Schlaf- und Beruhigungsmittel sind beliebte Gegenmittel bei Schlafstörungen oder Angstzuständen. Richtig eingesetzt, sind diese Präparate sehr wirksam. Wer sie allerdings längerfristig einnimmt, riskiert eine Abhängigkeit.
Schlaf- und Beruhigungsmittel werden hauptsächlich bei Schlaf- und Angststörungen, Panikattacken oder zur Vorbereitung chirurgischer Eingriffe eingesetzt. Richtig angewendet sind sie effektiv und ihre Wirkung ist unbestritten. Zur Kategorie der psychoaktiven Schlaf- und Beruhigungsmittel mit Abhängigkeitspotential gehören unter anderem
- Benzodiazepine,
- Barbiturate und
- Z-Medikamente.
Sie wirken beruhigend und schlaffördernd, angstlösend, muskelentspannend und krampflösend, bringen aber auch ein Abhängigkeitspotential mit sich. Benzodiazepine machen den grössten Anteil unter den Schlaf- und Beruhigungsmitteln aus.
Die genannten Schlaf- und Beruhigungsmittel sollten nur nach sorgfältiger Diagnose eingesetzt werden. Alternative Möglichkeiten sind bei einer Verschreibung zu prüfen und Vor- und Nachteile gewissenhaft abzuwägen. So sind beispielsweise bei Schlafstörungen die zugrundeliegenden Ursachen zu behandeln. Eine Einnahme länger als vier Wochen wird in der Regel nicht empfohlen.
Selbst bei kleinen Dosen kann sich bereits nach zwei Wochen eine sogenannte Abhängigkeit im Niedrigdosisbereich bilden. Davon betroffen sind vor allem ältere Menschen, die öfters unter Schlafstörungen leiden und Benzodiazepine gegen Schlaflosigkeit einnehmen. Eine Abhängigkeit im Hochdosisbereich kann auftreten, wenn die genannten Schlaf- und Beruhigungsmittel in verhältnismässig grossen Dosen über längere Zeit eingenommen werden.
Gemäss dem Schweizer Monitoring-System Sucht und nichtübertragbare Krankheiten liegt der Anteil der über 15-jährigen Personen, die seit mindestens drei Monaten fast täglich derartige Medikamente konsumieren, bei 2,1 Prozent. Frauen sind stärker betroffen als Männer. Auch steigt die Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln mit zunehmenden Alter stark an.
Die Auswertungen von Helsana-Krankenkassendaten zwischen 2013 und 2018 zeigen, dass Schlafmittel 2018 seltener bezogen wurden als im 2013 (-9.4%).
Ein langanhaltender Gebrauch der oben genannten Schlaf- und Beruhigungsmittel kann körperliche und psychische gesundheitliche Folgen mit sich bringen. Es können je nach Wirkstoff unter anderem folgende Nebenwirkungen und Folgen auftreten:
- Benommenheit und Schläfrigkeit;
- Erhöhtes Risiko zum Beispiel für Stürze und Knochenbrüche;
- Eingeschränkte Urteilsfähigkeit, Geschicklichkeit und Reaktionsfähigkeit, was auch das Risiko für Unfälle im Strassenverkehr erhöht;
- Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Verwirrtheit, Gedächtnislücken und demenzähnliche Symptome;
- Paradoxe Wirkungen wie etwa Enthemmung, erhöhte Risikobereitschaft oder Erregungszustände mit verstärkter Angst oder Schlaflosigkeit;
- Körperliche und psychische Entzugserscheinungen wie Krampfanfälle (bei abruptem Absetzen), Angstzustände, Bewegungsunruhe oder Schwindel- und Verwirrtheitszustände.
Auch kann der Mischkonsum mit anderen Substanzen negative Folgen mit sich bringen. Gerade die Kombination von Benzodiazepinen mit anderen Medikamenten (zum Beispiel Antidepressiva oder Opioide) oder mit Alkohol kann die Atmung beeinträchtigen und das Risiko eines Atemstillstands erhöhen. Der Effekt des Mischkonsums ist stark abhängig von der Kombination sowie von den individuellen Faktoren der Person.
Im Alter baut der Körper Medikamente langsamer ab und das Gehirn reagiert bei älteren Menschen empfindlicher auf diese Medikamente als bei Jüngeren. Durch die kognitiven Einschränkungen und Gleichgewichtsstörungen erhöht sich das Sturzrisiko, was zu Knochenbrüchen führen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Nebenwirkungen teils als Alterserscheinung fehlinterpretiert werden.
Zudem sind ältere Menschen durch Krankheiten stärker belastet und nehmen oft mehrere Medikamente zu sich; der Mischkonsum von Benzodiazepinen mit anderen Substanzen kann beträchtliche gesundheitliche Probleme zur Folge haben. Auch der Mischkonsum mit Alkohol ist bei älteren Menschen zu beachten: Ihr Körper baut Alkohol weniger schnell ab. Dieser Mischkonsum ist mit Nebenwirkungen wie verlangsamter Reaktionsfähigkeit, kognitiven Einschränkungen oder Gleichgewichtsstörungen verbunden.
Dokumente
Praxis Benzodiazepine (PDF, 446 kB, 10.08.2022)Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS)
Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM)
Kantonsapothekervereinigung (KAV)
Bundesamt für Gesundheit (BAG)
2014
Auslegeordnung zum problematischen Gebrauch psychoaktiver Medikamente (PDF, 590 kB, 21.08.2019)Eliane Kraft, Simon Iseli, Sarah Werner
Ecoplan, 2019
Links
Letzte Änderung 30.12.2022
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