Infektionen von antibiotikaresistenten Bakterien erhöhen die Sterblichkeit und verringern die Lebensqualität, weil die Behandlungen schwieriger sind, oft länger dauern und mehr kosten.
Niemand ist vor einer Infektion gefeit
Ärztinnen und Ärzte der Allgemeinmedizin, Zahnmedizin, Gynäkologie (Frauenärztinnen) sowie der Dermatologie (Hautärzte) sowie andere Spezialistinnen und Spezialisten greifen auf Antibiotika zurück, um damit eine grosse Bandbreite verschiedener bakterieller Entzündungen zu bekämpfen. Dabei reichen die Erkrankungen von eher weniger schweren Blasenentzündungen bis zu kritischen Lungenentzündungen, Hirnhautentzündungen oder bakteriellen Blutvergiftungen. Niemand ist vor einer bakteriellen Infektion gefeit. Man kann sich im Alltagsleben, aber auch in einem Spital oder Pflegeheim, mit Erregern anstecken. Infektionen können auch im Anschluss an einen Unfall oder als Komplikation einer zu Beginn nicht infektiösen Krankheit entstehen.
Mehr als ein Viertel aller hospitalisierten Patientinnen und Patienten in der Schweiz erhalten Antibiotika. Diese Medikamente sind unerlässlich bei chirurgischen Eingriffen oder bei der Behandlung von Komplikationen einer Krankheit, die eine Hospitalisierung notwendig machen. Antibiotika kommen auch oft bei Personen mit einer Krebserkrankung zum Einsatz, um die Infektionen nach einer Chemotherapie abzuwehren. Zudem helfen sie Komplikationen von häufigen Krankheiten zu behandeln – etwa Fussgeschwüre bei Diabetes.
Die wichtigsten Einsatzgebiete von Antibiotika, ein Hauptpfeiler der modernen Medizin
Im ambulanten Bereich werden sie zur Heilung der gängigsten bakteriellen Infektionen verwendet.
Im Spital erlauben sie medizinische Eingriffe vorzunehmen, die noch vor weniger als 100 Jahren schlicht undenkbar waren: Organtransplantationen, Chemotherapien gegen Krebs, Behandlungen mit Immunsuppressiva, um das Leiden bei bestimmten Autoimmunerkrankungen zu lindern (rheumatische Arthritis, Morbus Crohn etc.).
Antibiotikaresistenzen töten
Neue Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit pro Jahr fast 1,3 Millionen Menschen an Infektionen mit resistenten Bakterien sterben. Basierend auf Modellrechnungen wird die Zahl der Todesfälle pro Jahr in der Schweiz auf 300 geschätzt, in Europa (WHO European Region) auf 133 000.
Antibiotikaresistenzen erhöhen die Gesundheitskosten
Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien sind viel schwieriger – und in seltenen Fällen kaum mehr – zu behandeln. Deshalb ist mitunter von «Superbakterien» die Rede. Einige dieser resistenten Bakterien, aber nicht alle, sind auch virulenter oder toxischer für den Organismus – und können also schlimmere Entzündungen verursachen.
Infektionen von antibiotikaresistenten Bakterien erhöhen die Sterblichkeit und verringern die Lebensqualität, weil die Behandlungen schwieriger sind, oft länger dauern und mehr kosten. Um eine resistente Infektion abzuwehren, muss die Ärzteschaft auf andere Klassen von Antibiotika zurückgreifen, die teurer sind und dazu manchmal auch mehr Nebenwirkungen verursachen oder intravenös verabreicht werden müssen.
Weltweit wird der direkt durch Antibiotikaresistenzen bedingte Anstieg der Gesundheitskosten auf mehrere Dutzend Milliarden Dollar geschätzt. Die Weltbank hat ausgerechnet, dass die jährlichen Kosten der Antibiotikaresistenzen mit dem bei der Finanzkrise von 2008 entstandenen Schaden vergleichbar sind.
Wieso werden keine neuen Antibiotika entwickelt?
Um die Verbreitung resistenter Bakterien einzudämmen, genügen neue Antibiotika nicht. Die Antibiotika müssen vor allem auch sachgemäss verwendet werden, denn bisher zeigte sich bei jeder Markteinführung einer neuen Klasse von Antibiotika, dass Bakterien nur wenige Jahre brauchen, um sich anzupassen und Resistenzen zu entwickeln.
Die kurze Lebensdauer von Antibiotika
Quelle: Antimicrobial Resistance and Infection Control 2015 4:49 (modifiziert)
Die umfangreichen klinischen Studien, die für die Entwicklung neuer Antibiotika benötigt werden, dauern ungefähr 10 Jahre und sind teuer. Die Schweiz hat deshalb beschlossen, sich einer internationalen Initiative (GARDP) anzuschliessen.