Nano-Heilmittel

Die Nanotechnologie beeinflusst auch die Entwicklung von Heilmitteln.  

Unter dem Begriff Heilmittel sind in der Schweiz die Produktegruppen Arzneimittel und Medizinprodukte zusammengefasst. Die gesetzliche Grundlage für Heilmittel bildet das Heilmittelgesetz (HMG). Swissmedic ist die zentrale schweizerische Überwachungsbehörde für Heilmittel.

Nano-Heilmittel

Arzneimittel

Was ist ein Nano-Arzneimittel?

Für diesen Begriff gibt es derzeit keine international harmonisierte Definition. Swissmedic versteht unter einem Nano-Arzneimittel ein  Präparat, das Nanomaterialien enthält, d.h. Materialien, bei denen mindestens eine der drei Dimensionen weniger als 100 nm misst.  Nanomaterialien können aber auch grössere Strukturen bilden. Solche Strukturen bis zu einer Grösse von 1 Mikrometer können auch  als Nanomaterialien eingestuft werden, wenn sie noch typische Merkmale von Nanomaterialien aufweisen. Sowohl Wirkstoffe als auch  Hilfsstoffe können in Form von Nanomaterialien vorliegen.

Worin unterscheidet sich ein Nano-Arzneimittel von einem herkömmlichen Arzneimittel?

Ein Nano-Arzneimittel enthält Nanomaterialien. Aufgrund ihrer Grösse haben Nanomaterialien spezielle Eigenschaften: 1. Weil sie sehr  kein sind, ist das Verhältnis zwischen ihrer Oberfläche und ihrem Volumen gross. Dies kann eine besondere physikalische, chemische  oder biologische Reaktivität zur Folge haben. 2. Durch ihre geringe Grösse können sie leicht in Zellen eindringen und Barrieren im Körper überwinden (vor allem Atemwege, aber auch Haut, Schleimhaut, Verdauungstrakt). Dieses Eindringen in Gewebe erfolgt  entweder durch passive physikalisch-chemische Vorgänge oder durch aktive Zellvorgänge. Bestimmte Nanomaterialein können auch  über beide Mechanismen aufgenommen werden. 3. Wie Nanomaterialien zusammengesetzt werden, hängt natürlich in erster Linie von  der angestrebten Wirkung des Arzneimittels ab.

Weshalb werden Nano-Arzneimittel hergestellt?

«Traditionelle» Arzneimittel verteilen sich in der Regel im ganzen Organismus, also nicht nur im Organ oder Gewebe, das behandelt  werden soll. Dies hat zur Folge, dass Wirkstoff verloren geht und Nebenwirkungen in gesunden Zellen und Geweben auftreten. Mit Nano-Arzneimitteln lassen sich gezielter bestimmte Zellen erreichen. Dies geschieht zum Beispiel mit Liposomen oder «Nanokapseln», die mit einem Wirkstoff gefüllt sind und die spezifisch Krebszellen erkennen. So ist es möglich, dank einer höheren Spezifizität geringere  Dosen zu verwenden und die Nebenwirkungen deutlich zu reduzieren, da das Arzneimittel kaum mit den gesunden Zellen interagiert.

Gelten für Nano-Arzneimittel besondere Richtlinien?

Nein. Es gelten für alle Arzneimittel dieselben Bestimmungen. Wer eine Zulassung beantragen will, ist für alle Aspekte des  Arzneimittels verantwortlich und muss nachweisen, dass das Arzneimittel qualitativ hochstehend, wirksam und sicher ist. Dazu müssen die  physikalischen, chemischen, biologischen und analytischen Aspekte des Präparats definiert und Studien an Tieren und Menschen  durchgeführt und begründet werden. Zudem ist nachzuweisen, dass die relevanten gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden und  dass die verwendeten Methoden aussagekräftig sind. Für neue Wirkstoffe werden auch Tests zur Umweltverträglichkeit verlangt.  Swissmedic prüft die eingereichten Unterlagen auf der Grundlage des aktuellen Wissensstands. Die besonderen Eigenschaften von Nano-Arzneimitteln können in herkömmlichen Studien untersucht werden, zum Beispiel mit Tierstudien zur Kontrolle der Verteilung des  Arzneimittels im Organismus. Es ist aber damit zu rechnen, dass in Zukunft neue Normen entwickelt werden, die für präklinische (an  Zellen oder Tieren) und für klinische Studien zur Anwendung kommen.

