«Direct-to-consumer»-Gentests

Einen Gentest per Klick im Internet zu bestellen ist einfach. Aber bedenken Sie mögliche Konsequenzen. Die Ergebnisse sind nicht leicht zu interpretieren und können weitreichende Folgen für die getestete Person und ihre Verwandten haben.

Ein «Direct-to-consumer»-Gentest (DTC-Gentest) ist ein kommerzielles Angebot ohne persönliche fachliche Begleitung. Dabei verkaufen ausländische Anbieter Gentests im Internet direkt an Privatpersonen. Die Werbung verspricht ihnen unter anderem Erkenntnisse darüber, wie hoch ihr Risiko für verschiedene Krankheiten ist, aus welcher Region ihre Vorfahren stammen oder wie sie sich optimal ernähren sollten.  



Wie läuft ein DTC-Gentest ab?

Nach der Bestellung des DTC-Gentests im Internet wird einem ein Testkit nach Hause geliefert. Damit soll man sich eine Probe (z. B. Abstrich von der Mundschleimhaut) entnehmen und sie dann an die Firma zurückschicken. Die DNA wird in einem Labor untersucht und das Testergebnis anschliessend online zur Verfügung gestellt. Eine persönliche Beratung durch eine medizinische Fachperson entfällt.

Inhalt der Infografik: Ablauf eines «Direct-to-consumer» Gentests. Sämtliche Informationen sind in der Bildlegende enthalten.
Ablauf eines DTC-Gentests: (1) Manche Anbieter werben im Internet für Gentests. (2) Man kann sie online bestellen (3) und bekommt sie direkt nach Hause geliefert. Nachdem man sich selbst eine Probe (z. B. Abstrich von der Mundschleimhaut) entnommen hat, (4) schickt man sie zurück an die Firma. (5) Die Probe wird im Labor untersucht und (6) man erhält das Ergebnis direkt online. Gewisse Ergebnisse sind aber ohne Beratung durch eine Fachperson schwer zu verstehen und lassen einen nicht selten ratlos zurück.

Sind DTC-Gentests in der Schweiz erlaubt?

In der Schweiz müssen fast alle Gentests von einer Fachperson veranlasst werden und dürfen nicht als DTC-Gentest verkauft werden. Dennoch werden sie von ausländischen Firmen über das Internet angeboten. Wenn jemand für sich selbst einen solchen Test bestellt, ist das nicht strafbar. Man kann sich aber strafbar machen, wenn man einen Gentest für andere bestellt, insbesondere für kleine Kinder. Es ist verboten, bei einem Kind einen DTC-Gentest zu machen, weil man etwa mehr über seine Intelligenz, sein sportliches Talent oder seine Krankheitsrisiken herausfinden möchte. Mehr Informationen zur Regelung von Gentests in der Schweiz finden Sie unter Gesetzliche Bestimmungen für Gentests.  

Vorsicht bei DTC-Gentests

Manche Angebote zu Gentests aus dem Internet klingen verlockend. Doch es gibt verschiedene Gründe, weshalb man sich die Bestellung eines solchen Gentests gut überlegen sollte:

  • Bei einer medizinischen Fragestellung sollten die individuelle medizinische Vorgeschichte sowie Erbkrankheiten in der Familie berücksichtigt werden. Anbietern von DTC-Gentests ist das nicht möglich.
  • Die Testergebnisse zu verstehen und richtig einzuordnen kann schwierig sein. Die DTC-Gentests werden aber nur selten von einer qualifizierten Fachperson begleitet, die Sie berät und Ihre Fragen beantwortet.
  • Die Ergebnisse einzelner Gentests könnten auch für Ihre Verwandten Folgen haben und sie verunsichern. (Siehe auch Box: Gibt mir ein Gentest Sicherheit?)
  • Bei bestimmten Tests könnten fehlende Verwandtschaftsbeziehungen (z. B. eine Adoption) ungewollt aufgedeckt werden.
  • Die Aussagekraft gewisser Tests ist begrenzt. Manchmal versprechen Anbieter Erkenntnisse, die wissenschaftlich nicht haltbar sind.
  • Der Datenschutz ist nicht immer gewährleistet. Zum Beispiel unterstehen Anbieter in den USA nicht den strengen europäischen Datenschutzregeln. So kann es passieren, dass Ihre Probe oder Ihre Daten ohne Ihr Wissen auch an andere Firmen oder Behörden weitergegeben oder daraus weitere persönliche Informationen gewonnen werden.
  • Achten Sie darauf, in welchem Land die Gentest-Firma ihren Sitz hat. Hinter einer Schweizer Internetadresse kann auch eine ausländische Firma stecken.

