Als Spenderin oder Spender kommen für gewisse Organe auch lebende Personen in Frage. In diesem Fall spricht man von einer Lebendspende. Wer eine Lebendspende in Betracht zieht, muss über den Ablauf und die Risiken informiert werden.
Bei einer Lebendspende wird einer Spenderin oder einem Spender in einer Operation unter Vollnarkose ein Organ oder ein Teil eines Organs entnommen. Anschliessend wird das Organ in einer weiteren Operation der Empfängerin oder dem Empfänger transplantiert. Die häufigste Lebendspende ist die Spende der Niere.
Zu Lebzeiten kann eine gesunde Person eine ihrer beiden Nieren spenden. Dies ist die häufigste Lebendspende. In den letzten Jahren stammte rund ein Drittel aller transplantierten Nieren in der Schweiz von Lebendspenderinnen und Lebendspendern. Zwei Drittel stammten von verstorbenen Spenderinnen und Spendern (Kennzahlen zur Organ-Lebendspende). Es ist auch möglich einen Teil der Leber zu spenden, da dieses Organ sich regenerieren kann. Leber-Lebendspenden sind aber deutlich seltener als Nieren-Lebendspenden. Auch eine Lebendspende eines Teils der Lunge ist möglich, diese Lebendspende wird in der Schweiz aktuell jedoch nicht durchgeführt.
Vorteile der Organ-Lebendspende für die Patientinnen und Patienten
Für die Patientinnen und Patienten bietet die Lebendspende grosse Vorteile gegenüber der Organspende durch verstorbene Personen:
- Medizinische Vorabklärungen bei der spendenden Person können ohne Zeitdruck vorgenommen werden. Somit kann der Zeitpunkt der Transplantation optimal geplant werden.
- Patientinnen und Patienten müssen weniger lange auf ein Organ warten.
- Bei einer Spende durch Blutsverwandte ist die Gefahr meistens kleiner, dass der Körper der kranken Person das transplantierte Organ wieder abstösst.
- Da nur sehr gesunde Personen als Spenderin oder Spender in Frage kommen, ist die Organqualität sehr gut.
All dies verbessert die Erfolgsaussichten der Transplantation.
Risiken der Organ-Lebendspende für die spendenden Personen
Allerdings bestehen für Menschen, die ein Organ spenden, gesundheitliche Risiken:
- Beispielsweise kann es – wie bei jeder grösseren Operation – zu Komplikationen kommen. Relativ häufig kommen leichte Komplikationen wie Schmerzen oder Infektionen vor, sehr selten auch schwerere Komplikationen wie etwa starke Blutungen.
- Einige Komplikationen können auch erst einige Zeit nach der Spende auftreten und langfristiger sein. Beispielsweise entwickeln 15-20% der Nierenspenderinnen und Nierenspender 5-10 Jahre nach der Spende einen erhöhten Blutdruck.
Um möglichst viele dieser Risiken so klein wie möglich zu halten, muss der Gesundheitszustand von Personen, die für eine Lebendspende in Frage kommen, umfassend abgeklärt werden.
Ausführliche Informationen zu den Risiken der Nieren-Lebendspende bietet die Lebendspender-Broschüre des Schweizer Lebendspender-Gesundheitsregisters SOL-DHR/SNO.
Für die Lebendspende einer Niere oder eines Teils der Leber müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Spender oder die Spenderin muss mindestens 18 Jahre alt und urteilsfähig sein;
- Für die Spenderin oder den Spender darf für das eigene Leben und die Gesundheit keine ernsthafte Gefährdung bestehen;
- Für die Empfängerin oder den Empfänger des Organs steht keine andere Therapie mit vergleichbarem Nutzen zur Verfügung.
Vor der Entnahme muss die spendende Person umfassend informiert werden und frei von jedem Druck ihre schriftliche Zustimmung geben.
Viele potentielle Spenderinnen und Spender haben das Bedürfnis, vor der Spende Kontakt mit Menschen aufzunehmen, die bereits ein Organ gespendet haben. Solche Kontakte vermittelt das Schweizerische Lebendspende-Register SOL-DHR/SNO.
Die Lebendspende muss freiwillig sein
Neben medizinischen Aspekten sind bei den Abklärungen vor einer Lebendspende auch weitere Faktoren wichtig. Insbesondere muss sichergestellt werden, dass die Spende freiwillig erfolgt und die spendewillige Person einen informierten Entscheid treffen kann.
