Die IGV (2005) regeln die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zur Eindämmung von Ereignissen (natürlich, beabsichtigt und durch Unfälle herbeigeführt), welche eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen (Infektionskrankheiten, biologische oder chemische Wirkstoffe, ionisierende Strahlung). Sie sind das Regelwerk zur Feststellung einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite (Public Health Emergency of International Concern – PHEIC) durch die WHO. Ein Hauptziel der IGV ist, die weltweite Verbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern, ohne den Personen- und Güterverkehr unnötig einzuschränken.
Weltweites Inkrafttreten und Umsetzung in der Schweiz
Die 2005 revidierten IGV sind am 15. Juni 2007 auf internationaler Ebene in Kraft getreten. Der Bundesrat hat sie vorbehaltlos genehmigt und die Abteilung Übertragbare Krankheiten des BAG als IGV-Kontaktstelle eingesetzt. Seit 2016 berücksichtigt das Epidemiengesetz die IGV (2005) und regelt deren Umsetzung in der Schweiz.
Anpassungen der IGV (2005)
Am 1. Juni 2024 hat die Weltgesundheitsversammlung (WHA) die Anpassungen der IGV (2005) im Konsens verabschiedet. Die Schweiz hat sich aktiv an den Diskussionen und Verhandlungen zu den Anpassungen der IGV (2005) beteiligt und ihre Interessen gezielt eingebracht. Die Anpassungen wurden durch die Working Group on Amendments to the IHR (WGIHR) verhandelt, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern der 196 Vertragsstaaten der IGV zusammensetzte. Alle mit diesem Prozess verbundenen offiziellen Dokumente sind auf der Website der WHO zu finden.
Die WHO hat die verabschiedeten Anpassungen den Vertragsstaaten am 19. September 2024 offiziell notifiziert. Die Anpassungen sind zurzeit in den 6 offiziellen Sprachen der UNO verfügbar (Französisch, Englisch, Spanisch, Arabisch, Chinesisch und Russisch). Die Übersetzungen in Deutsch und Italienisch sind in Erarbeitung.
Zu den Ergebnissen aus den Verhandlungen zählen unter anderem die Stärkung der Kernkapazitäten in der Prävention, Bereitschaft und Reaktion auf gesundheitliche Notlagen, die Etablierung einer zusätzlichen Warnstufe, ein verbesserter Austausch zwischen den Vertragsstaaten und der WHO, sowie die Stärkung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit.
Die Annahme der Anpassungen durch die WHA bindet die Schweiz noch nicht daran. Die Schweiz wird nun nach den geltenden nationalen Verfahren und gemäss den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen entscheiden, ob sie diese Anpassungen gutheissen oder ablehnen will.
Der Bundesrat führte vom 13. November 2024 bis zum 27. Februar 2025 eine Vernehmlassung zu den Anpassungen der IGV durch, um dem grossen öffentlichen Interesse an diesem Thema Rechnung zu tragen. Eine Vernehmlassung wurde auch bei der Totalrevision der IGV im Jahr 2005 durchgeführt.
Die Schweiz wird auch in Zukunft souverän über die eigene Gesundheitspolitik sowie über allfällige Massnahmen im Falle einer «gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite (PHEIC)» sowie im Pandemiefall entscheiden.
Die Grundrechte in der Schweiz sind durch die Bundesverfassung und das Völkerrecht - insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention- jederzeit geschützt. Die Schweiz schliesst keine Staatsverträge ab, die gegen diese Grundrechte verstossen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Die IGV regeln die Zusammenarbeit zur Eindämmung von grenzüberschreitenden Krankheiten. Dabei geht es zum Beispiel um Überwachungs- und Meldesysteme für übertragbare Krankheiten. Das IGV-Regelwerk gibt es seit 1951. Es wurde seither mehrmals überarbeitet, letztmals 2005.
Die Kernkompetenzen der IGV (2005) beschreiben die grundlegenden Kapazitäten, über die Länder im Bereich der öffentlichen Gesundheit verfügen sollen, um auf gesundheitliche Notlagen reagieren zu können. Die Schweiz ist aber frei, die Kernkompetenzen gemäss ihren nationalen rechtlichen Vorgaben umzusetzen.
Grundrechte wie die Meinungsäusserungsfreiheit sind in der Schweiz durch die Bundesverfassung und das Völkerrecht – insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention – jederzeit geschützt. Die Schweiz schliesst keine Staatsverträge ab, die gegen diese Grundrechte verstossen.
Mit den Anpassungen will man künftig noch besser auf Krankheitsausbrüche reagieren können. So soll die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der WHO gestärkt werden. Die Staaten sollen bei der Untersuchung unklarer Krankheitsausbrüche durch die WHO besser unterstützt werden. Weiter soll das Teilen von Informationen über bedrohliche Ereignisse durch die WHO verbessert werden.
