Die Prämien-Entlastungs-Initiative fordert, dass die Versicherten höchstens 10 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Prämien aufwenden müssen. Die Initiative wurde im Januar 2020 eingereicht. Bundesrat und Parlament empfehlen die Ablehnung der Initiative. Für sie ist die Initiative mit Mehrkosten in Milliardenhöhe zu teuer und ihr fehlt ein Anreiz zur Dämpfung der Gesundheitskosten. Deshalb haben Bundesrat und Parlament einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet.
Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)»
Abstimmungsresultate vom 9. Juni 2024
Am 9. Juni 2024 haben Volk und Stände die Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» mit 55.47 Prozent abgelehnt.
Damit kann der Bundesrat den indirekten Gegenvorschlag in Kraft setzen, sofern dagegen nicht innert 100 Tagen das Referendum ergriffen wird und zustande kommt.
Der Bundesrat wird auf Basis des Gegenvorschlags die Ausführungsbestimmungen formulieren. Er will die Kantone dabei früh einbeziehen.
Der Gegenvorschlag legt fest, dass jeder Kanton jährlich einen Mindestbeitrag für die Prämienverbilligung bereitstellen muss.
In den Ausführungsbestimmungen wird geregelt, wie dieser Mindestbeitrag berechnet werden soll. Massgebend sind dabei die Einkommen der 40 Prozent einkommensschwächsten Personen im Kanton.
Die Kantone müssen zudem für ihre Bevölkerung festlegen, welchen Anteil die Prämie am verfügbaren Einkommen maximal ausmachen darf.
Die obligatorische Krankenversicherung
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) – auch Grundversicherung genannt – bietet seit 1996 allen Versicherten Zugang zu denselben Leistungen. Die OKP wird weitgehend über Prämien finanziert. Alle Versicherten bezahlen unabhängig von ihrem Einkommen eine Prämie. Die Höhe der Prämien ist je nach Kanton unterschiedlich, weil die Krankenkassen die Prämien so festlegen müssen, dass sie die kantonalen Kosten decken. Zudem beteiligen sich die Versicherten an den Behandlungskosten durch Franchise, Selbstbehalt und Spitalkostenbeitrag.
Prämienverbilligung
Der Kanton ist verpflichtet, die Prämien der Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen zu verbilligen. Er erhält dazu vom Bund einen Beitrag. Er entscheidet im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben, wem er die Prämie wie stark verbilligt. Im Jahr 2022 erhielt rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung eine Prämienverbilligung. Das sind 2,3 Millionen Personen. Die Prämienverbilligung wird von Bund und Kanton über Steuergelder finanziert.
Was will die Initiative?
Die Kosten im Gesundheitswesen sind in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen und damit auch die Krankenkassenprämien. Gleichzeitig sind Löhne und Renten kaum gestiegen. Die Prämien-Entlastungs-Initiative fordert, dass die von den Versicherten zu übernehmenden Prämien höchstens 10 Prozent ihres verfügbaren Einkommens betragen. Die Prämienverbilligungen müssten zu mindestens zwei Dritteln vom Bund und für den Rest von den Kantonen finanziert werden. Wie das verfügbare Einkommen bestimmt wird und welche Prämie für die Berechnung massgebend ist, müsste das Parlament bei der Umsetzung der Initiative bestimmen.
Finanzielle Auswirkungen der Initiative
Würde die Volksinitiative angenommen werden, müssten der Bund und die Kantone die Prämien um mehrere Milliarden Franken zusätzlich verbilligen. Das BAG hat geschätzt, dass die Initiative bei Bund und Kantonen zu jährlichen Mehrausgaben in der Höhe von 3,5 bis 5 Milliarden Franken führen könnte. Diese Mehrkosten müssten etwa mit Steuererhöhungen oder mit Sparmassnahmen in anderen Bereichen finanziert werden. Um wie viel genau, hängt stark davon ab, wie das Parlament die Initiative umsetzen würde. Dies betrifft vor allem zwei Punkte. Das Parlament müsste definieren, wie das verfügbare Einkommen bestimmt wird. Zudem müsste es definieren, welche Prämie für die Berechnung der Prämienverbilligung massgebend ist.
Wie viele Menschen zusätzlich von der Prämienverbilligung bei Annahme der Initiative profitieren würden, hängt ebenfalls von deren Umsetzung durch das Parlament ab. Weil die einkommensschwächsten Versicherten bereits heute eine Verbilligung erhalten, würden sie kaum zusätzlich entlastet. Andere Versicherte, die mehr als 10 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Prämie ausgeben, würden mit der Initiative entlastet.
Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament
Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab und haben dafür einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet.