Sind in der Schweiz oder in anderen Ländern bereits Nano-Arzneimittel zugelassen?

Ja, zum Beispiel Eisenpräparate zur Injektion, Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie oder Krebsmittel in Liposomen.

Medizinprodukte

Was ist ein Medizinprodukt?

Produkte, einschliesslich Instrumente, Apparate, Geräte, In-vitro-Diagnostika, Software, Implantate, Reagenzien, Materialien und andere Gegenstände oder Stoffe, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder angepriesen werden und deren Hauptwirkung nicht durch ein Arzneimittel erreicht wird. Beispiele: Blutdruckmessgerät, Ultraschallgerät, Hüftimplantat, Skalpell, Herzschrittmacher, HIV-Test, chirurgische Handschuhe, Stent, chirurgisches Nahtmaterial und Knochensägen.

Haben (Nano-)-Medizinprodukte die gleichen gesetzlichen Regelungen wie Arzneimittel?

Arzneimittel und Medizinprodukte sind Heilmittel. Der Umgang mit Heilmitteln ist im Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte geregelt (Heilmittelgesetz, HMG). Die gesetzlichen Präzisierungen in Bezug auf Medizinprodukte sind in der Medizinprodukteverordnung (MepV) und in der Verordnung über klinische Versuche mit Medizinprodukten (klinV-Mep) festgehalten. Im Unterschied zu Arzneimitteln orientiert sich die Schweiz im Bereich der Medizinprodukte umfassend an den europäischen Medizinproduktedirektiven und setzt diese in schweizerisches Recht um.

Welche gesetzlichen Bestimmungen gelten für (Nano-)-Medizinprodukte?

Unabhängig davon, ob das Medizinprodukt ein Nanomaterial enthält oder mit nanotechnologischen Verfahren hergestellt/behandelt wurde, muss es zum Heilmittelgesetz und zur Medizinprodukteverordnung konform sein. Klassische Medizinprodukte werden je nach Gefährdungspotential der Anwendung in vier Risiko-Klassen eingeteilt: I (tiefes Risiko), IIa und IIb (mittleres Risiko) und III (hohes Risiko). Medizinprodukte, die Nanomaterialien enthalten oder daraus bestehen, werden mit zunehmenden Potenzial für eine Exposition im Körper den Risikoklassen IIa, IIb oder III zugeordnet. Weitere Informationen zur Medizinprodukte-Regulierung finden sich auf der Webseite der Swissmedic:

Beispiele für mögliche Nano-Medizinprodukte sind:

Chirurgische Instrumente mit Nanostrukturen zur Verbesserung von Schneideverhalten und Verschleissfestigkeit, Knochenersatzmaterialien mit Nanokristallen sowie Gelenkprothesen mit Nanokristallbeschichtungen für eine schnellere Integration in den Knochen oder Wundbehandlungsprodukte mit Silberpartikeln in Nanogrösse für eine verbesserte antibakterielle Wirkung.

Sind Nano-Medizinprodukte für die Gesundheit gefährlich?

Nanotechnologie ist grundsätzlich weder gefährlich noch ungefährlich. In jedem einzelnen Fall spielen eine Reihe von Punkten eine wesentliche Rolle, wie z.B., in welcher Grösse und Zusammensetzung die Nanomaterialien vorliegen, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften sowie die genaue Art und Dauer des Körperkontaktes.

Wer ist für die Sicherheit der Nano-Medizinprodukte verantwortlich?

Laut den Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäss Art. 6 MepV sowie Anhang I, Ziff. 10.6. der EU Verordnung über Medizinprodukte (MDR), ist der Hersteller für die Sicherheit verantwortlich: «Sofern sie nicht nur mit unversehrter Haut in Berührung kommen, werden die Produkte so ausgelegt und hergestellt, dass die Risiken in Verbindung mit der Grösse und den Eigenschaften der Partikel, die in den Körper des Patienten oder des Anwenders eindringen oder eindringen können, so weit wie möglich verringert werden. Besondere Aufmerksamkeit ist bei Nanomaterialien geboten.»

Müssen bestehende gesetzliche Bestimmungen angepasst werden?

Die jetzigen gesetzlichen Bestimmungen nehmen Bezug auf den aktuellen Wissenstand. Hersteller müssen im Rahmen einer Risikoabschätzung und einer klinischen Bewertung die möglichen Gefahren eines Medizinproduktes evaluieren und beim Einsatz von Nanomaterialien besondere Aufmerksamkeit walten lassen.

Letzte Änderung 17.03.2022

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