Das BAG hat zusammen mit allen betroffenen Bundesstellen die Auswirkungen der Anpassungen auf die Schweiz sorgfältig analysiert und dabei festgestellt, dass die Schweiz bereits über die nötigen Kapazitäten zur Prävention, Vorbereitung und Reaktion auf gesundheitliche Notlagen verfügt, wie sie in den angepassten IGV definiert sind. Es sind keine Gesetzesänderungen notwendig, um die Anpassungen der IGV in der Schweiz umzusetzen.
Die Verpflichtungen, welche sich aus den Anpassungen ergeben, können im Rahmen der bestehenden Strukturen und Ressourcen erfüllt werden.
Gemäss den bestehenden IGV (2005) muss jeder Vertragsstaat in der Lage sein, die grenzüberschreitende Ausbreitung von Krankheiten zu verhüten, sie zu bekämpfen und dagegen Gesundheitsschutzmassnahmen einzuleiten. Es ist dabei wichtig festzuhalten, dass es den einzelnen Ländern wie der Schweiz überlassen ist, wie sie diese Kapazitäten in ihrem nationalen Kontext konkret umsetzen. Die verabschiedeten Anpassungen sehen Ergänzungen dieser Kapazitäten vor. Sie betreffen unter anderem die folgenden Punkte:
- Auf der lokalen Ebene (in der Schweiz sind dies die Gemeinden) soll - vorbehaltlich der nationalen Organisation des Gesundheitssystems und unter Berücksichtigung der bestehenden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Gemeinden - der Zugang zu den notwendigen Gesundheitsdiensten erleichtert werden, um auf Gefahren für die öffentliche Gesundheit reagieren zu können.
- Die mittlere Ebene (in der Schweiz sind dies die Kantone) soll sich mit den Gemeinden koordinieren können und in der Lage sein, diese dabei zu unterstützen, Bekämpfungsmassnahmen umzusetzen.
- Auf der nationalen Ebene sollen die Staaten über die notwendigen Kapazitäten verfügen, um den Zugang zu öffentlichen Gesundheitsdiensten und Heilmitteln sicherzustellen, die für die Bekämpfung von Krankheiten notwendig sind. Weiter sollen sie beispielsweise Leitlinien für die Infektionsprävention und -kontrolle erarbeiten. Dies ist in der Schweiz im Rahmen des Epidemiengesetzes bereits der Fall.
Das BAG hat zusammen mit allen betroffenen Bundesstellen die Anpassungen geprüft und festgestellt, dass die Verpflichtungen, die aus den Anpassungen der IGV resultieren, in der Schweiz bereits umgesetzt werden, oder im Rahmen der bestehenden Strukturen und Ressourcen erfüllt werden können. Es sind keine Gesetzänderungen notwendig.
Die WHO kann schon heute, wie sie dies in der COVID-Pandemie getan hat, Empfehlungen an ihre Mitgliedstaaten aussprechen, auch betreffend Massnahmen zur Bekämpfung einer Pandemie. Diese sind für die Mitgliedstaaten jedoch nicht rechtsverbindlich.
Die WHO kann den einzelnen Staaten keine Vorschriften machen, welche Massnahmen sie in einer Pandemie zu ergreifen hätten. Die Verantwortung für die Gesundheitspolitik bleibt bei den Mitgliedsstaaten. Die Schweiz wird auch in Zukunft souverän über die eigene Gesundheitspolitik und Massnahmen im Pandemiefall entscheiden.
Eine Impfpflicht ist im Zusammenhang mit den Anpassungen der IGV kein Thema. Die WHO kann schon heute, wie sie dies in der Covid-19-Pandemie getan hat, Empfehlungen an ihre Mitgliedstaaten aussprechen, auch zu Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Diese sind jedoch nicht rechtsverbindlich.
Die Ausrufung einer übertragbaren Krankheit als Pandemie durch die WHO folgt den Kriterien einer «gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite», die in den IGV festgehalten sind.
Gemäss dem geltenden Epidemiengesetz hat die Feststellung einer solchen Notlage durch die WHO nicht automatisch zur Folge, dass in der Schweiz eine besondere Lage gilt. Ein Beispiel hierfür ist die Zikavirus-Epidemie 2015-2016, bei der in der Schweiz keine besondere Lage ausgerufen wurde. Für die besondere Lage in der Schweiz braucht es immer eine Beurteilung der Gefährdungssituation in der Schweiz, die der Bundesrat vornimmt.
Der Bundesrat ist nicht verpflichtet, die Empfehlungen der WHO umzusetzen und bleibt also souverän bei der Beurteilung der Situation auf nationaler Ebene.
Es handelt sich um zwei unterschiedliche Prozesse und Instrumente, die die Mitgliedstaaten der WHO besprechen.
Die Verhandlungen zu den Anpassungen der IGV sind abgeschlossen. Dabei geht es um technische Anpassungen an einem bereits bestehenden Vertrag, den die Schweiz seit den 50er-Jahren anwendet, um die Verbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern.
Im Gegensatz dazu handelt es sich beim WHO-Pandemieabkommen um eine neue Vereinbarung, die die internationale Zusammenarbeit in der Pandemievorbereitung und -Bewältigung stärken soll. Diese Verhandlungen haben die Mitgliedstaaten der WHO noch nicht abgeschlossen.
Letzte Änderung 06.03.2025
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