Sie sind strategischer Analytiker beim Bundesamt für Polizei fedpol. Was genau ist Ihre Aufgabe?
Nach amerikanischem Vorbild unterscheiden wir im polizeilichen Kontext grob zwischen «operational intelligence» - also die Aufbereitung von Informationen, welche primär der Verfolgung der Täterschaft dienen - und der «strategic intelligence». Deren übergeordnetes Ziel ist die Erstellung von Lageberichten und Entscheidungsgrundlagen für das Management und die Politik. Der Fokus richtet sich dabei nicht nur auf das aktuelle Geschehen, sondern auch auf die Zukunft, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Als strategischer Analytiker bei fedpol wirke ich einerseits im Bearbeitungsprozess von politischen Vorstössen mit, andererseits betätige ich mich im Sinne der «strategic intelligence» im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität.
Was haben Sie vorher gemacht, bzw. was hat Sie zu fedpol geführt?
Mich faszinieren Themen der Strafverfolgung und Sicherheit. Dabei interessiert mich die taktische, praktische und handwerkliche Seite ebenso wie einschlägige universitäre Disziplinen. Diesen vielfältigen Interessen bin ich vor fedpol mit meiner Arbeit als Polizist und meinem Studium der Rechtswissenschaften nachgegangen.
Was ist Ihnen im Bereich Sucht/Drogen wichtig?
Der Handel mit illegalen Betäubungsmitteln ist für kriminelle Organisationen ein äusserst lukratives Geschäft. Es ist davon auszugehen, dass auch Terrornetzwerke ihre Vorhaben auf diese Weise finanzieren. Aus einer polizeilichen Sicht ist diesem Umstand angemessen Rechnung zu tragen. Die Verfolgung der einflussreichen Akteure ist ein wichtiger Faktor nicht nur für die nationale Sicherheit.
Auf Stufe der Konsumenten ist jedoch ein ausschliesslich repressiver Ansatz nicht zielführend. Hier steht meines Erachtens die Ergründung der Ursachen für Substanzmissbrauch und Sucht im Vordergrund, welche auf biopsychischer und sozialer Ebene zu finden sind. Um dort ansetzen zu können ist eine vernetzte und interdisziplinäre Arbeitsweise gefragt, welche im «Massnahmenplan zur nationalen Strategie Sucht» gut zur Geltung kommt. Das Spannungsfeld zwischen Repression und Prävention ist im Bereich der Drogen ausgeprägt. Aus diesem Grund erachte ich den Dialog, das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit der entsprechenden Vertreter als gewinnbringend. Ein gutes Beispiel solcher Kooperation erlebte ich in Bern, wo die Spezialeinheit für Betäubungsmittelkriminalität «Krokus» der Kantonspolizei Bern einen regelmässigen Austausch mit der Kontakt- und Anlaufstelle in der Hodlerstrasse pflegt.
Bei meiner Arbeit als Polizist konnte ich Zeuge davon werden, was die Sucht mit Menschen anrichten kann, und was gewisse Substanzen für verheerende Auswirkungen haben. Das Potenzial für menschliches Leid ist enorm, und ich hoffe, wir können mit unserer Zusammenarbeit eine Verbesserung der Situation erwirken.
Was bestimmt ihr Leben neben der Verwaltungs- und Polizeiarbeit?
Den Ausgleich suche ich vorwiegend im Kraft- und Kampfsport und in der kreativen Betätigung in Form von Fotografie, Bildbearbeitung und Kochen. In Trainingsveranstaltungen des Vereins für Verteidigungsschiessen mit taktischer Verwundetenversorgung verfolge ich weiterhin mein Interesse am handwerklichen Aspekt des Sicherheitsbereichs. Neben der Pflege meines sozialen Netzwerkes erhole ich mich bei der Lektüre von Büchern, in der Luft mit dem Gleitschirm oder beim Konsum von Serien und Filmen. Narcos auf Netflix ist übrigens sehr empfehlenswert.