Eine Person, die eine Lebendspende eines Organs in Betracht zieht, wird im Spital über die Spende und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt und gründlich untersucht. Sie erhält alle Informationen auch in schriftlicher Form, damit sie diese in Ruhe nochmals lesen kann. Stimmt eine Person einer Spende zu, bestätigt sie dies mit ihrer Unterschrift. Sie kann ihre Einwilligung jederzeit wieder zurückziehen, sollte sie ihre Meinung ändern.
Ärztinnen und Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, potenzielle Spenderinnen und Spender über verschiedene Aspekte aufzuklären, unter anderem:
- die Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit der Spende
- die Abklärungen und Untersuchungen, die bis zur Spende notwendig sind
- den Ablauf der Organ-Entnahme
- die möglichen Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit
- den Versicherungsschutz und die Aufwandentschädigung
- die lebenslangen medizinischen Nachsorgeuntersuchungen
Weitere Informationen finden Sie in der Transplantationsverordnung, in Artikel 9.
Finanzielle Aspekte
In der Schweiz ist es verboten, Organe gegen Geld anzubieten und zu verkaufen. Wer dies tut, macht sich strafbar. Die Spende muss also unentgeltlich, das heisst ohne finanzielle Gegenleistung, erfolgen. Auch wer ein Organ kauft, macht sich strafbar (siehe Art. 6 und 7 des Transplantationsgesetzes).
Eine Niere oder ein anderes Organ zu verkaufen oder zu kaufen ist illegal. Dies wird als Organhandel bezeichnet und kann mit Gefängnisstrafen von bis zu 3 Jahren bestraft werden. Das gilt auch dann, wenn die Tat im Ausland stattgefunden hat. Vor allem birgt der Organhandel auch grosse Risiken für die spendende und auch die empfangende Person. Unter Umständen können folgende Aspekte zu gefährlichen Situationen führen:
- Personen, die eine Niere verkaufen wollen, sind oft in einer sehr verletzlichen finanziellen Lage und handeln aus der Not heraus. Oftmals werden sie nicht genügend untersucht und über die Risiken einer Spende aufgeklärt. Zudem kann es sein, dass sie nach der Spende weniger leistungsfähig sind und sich ihre finanzielle Notlage deshalb zusätzlich verschärft. Bei gesundheitlichen Problemen haben sie nicht immer Zugang zu einer guten medizinischen Versorgung.
- Illegale Transplantationen werden oft in Kliniken im Ausland durchgeführt, die möglicherweise nicht den medizinischen Standards in der Schweiz entsprechen, zum Beispiel was die Hygiene betrifft. Dadurch steigt das Risiko für Komplikationen während und nach der Operation. Das kann zu lebensgefährlichen Infektionen führen – sowohl bei der spendenden als auch der empfangenden Person.
- Gerade für Empfängerinnen und Empfänger können solche Infektionen schnell gefährlich werden. Ihr Immunsystem ist geschwächt durch die Medikamente, die sie nach der Transplantation einnehmen müssen, damit das Organ nicht abgestossen wird.
- In vielen Fällen sind die medizinischen Unterlagen unzureichend. Dadurch ist die Nachbetreuung der Empfängerinnen und Empfänger erschwert.
Für die Lebendspende eines Organs erhält man kein Geld. Es entstehen der spendenden Person jedoch auch keine Kosten. Die mit der Organ-Lebendspende verbundenen Kosten werden von der Krankenversicherung der Empfängerin oder des Empfängers übernommen. Dazu gehört zum Beispiel eine Entschädigung für den Lohnausfall, den man wegen der Spende hat. Lebendspenderinnen und -spender eines Organs erhalten zudem lebenslang eine medizinische Nachsorge. Diese regelmässigen Nachkontrollen des Gesundheitszustands bezahlt ebenfalls die Krankenversicherung der Empfängerin oder des Empfängers. Weitere Details zu den finanziellen Aspekten der Lebendspende sind in der Schweizer Lebendspenderbroschüre zu finden.
Wer erhält das gespendete Organ?
Lebendspende an eine nahestehende Person
Die meisten Organ-Lebendspenden finden zwischen Personen statt, die sich kennen. Wenn die spendende Person bestimmt, wer ihr Organ erhalten soll, spricht man von einer gerichteten Spende.
