Änderung von KVG und KVV: «Vorgabe von Kosten- und Qualitätszielen» als indirekter Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative

Am 29. September 2023 hat das Parlament den indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei angenommen. Mit diesem Gegenvorschlag werden Ziele für das maximale Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) eingeführt. An seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 hat der Bundesrat die Änderung der KVV, die die KVG -Änderung konkretisiert, in die Vernehmlassung geschickt.

Grundzüge der Vorlage

Die Grundidee des Gegenvorschlags besteht in der Vorgabe von Kosten- und Qualitätszielen in der OKP. Damit soll das Kostenwachstum in der OKP auf ein effizientes Mass beschränkt werden.
Damit die Änderung des KVG umgesetzt werden können, müssen verschiedene Bestimmungen auf Verordnungsstufe konkretisiert werden, insbesondere die Festlegung der Kosten- und Qualitätsziele sowie die Schaffung einer neuen Eidgenössischen Kommission für das Kosten- und Qualitätsmonitoring in der OKP. Die Vorlage zur KVV-Änderung strukturiert zudem die Bestimmungen über die Tarife und Preise neu.

Kosten- und Qualitätsziele

Der indirekte Gegenvorschlag sieht die Einführung von Zielen für die Kostenentwicklung in der OKP vor. Diese Ziele stärken die Transparenz über die Kostenentwicklung. Die Kosten- und Qualitätsziele werden nach vorgängiger Anhörung der Versicherer, der Versicherten, der Kantone und der Leistungserbringer jeweils für vier Jahre vom Bundesrat festgelegt. Der Bundesrat schlägt vor, die Festlegung der Kostenziele und die Festlegung der Qualitätsziele nach Art. 58 KVG zu koordinieren.

Weiter schlägt er vor, auf Verordnungsstufe die Faktoren zu präzisieren, die für die Festlegung der Kostenziele ausschlaggebend sind: die demografische Entwicklung, der medizinisch-technischer Fortschritt, die Entwicklung der Wirtschaftslage, des Lohn- und Preisniveaus und das Effizienzpotenzial.

Gemäss dem Entwurf der KVV-Änderung sind – zusätzlich zu Zielen für die Leistungen insgesamt – auch Kostenziele nach Kostengruppen festzulegen. Unter Kostengruppen fallen stationäre Behandlungen, ambulante Behandlungen im Spital, ambulante Behandlungen durch Ärztinnen und Ärzte ausserhalb des Spitals, Arzneimittel und Pflege im Pflegeheim oder zu Hause.

Die Definition der Kosten, auf die sich die Ziele beziehen, und die Methode zur Festlegung der Kosten werden in einem separaten Konzept definiert.

Ziele der Kantone

Auch die Kantone können eigene Kosten- und Qualitätsziele festlegen, wobei sie die Vorgaben des Bundesrates berücksichtigen und die Versicherer, Versicherten und Leistungserbringer vorgängig anhören.

Kommission für das Kosten- und Qualitätsmonitoring

Der Gegenvorschlag sieht die Schaffung einer Eidgenössischen Kommission für das Kosten- und Qualitätsmonitoring in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (EKKQ) vor. Diese ist für das Überwachen der Kosten- und Qualitätsentwicklung zuständig. Sie verfolgt die Entwicklung in den einzelnen Leistungsbereichen und formuliert für Bund und Tarifpartner Empfehlungen zu geeigneten Massnahmen.
Der Entwurf der KVV-Änderung legt die Zusammensetzung, die Funktionsweise und die Aufgaben der EKKQ fest.
Die Kommission besteht aus acht Mitgliedern. Der Bundesrat schlägt vor, dass hauptsächlich wissenschaftliche Expertinnen und Experten in diese Kommission Einsitz nehmen sollen (drei Mitglieder). Die übrigen Mitglieder würden die Leistungserbringer, die Kantone, die Versicherer und die Versicherten vertreten.

Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates konkretisieren die neuen Bestimmungen in der KVV die Aufgaben der EKKQ.

  • Zum einen soll sie eine systematische und kontinuierliche Überwachung der Kosten und Entwicklung der verschiedenen Leistungsbereiche auf Grundlage bereits vorhandener Daten einführen.
  • Zum andern wird von der Kommission erwartet, dass sie diese Ergebnisse interpretiert, indem sie vertieft die Gründe für den Kostenanstieg in den einzelnen Kostengruppen, aber auch einzelne Problembereiche eingehend untersucht. Sie soll zuhanden des Bundes, der Kantone und der Tarifpartner konkrete Empfehlungen für geeignete Massnahmen zur Bewältigung dieses Anstiegs abgeben.

Um sicherzustellen, dass die Kommission ihre Aufgaben wahrnehmen kann, und um Überschneidungen mit der EQK auszuschliessen, müssen die beiden Kommissionen ihre Aufgaben koordinieren. Zudem wird ein Mitglied der EKQ diese in der neuen Kommission vertreten. Das Eidgenössische Departement des Innern wird in den kommenden Monaten die notwendigen Schritte zur Schaffung der neuen Kommission einleiten, einschliesslich des Bewerbungsverfahrens für künftige Mitglieder.

Tarifgestaltung

Der Gegenvorschlag sieht mehrere Änderungen im Bereich der Tarifgestaltung vor, insbesondere die Verpflichtung der Genehmigungsbehörde, den Tarifvertrag innerhalb eines Jahres zu überprüfen, und die Möglichkeit der Genehmigungsbehörde bereits genehmigte Tarifverträge, die den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen, anzupassen.

Der Bundesrat schlägt vor, die Systematik der Tarif- und Preisbestimmungen auf Verordnungsstufe neu zu strukturieren. Auch die Bestimmungen selbst wurden überarbeitet und konkretisiert. Die Grundsätze der Tarifbildung, die Aufgaben der Genehmigungsbehörde und die Anforderungen an das Genehmigungsgesuch wurden klarer strukturiert und definiert.

Entstehung der Vorlage

Es handelt sich bei der Vorgabe von Kostenzielen um eine der Hauptmassnahmen des Expertenberichts vom 24. August 2017 «Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung». Das Eidgenössische Departement des Innern hat gestützt auf den Auftrag des Bundesrates eine Vorlage zur Einführung einer Zielvorgabe erarbeitet, die Teil des zweiten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung war.

Aufgrund des Vernehmlassungsberichts hat der Bundesrat am 28. April 2021 entschieden, dass der Vorschlag für eine Zielvorgabe zur Kostendämpfung aus dem Paket herausgelöst und separat weiterverfolgt und verabschiedet wird.

Am 10. November 2021 legte der Bundesrat die Einführung eines Kostendämpfungsziels im Bundesgesetz über die Krankenversicherung als indirekten Gegenvorschlag vor. In den parlamentarischen Beratungen wurde die Vorlage angepasst. So ergänzte das Parlament die Kostenziele um Qualitätsziele. Hingegen verzichtete es auf die Verpflichtung, bei Überschreitung der Zielvorgaben die Notwendigkeit von Massnahmen zu prüfen. Zudem wurden verschiedene Änderungen in anderen Bereichen des KVG wie Health Technology Assessment (HTA), Tarifierung und Wirtschaftlichkeit der Leistungen vorgenommen.

Auswirkungen der Vorlage

Zur Vorlage des Bundesrates wurde eine vertiefte Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) durchgeführt. