Zeckenübertragene Krankheiten kommen in der Schweiz saisonal gehäuft vor. Zur Vorbeugung sind Informationen zu Verbreitung, Prävention und Behandlung wichtig. Dieser Lagebericht trägt dazu bei, Bevölkerung und Ärzteschaft für das Thema zu sensibilisieren.
Sensibilisierung durch Berichterstattung
6. Oktober 2022 – Die Saison, in der Zecken besonders aktiv sind, beginnt je nach Witterung im März und endet im November. Von April bis November veröffentlicht das BAG jeweils in der ersten Monatshälfte einen Lagebericht mit den gemeldeten Fallzahlen der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), einer Hochrechnung der Zahl der ärztlichen Konsultationen wegen Borreliose sowie den gemeldeten Fallzahlen der durch Zecken übertragenen Tularämie. Zudem wird die Anzahl der von Bürgern und Bürgerinnen via der App Tick gemeldeten Zeckenstiche dargestellt.
Mit diesem Bericht möchte das BAG in der Schweizer Bevölkerung das Bewusstsein für durch Zecken übertragene Krankheiten stärken und über aktuelle Entwicklungen informieren. Interessierte Personen können sich über die vom BAG unterstützte mobile App Zecke informieren. Zudem erstellt das BAG in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Landestopographie, Swisstopo, Karten, die über das regionale Risiko eines Zeckenstiches bzw. einer FSME-Infektion informieren (www.map.geo.admin.ch unter den Stichworten Zeckenmodell bzw. FSME – gemeldete Stichworte). Letztere wurde am 10. März 2022 aktualisiert.
Anzahl Fälle der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Das BAG überwacht die FSME im obligatorischen Meldesystem für Infektionskrankheiten. Es kann somit die Anzahl gemeldeter Fälle beziffert werden. Im weitern sind Angaben zu Impfstatus und Exposition verfügbar. Die FSME ist seit 1988 meldepflichtig.
Die monatlichen FSME-Fallzahlen verlaufen wellenförmig mit einem Gipfel in der warmen Jahreszeit und verdeutlichen somit die Saisonalität dieser Krankheit. Sie unterliegen sowohl innerhalb einer Saison als auch im Vergleich zu anderen Jahren grossen Schwankungen (Abbildung 1).

Im Monat September des aktuellen Jahres wurden 23 Fälle verzeichnet und damit vergleichbar wie in den beiden Vorjahren. Die Summe der Fälle, kumuliert ab Januar eines Kalenderjahrs bis zum Monat vor Erscheinen des Berichts, variiert von Jahr zu Jahr stark (Abbildung 2). Seit 2000 wurden im gleichen Zeitraum jeweils zwischen 48 und 411 Fälle gemeldet. Bis Ende September des laufenden Jahres wurden 332 Fälle registriert (Abbildung 2).

Anzahl Fälle der Borreliose
Die Borreliose (auch Lyme-Krankheit genannt) ist in der Schweiz nicht meldepflichtig und wird über das sogenannte Sentinella-System erfasst. Die Anzahl Fälle werden hochgerechnet und beschränkt sich auf die akuten Fälle (Erythema migrans und Borrelien-Lymphozytom). Chronische Formen der Borreliose sind in den Daten dieses Berichts nicht enthalten.
Beim Sentinella-System handelt es sich um ein Netzwerk von Hausärzten, die auf freiwilliger Basis wöchentlich die Anzahl Arztbesuche aufgrund von Borreliose melden (jeweils nur die erste Konsultation berücksichtigt). Darauf basierend wird auf die gesamtschweizerische Anzahl hochgerechnet. Zahlen sind seit 2008 verfügbar. Die monatlichen Arztbesuche wegen Borreliose verlaufen wellenförmig mit dem Gipfel in der warmen Jahreszeit und verdeutlichen somit die Saisonalität dieser Infektionskrankheit. Die Borreliose-Fallzahlen unterliegen sowohl innerhalb einer Saison als auch im Vergleich zu anderen Jahren grossen Schwankungen (Abbildung 3).

Die Summe der hochgerechneten Fälle, kumuliert ab Januar eines Kalenderjahrs bis zum Monat vor Erscheinen des Berichts, variiert ebenfalls von Jahr zu Jahr stark. Seit 2008 wurden im gleichen Zeitraum jeweils zwischen 5300 und 16700 Arztbesuche wegen Borreliose hochgerechnet. Von Januar bis Ende September des laufenden Jahres wurden 8300 Fälle hochgerechnet, basierend auf 175 Fälle im Sentinella-System (Abbildung 4), davon 17 im Monat September. Diese Anzahl ist vergleichbar mit der, des Jahres 2020.