Lesen Sie das Kleingedruckte auf der Internetseite des jeweiligen DTC-Gentest-Anbieters, bevor Sie sich für einen Gentest entscheiden.

Besonders heikel: DTC-Gentests bei medizinischen Fragen

Kommerzielle Anbieter werben vor allem im Internet mit einem grossen Spektrum an frei erhältlichen medizinischen Gentests. Damit sprechen sie gesunde Menschen an, die wissen möchten, ob sie eine Krankheitsveranlagung in sich tragen. Ein Gentest ist aber nicht für jede Krankheit oder bei jedem Krankheitsverdacht sinnvoll.

Deshalb sollte man bei DTC-Gentests folgende Aspekte berücksichtigen.

Nicht alles liegt in den Genen

Viele Krankheiten werden durch gewisse DNA-Veränderungen zwar begünstigt, aber nicht direkt verursacht. Sie entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Gene mit Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüssen. Oft haben Ernährung, Sport, Alkohol- und Zigarettenkonsum einen ebenso grossen Einfluss darauf, ob eine Krankheit ausbricht oder nicht, wie die genetischen Anlagen. Das ist auch bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 und anderen Krankheiten der Fall.

Falsche Sicherheit durch unvollständige Tests

Es gibt einige selten vorkommende Krankheiten, bei denen die Genetik eine zentrale Rolle spielt. Diese können durch verschiedene Veränderungen in einem Gen verursacht werden. Bei solchen Erbkrankheiten werden mit DTC-Gentests aber häufig nicht alle für eine Krankheit relevanten DNA-Veränderungen überprüft. Dies kann dazu führen, dass das Testergebnis fälschlicherweise kein oder nur ein geringes Krankheitsrisiko anzeigt – mit Folgen für die Gesundheit. Wer sich in falscher Sicherheit wiegt, geht womöglich nicht zu Vorsorgeuntersuchungen und erhält vielleicht nicht rechtzeitig die richtige Behandlung.

Fehlende medizinische Informationen

Genetische Daten sollten nicht isoliert betrachtet werden. Informationen über Ihre Gesundheit und bisherige Krankheitsgeschichte sowie das Vorkommen von Erbkrankheiten in Ihrer Familie können bei der Entscheidung «Gentest – ja oder nein?», bei der Auswahl des Gentests und bei der Interpretation der Testergebnisse eine wichtige Rolle spielen. Das sind jedoch persönliche Informationen, die Anbieter von DTC-Gentests nicht haben. Zuverlässige Aussagen über Ihr individuelles Erkrankungsrisiko sind daher oft nicht möglich.

Ob ein Gentest sinnvoll ist, kann am besten von einer Fachperson individuell beurteilt werden. Bei konkreten medizinischen Fragen sollten Sie sich an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt wenden.

Gibt mir ein Gentest Sicherheit?

Nehmen Sie einmal an, Sie erfahren online, dass Sie ein erhöhtes Risiko haben beispielsweise an Alzheimer zu erkranken. Was bedeutet das Ergebnis für Sie und Ihre Lebensplanung? Wie sicher wird die Krankheit bei Ihnen ausbrechen und lässt sie sich behandeln? Vielleicht haben auch Ihre Familienmitglieder ein höheres Risiko für die Krankheit – ob sie das wohl wissen möchten?

Mit solchen Fragen werden Sie bei DTC-Gentests in den meisten Fällen allein gelassen. Dies kann dazu führen, dass die Ergebnisse Sie mehr verunsichern, als dass sie Ihnen die erhoffte Sicherheit bieten. Deshalb sind Aufklärung und Beratung bei der Untersuchung des eigenen Erbguts entscheidend. Darauf sollten Sie nicht verzichten.


Weiterführende Themen

Gesetzliche Bestimmungen

In der Schweiz ist geregelt, unter welchen Bedingungen Gentests durchgeführt werden können. Dadurch sollen Persönlichkeitsrechte geschützt und Missbrauch vermieden werden. Zudem werden hohe Anforderungen an die Aufklärung und Beratung, den Datenschutz sowie die Qualität der Tests gestellt.

Letzte Änderung 01.12.2022

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