Fragen und Antworten
Wahrscheinlich ja. Sowohl mit der Initiative als auch mit dem Gegenvorschlag werden die Beitragssummen erhöht. Nach Schätzungen des BAG hätten mit dem Gegenvorschlag die zusätzlichen Kosten für die Kantone im Jahr 2020 mindestens 360 Millionen Franken betragen.
Bei Annahme der Initiative hätten sich die zusätzlichen Kosten für Bund und Kantone im Jahr 2020 auf mehrere Milliarden Franken belaufen. Mit der Initiative hätten Bund und Kantone mehr bezahlen müssen.
Mit dem Gegenvorschlag wären die Kantone verpflichtet, ihren Anteil zu erhöhen, wenn die Gesundheitskosten steigen, was heute nicht der Fall ist.
a) Das hängt vom Einkommen der Person und vor allem von der vom Gesetzgeber bevorzugten Definition des «verfügbaren Einkommens» und der Prämie bei der Umsetzung dieser Initiative ab. Die Initianten gehen davon aus, dass mit Prämien, die 10 Prozent des Einkommens nicht übersteigen dürfen, mehr Versicherte Anspruch auf Beiträge haben. Je nach Definition des verfügbaren Einkommens und der Prämie könnten mehr Versicherte Beiträge erhalten.
b) Manche Kantone erfüllen die Anforderungen des Gegenvorschlags bereits. Wenn der Gegenvorschlag in Kraft tritt, müssen die Kantone, welche die Anforderungen nicht erfüllen, ihre Beiträge erhöhen. Sie können selbst entscheiden, ob sie die Beiträge für Versicherte heraufsetzen, die bereits Teilbeiträge erhalten, und/oder ob sie Beiträge an Versicherte entrichten, die noch keine bekommen.
a) Wird die Initiative angenommen, müssen Bund und Kantone die zusätzlichen Beiträge finanzieren. Sie können dazu beispielsweise die Steuern erhöhen oder Sparmassnahmen treffen.
b) Tritt der Gegenvorschlag in Kraft, müssen die Kantone, welche die entsprechenden Anforderungen noch nicht erfüllen, ihre Beiträge heraufsetzen. Sie können dazu beispielsweise die Steuern erhöhen oder Sparmassnahmen treffen.
a) Wird die Initiative angenommen, muss der Gesetzgeber dies im Gesetz festlegen. Dabei muss er das verfügbare Einkommen und die massgebende Krankenversicherungsprämie (Durchschnitt, Standard usw.) definieren. Für das verfügbare Einkommen wurde als Projektionsgrundlage das steuerbare Einkommen nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer mit bestimmten Abzügen herangezogen. Zudem wurden gewisse Annahmen getroffen, zum Beispiel, dass ein Teil des Vermögens als Einkommen angerechnet wird.
b) Tritt der Gegenvorschlag in Kraft, entscheiden die Kantone, die ihre Beiträge erhöhen, ob sie das beitragsberechtigte Einkommen ändern und/oder ob sie Versicherten mit bereits beitragsberechtigtem Einkommen höhere Beiträge gewähren.
a) Wird die Initiative angenommen, arbeitet der Bundesrat einen Gesetzesentwurf aus, den er den Kantonen, Parteien und interessierten Kreisen zur Vernehmlassung unterbreitet. Aufgrund dieser Vernehmlassung überweist er dann dem Parlament eine Botschaft zu seinem Entwurf, um die Initiative umzusetzen. Die Beratungen im Parlament können mehrere Jahre dauern.
Gemäss Initiativtext gilt: Ist die Ausführungsgesetzgebung drei Jahre nach Annahme der Initiative durch Volk und Stände noch nicht in Kraft getreten, erlässt der Bundesrat auf diesen Zeitpunkt hin die Ausführungsbestimmungen vorübergehend auf dem Verordnungsweg.
b) Wird die Initiative abgelehnt, beginnt die dreimonatige Referendumsfrist für den Gegenvorschlag zu laufen. Kommt das Referendum nicht zustande, kann der Bundesrat den Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Gegenvorschlags und der Verordnungsbestimmungen zu dessen Umsetzung in die Vernehmlassung schicken. Auf dieser Grundlage entscheidet der Bundesrat über die Inkraftsetzung und die Verordnungsbestimmungen.
Für die Waadtländer Versicherten kann sich vor allem das Finanzierungssystem ändern.
a) Wird die Initiative angenommen, schlägt der Bundesrat gesetzliche Bestimmungen vor, über die das Parlament entscheidet. Diese können von den aktuellen Bestimmungen im Kanton Waadt abweichen.
a) Wird die Initiative abgelehnt, beginnt die dreimonatige Referendumsfrist für den Gegenvorschlag zu laufen. Kommt das Referendum nicht zustande, kann der Bundesrat den Gegenvorschlag in Kraft setzen. Der Kanton Waadt erfüllt derzeit die Anforderungen des Gegenvorschlags.
Letzte Änderung 28.11.2024
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