Eine Lebendspende kann die Beziehung zwischen der spendenden und der empfangenden Person nachhaltig verändern. Von den Auswirkungen betroffen ist oft auch der engere Familienkreis. Ein Spender oder eine Spenderin muss sich über zwei Dinge im Klaren sein:
- Das gespendete Organ bringt unter Umständen keine vollständige Heilung.
- Eine Transplantation kann auch misslingen.
In solchen Fällen können bei den Beteiligten Enttäuschung, Wut oder Schuldgefühle auftreten. Unter günstigen Voraussetzungen und mit der entsprechenden psychologischen Begleitung ist die Lebendspende jedoch meist eine insgesamt positive Erfahrung. Umfragen zeigen: Die meisten Menschen, die ein Organ gespendet haben, bereuen ihre Entscheidung nicht. Sie würden wieder so handeln.
Lebendspende an eine unbekannte Person
Das Transplantationsgesetz erlaubt auch Lebendspenden an unbekannte Personen. Man spricht dann von einer ungerichteten oder einer altruistischen Spende. In diesem Fall teilt die Nationale Zuteilungsstelle das Organ nach rechtlich festgehaltenen Kriterien einer Person auf der Warteliste zu. Auf der Warteliste sind alle Personen in der Schweiz eingetragen, die ein Organ benötigen. Personen, die sich überlegen eine solche altruistische Spende zu machen, können sich an ein Transplantationszentrum wenden.
Überkreuz-Lebendspende
Manchmal ist eine Lebendspende zwischen sich nahestehenden Personen nicht möglich, weil die spendende und die empfangende Person immunologisch nicht zusammenpassen. Das heisst, die Gefahr ist zu gross, dass der Körper der empfangenden Person das Organ nach der Transplantation wieder abstösst.
In solchen Fällen ist die sogenannte Überkreuz-Lebendspende eine Möglichkeit. Dabei werden mehrere solcher inkompatibler Paare zusammengenommen und die Niere geht jeweils nicht von der Spenderin oder dem Spender an die eigentlich vorgesehene Person, sondern «über Kreuz» an eine andere Person, die immunologisch besser passt. Diese andere Person ist ebenfalls Teil eines Paares, bei welchem eine direkte Spende auch nicht möglich ist. Es werden somit neue Paarkombinationen gebildet, so dass jeweils eine möglichst gute Kompatibilität zwischen spendender und empfangender Person erreicht wird. Damit werden gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transplantation geschaffen.
Um die Überkreuz-Lebendspenden zwischen mehr als zwei Paaren zu koordinieren, gibt es ein Überkreuz-Lebendspende-Programm, an welchem die Spender-Empfänger-Paare teilnehmen können. Man erhält somit eine Gruppe, die zur Hälfte aus spendewilligen Personen und zur Hälfte aus Personen besteht, die ein Organ benötigen. Aus dieser Gruppe ermittelt eine spezielle Software dann passende neue Paarkombinationen für die Spende und Transplantation. Die Software berücksichtigt unter anderem die Blutgruppen und die Gewebemerkmale der Personen. Weitere Informationen finden Sie hier: Überkreuz-Lebendspende
Wichtige Nachsorge nach der Lebendspende
Um rechtzeitig allfällige gesundheitliche Probleme zu erkennen, die wegen der Lebendspende eines Organs auftreten, müssen die Spenderinnen und Spendern nach der Lebendspende regelmässig untersucht werden. So können gesundheitliche Probleme früh erkannt und behandelt werden. Zu diesem Zweck werden alle Personen, die zu Lebzeiten ein Organ gespendet und in die Nachsorge eingewilligt haben, im Schweizer Lebendspender-Gesundheitsregister SOL-DHR erfasst und regelmässig zu den medizinischen Untersuchungen für die Nachsorge aufgeboten (1, 3, 5, 7, 10 Jahre nach der Spende, dann zweijährlich). Die Nachsorge erfolgt nach einer Organspende lebenslang.
Wie läuft eine Nieren-Lebendspende ab?
Anhand eines konkreten Beispiels können Sie den Ablauf einer Nieren-Lebendspende nachvollziehen: Fallbeispiel einer Nieren-Lebendspende
Links
Schweizer Lebendspenderbroschüre
Medizin-ethische Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften
• Feststellung des Todes im Hinblick auf Organtransplantationen und
Vorbereitung der Organentnahme
• Lebendspende von soliden Organen
Gesetze
Letzte Änderung 22.01.2025
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