Im Folgenden sind wichtige Begriffe rund um «überzählige Embryonen» verständlich und rechtlich verbindlich definiert. Denn der sorgfältige Umgang mit Forschungsmaterial gemäss den gesetzlichen Vorgaben ist in der Stammzellenforschung zentral.
Anhand von elf Fragen zu «überzähligen Embryonen» werden im Folgenden die zentralen Legaldefinitionen rund um das Thema voneinander abgegrenzt und erläutert. Die Informationen sind in erster Linie für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler relevant, die in dem Forschungsgebiet arbeiten.
Überzählige Embryonen sind Embryonen, die im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugt wurden und nicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft verwendet werden können und deshalb keine Überlebenschance haben (Art. 2 Bst. b StFG).
- Die Embryonen haben ein schlechtes oder kein Entwicklungspotenzial
- Die Frau erkrankt oder verunfallt, so dass der Embryo nicht auf die Frau übertragen werden kann
- Die Frau möchte aus persönlichen Gründen den Embryo nicht in die Gebärmutter übertragen lassen
- Die Frau stirbt
Altrechtliche überzählige Embryonen sind Embryonen, die vor dem Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes am 1. Januar 2001 erzeugt und kryokonserviert wurden.
Neurechtliche überzählige Embryonen sind Embryonen, die nach Inkraftsetzung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) am 1. Januar 2001 erzeugt und überzählig wurden.
Von einer «imprägnierte Eizelle» spricht man, nachdem das Spermium in die Eizelle eingedrungen ist, aber bevor der väterliche und mütterliche Vorkern verschmolzen sind. Die «imprägnierte Eizelle» mit den beiden sichtbaren Vorkernen entsteht etwa 5 Stunden nach der Insemination und besteht bis etwa 20 Stunden danach. In diesem Zeitraum sind die väterlichen und mütterlichen Chromosomensätze noch getrennt.
Ein Embryo im Sinne des Fortpflanzungsmedizingesetzes liegt dann vor, wenn der mütterliche und väterliche Vorkern verschmolzen sind, also etwa 24 Stunden nachdem das Spermium in die Eizelle eingedrungen ist. Die Embryonalphase endet mit dem Abschluss der Organogenese etwa 8 Wochen nach der Befruchtung.
Eine Zygote ist die erste Zelle eines Embryos. Sie entsteht durch die Vereinigung der beiden Vorkerne etwa 23 Stunden nach der Insemination.. Eine Zygote ist demzufolge bereits ein Embryo im Sinne des Fortpflanzungsmedizingesetzes.
Das Zygotenstadium endet, sobald die erste Zellteilung erfolgt und der frühe Embryo aus 2 Zellen besteht., Dies erfolgt rund 24-28 Stunden nach der Insemination. In der medizinischen Praxis werden die Begriffe nicht immer einheitlich verwendet. So wird der Begriff «Zygote» in der Fortpflanzungsmedizin häufig synonym mit dem Begriff der «imprägnierten Eizelle» verwendet. Häufig wird in der Praxis erst ab dem 2-Zell-Stadium von einem Embryo gesprochen.
Juristisch relevant sind allerdings nur die Legaldefinitionen. Gemäss den Legaldefinitionen ist es in der Schweiz nicht erlaubt, Embryonen und Zygoten zu kryokonservieren, während die Aufbewahrung von imprägnierten Eizellen erlaubt ist.
Eine einmalige statistische Erhebung des BAG ergab, dass im Jahre 2003 in der Schweiz etwa 700 überzählige Embryonen anfielen. Für das Jahr 2005 und 2006 hat das Bundesamt für Statistik die Zahlen erfasst. Demnach sind 2005 insgesamt 1421 und 2006 insgesamt 1138 überzählige Embryonen angefallen.
Das Fortpflanzungsmedizingesetz verbietet grundsätzlich die Aufbewahrung von Embryonen (Art. 17, Abs. 3 FMedG). Dieses Verbot bezieht sich jedoch lediglich auf den Kontext der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, nicht aber auf die Kryokonservierung für die Stammzellenforschung. Sobald im Rahmen des IVF-Verfahrens Embryonen überzählig werden, endet das Fortpflanzungsverfahren und Artikel 17 Absatz 3 FMedG kommt deshalb nicht mehr zur Anwendung.
Sollen überzählige Embryonen für die Forschung aufbewahrt werden, kommt das Stammzellenforschungsgesetz zum Einsatz. Dieses erlaubt die Aufbewahrung durch IVF-Kliniken, wenn das BAG die Bewilligung für die Aufbewahrung (Kryokonservierung) gemäss Art. 10 StFG erteilt hat. Eine Bewilligung für die Aufbewahrung wird erteilt, wenn:
1. Das BAG bereits ein Gewinnungsprojekt (gemäss Art. 7 und 8 StFG) bewilligt hat
2. Die Aufbewahrung notwendig ist (schriftliche Begründung)
3. Die fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind
Die In-vitro-Fertilisation-Kliniken(IVF)-Kliniken dürfen demnach überzählige Embryonen im Hinblick auf Forschung unter den genannten Bedingung aufbewahren (vergleiche auch die Botschaft zum Bundesgesetz über die Forschung an überzähligen Embryonen und embryonalen Stammzellen vom 20. November 2002, BBl 2003, S. 1251).
«Altrechtliche» überzählige Embryonen dürfen bis zum 31. Dezember 2008 zu Forschungszwecken aufbewahrt werden (Art. 42 Abs. 2 FMedG).
Falls die schriftliche Einwilligung des Paares vorliegt, dürfen überzählige Embryonen für Forschungszwecke verwendet werden. Dabei dürfen überzählige Embryonen nur für Projekte zur Gewinnung von Stammzellen oder für Projekte zur Verbesserung der Gewinnungsverfahren genutzt werden. Andere Forschungszwecke (beispielsweise rein entwicklungsbiologische Forschung) sind nicht zulässig.
Es existiert keine zentrale Verteilung von überzähligen Embryonen für die Stammzellenforschung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen sich selbst mit den IVF-Kliniken in Verbindung setzen und den Ärztinnen und Ärzten Aufklärungs- sowie Einwilligungsbogen zur Verfügung stellen.
Letzte Änderung 28.06.2018
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