In der Schweiz dürfen einer verstorbenen Person nur dann Organe, Gewebe oder Zellen entnommen werden, wenn das Einverständnis dazu gegeben wurde (Zustimmungslösung). In vielen anderen Ländern gilt die Widerspruchslösung, bei der ein Schweigen als Zustimmung gewertet wird.
Das Transplantationsgesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, verstorbenen Personen Organe, Gewebe oder Zellen zu entnehmen. In der Schweiz gilt demnach die erweiterte Zustimmungslösung (Transplantationsgesetz, Artikel 8).
Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag
Am 22. März 2019 wurde eine Volksinitiative eingereicht, die in der Schweiz die Widerspruchslösung einführen will. Der Bundesrat hat am 13. September 2019 einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative verabschiedet. Wie die Initianten will auch der Bundesrat die Widerspruchslösung einführen. Er will diese aber im Gesetz verankern und gleichzeitig die Rechte der Angehörigen wahren. Diese sollen weiterhin den Willen der verstorbenen Person einbringen können. Details zum Stand des Geschäfts finden Sie unter:
Modelle der Willensäusserung
Die Zustimmungslösung – aktives Einverständnis der betroffenen Person oder der Angehörigen
Bei der Zustimmungslösung dürfen einer verstorbenen Person nur dann Organe, Gewebe oder Zellen entnommen werden, wenn explizit das Einverständnis dazu gegeben wurde:
- Nach der engen Zustimmungslösung ist die Entnahme von Organen, Geweben und Zellen nur dann zulässig, wenn die verstorbene Person dieser zu Lebzeiten zugestimmt hat. Liegt keine Zustimmung zu einer Entnahme vor, so wird dies wie eine Ablehnung gewertet. Ohne Zustimmung der spendenden Person ist somit eine Entnahme unzulässig.
- Nach der erweiterten Zustimmungslösung wird eine fehlenden Erklärung der verstorbenen Person weder als Ablehnung noch als Zustimmung gewertet, sondern lediglich als Nichterklärung. Deshalb werden in diesem Fall die nächsten Angehörigen angefragt. Diese müssen den mutmasslichen Willen der verstorbenen Person berücksichtigen. Wenn die nächsten Angehörigen einer Entnahme zustimmen, so ist diese zulässig. Der Wille der verstorbenen Person hat aber – falls er vorliegt – in jedem Fall Vorrang gegenüber demjenigen der nächsten Angehörigen.
Die Widerspruchslösung – nur ein expliziter Widerspruch verhindert eine Entnahme
Bei der Widerspruchslösung wird ein Schweigen als Zustimmung gewertet. Man unterscheidet zwei Varianten:
- Nach der engen Widerspruchslösung dürfen Organe, Gewebe oder Zellen einer verstorbenen Person entnommen werden, wenn sich diese zu Lebzeiten nicht gegen einen solchen Eingriff ausgesprochen hat. Das Wesensmerkmal dieses Modells liegt somit darin, dass das Fehlen eines Widerspruchs wie eine Einwilligung in eine Organentnahme behandelt wird.
- Von der erweiterten Widerspruchslösung spricht man, wenn auch den nächsten Angehörigen ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird. Die Angehörigen müssen den mutmasslichen Willen der verstorbenen Person berücksichtigen.
Dokumente
Bericht in Erfüllung der Postulate Gutzwiller (10.3703), Amherd (10.3701) und Favre (10.3711) (PDF, 4 MB, 08.03.2013)Prüfung von Massnahmen zur Erhöhung der Anzahl verfügbarer Organe zu Transplantationszwecken in der Schweiz
Ethische Erwägungen der NEK zur Widerspruchslösung (PDF, 210 kB, 25.10.2012)Stellungnahme Nr. 19/2012
Letzte Änderung 12.09.2019
Kontakt
Bundesamt für Gesundheit BAG
Abteilung Biomedizin
Sektion Transplantation
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