Anzahl Fälle der Tularämie
Die Tularämie untersteht seit 2004 der Meldepflicht. Zudem sind Angaben zur Ursache der Erkrankung verfügbar. Diese Auswertung beschränkt sich auf diejenigen Fälle, bei denen ein Zecken- oder Insektenstich die wahrscheinlichste Ursache der Erkrankung ist. Von Januar 2020 bis September 2022 wurden bei 44,6 Prozent der Tularämie-Fälle ein Zecken- und/oder Insektenstich als Übertragungsweg gemeldet. Im gleichen Zeitraum wurde in 29,7 Prozent der Fälle eine Exposition gegenüber wilden Tieren, einer Quelle mit nicht trinkbarem Wasser oder dem Einatmen von Staub oder Aerosolen in landwirtschaftlicher Umgebung angegeben. In 25,7 Prozent der Fälle war die Exposition zum Pathogen allerdings unbekannt. Die monatlichen Tularämie-Fallzahlen weisen ansatzweise einen wellenförmigen Verlauf auf. Auch sie unterliegen sowohl innerhalb einer Saison als auch im Vergleich zu anderen Jahren grossen Schwankungen (Abbildung 5). So wurde im Monat September des aktuellen Jahres kein Fall verzeichnet, deutlich weniger als in den beiden Vorjahren.

Die Summe der Fälle, kumuliert ab Januar eines Kalenderjahrs bis zum Monat vor Erscheinen des Berichts, variiert ebenfalls von Jahr zu Jahr stark. Seit 2004 wurden im gleichen Zeitraum jeweils zwischen 0 und 66 Fälle gemeldet. Bis Ende September des laufenden Jahres wurden 39 Fälle registriert (Abbildung 6).

Anzahl Zeckenstiche
Bis und mit 2020 hat das BAG die Anzahl der Zeckenstiche aus den Daten von Sentinella hochgerechnet. Die Häufigkeit von Zeckenstichen wird seit 2015 zusätzlich über die BAG-bezuschusste App Zecke erfasst und seit 2021 für den Zeckenlagebericht verwendet.
Darüber hinaus liefert die Anwendung genaue geografische Informationen über den Standort von Stichen. Diese Daten werden auch zur Erstellung des Zeckenstichmodells verwendet. Letzteres stellt das Risiko von Zeckenstichen in Abhängigkeit von der geografischen Lage dar. Im Monat September des aktuellen Jahres wurden in der Zecken-App 238 Zeckenstiche gemeldet, was in etwa der Anzahl im Jahr 2021 entspricht.
Zeckenstiche zeigen die gleiche Saisonalität wie alle vorgenannten über Zecken übertragenen Krankheiten (Abbildung 7).

Beurteilung der epidemiologischen Lage
Zusammenfassend stellt sich die aktuelle epidemiologische Situation der zeckenübertragenen Krankheiten im Vergleich zu den Vorjahren wie folgt dar:
- FSME: nach dem Spitzenjahr von 2020 liegen die diesjährigen Fallzahlen im Rahmen der jährlich beobachteten Schwankungen. In den letzten fünf Jahren hat das BAG eine Zunahme der jährlichen Inzidenz von FSME beobachtet. Diese Situation wird auch in mehreren europäischen Ländern beobachtet, insbesondere in Deutschland. Eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich vor dieser Krankheit zu schützen, ist die Impfung (siehe Abschnitt unten).
- Borreliose: nach den Spitzenjahren von 2018 und 2020 die hochgerechnete Anzahl Fälle für 2022 befindet sich bislang im Rahmen der Vorjahre.
- Tularämie: nach der tendenziellen Zunahme der letzten Jahre liegt die Zahl der durch einen Zecken-bzw. und Insektenstich verursachten Tularämie-Fällen seit Anfang 2022 wieder in einem tieferen Bereich.
- Die epidemiologische Situation, insbesondere die Saisonalität von FSME und Borreliose, widerspiegelt sich in den über die App gemeldeten Zeckenstiche. Diese entsprechen für das aktuelle Jahr dem Mittel der Vorjahre.
Aufruf zur Prävention
Die warmen Temperaturen des Sommers verleiten uns zu Freizeit und Sportaktivitäten im Freien. Das BAG fordert jede und jeden dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, um das Risiko eines Zeckenstichs und einer Erkrankung zu verringern (z.B. breite Wege bevorzugen und den Kontakt mit Gras und Sträuchern vermeiden, bedeckende Kleidung tragen, Zeckenschutzmittel verwenden, Körper und Kleidung nach einem Spaziergang untersuchen, die Zecke schnell zu entfernen und die Stichstelle zu desinfizieren, sowie bei Symptomen einen Arzt aufsuchen).
Die Impfung gegen FSME wird allen Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren empfohlen, die in einem FSME-Risikogebiet wohnen (alle Kantone ausser Genf und Tessin). Die Impfung von Kindern im Alter von ein bis fünf Jahren muss individuell geprüft werden. Die Impfschemata sind im Schweizerischen Impfplan beschrieben.
Weitere Informationen finden Sie auf unseren Internetseiten:
Letzte Änderung 06.03.2023
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