vielen Nachbarländern. Die Gründe dafür wurden mit verschiedenen Mitteln untersucht. Vor allem die Ergebnisse aus den folgenden Untersuchungen flossen in die Ausgestaltung des Aktionsplans ein:
Die formative Evaluation zum Vollzug des Transplantationsgesetzes basiert auf Daten, die zwischen Oktober 2007 und September 2009 erhoben wurden (siehe «Links»). Die Auswertung der Daten deutete darauf hin, dass das Potenzial an Spenderinnen und Spendern in der Schweiz nicht optimal ausgeschöpft wird. Dies führte auf Initiative des BAG zur Studie «Swiss Monitoring of Potential Donors».
Die Studie «Swiss Monitoring of Potential Donors» (siehe unter «Dokumente» den SwissPOD-Studienbericht) ist eine prospektive Kohortenstudie, die 2013 publiziert wurde. Die Datenerfassung läuft weiter und dient als Grundlage für permanente Optimierungen. Die Kernaussagen der Studie waren:
- Neben guten organisatorischen und strukturellen Ansätzen gibt es in der Schweiz zahlreiche Lücken im Organspendeprozess. Gemäss der Studie gehen 66% der potenziellen Spenderinnen und Spender verloren, weil diese nicht als solche erkannt werden oder weil sie mangels Personal und/oder Betten gar nicht betreut werden können.
- Im Vergleich mit dem Ausland lehnen überdurchschnittlich viele Angehörige eine Spende ab. Zudem bestehen innerhalb der Schweiz grosse regionale Unterschiede auf organisatorischer Ebene.
- Die Schweiz hat theoretisch ein Potenzial von 290 Spenderinnen und Spendern pro Jahr (dies entspricht einer Spenderate von 36.5 Spenderinnen und Spender pro Million Einwohnerinnen und Einwohner).
2013 stellte der Bundesrat einen Postulatsbericht vor (siehe unter «Dokumente» den Bericht in Erfüllung der Postulate Gutzwiller [10.3703], Amherd [10.3701] und Favre [10.3711]). Darin prüfte er im Auftrag des Parlaments verschiedene Massnahmen, die zu einer Erhöhung der Anzahl verfügbarer Organe führen könnten. Diese Analyse der Situation anhand wissenschaftlicher Literatur und anhand der Erfahrungen in anderen Ländern führte direkt zur Empfehlung verschiedener Massnahmen und damit zum Aktionsplan.
Links
Evaluation des Transplantationsgesetzes
Dialog Nationale Gesundheitspolitik – ständige Plattform von Bund und Kantonen
Massnahmen für mehr Organe für Transplantationen
Kennzahlen zur Transplantationsmedizin
Dokumente
Schlussbericht Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen» 2013 – 2018 (PDF, 481 kB, 21.10.2019)
Wirkungsmodell
Projektorganisation
Bericht in Erfüllung der Postulate Gutzwiller (10.3703), Amherd (10.3701) und Favre (10.3711) (PDF, 4 MB, 08.03.2013)Prüfung von Massnahmen zur Erhöhung der Anzahl verfügbarer Organe zu Transplantationszwecken in der Schweiz
SwissPOD-Studienbericht (PDF, 2 MB, 14.01.2013)Unterschiedliche Organspenderaten in der Schweiz: Eine prospektive Kohortenstudie zu potenziellen Spendern (SwissPOD)
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Letzte Änderung 16.09.2024
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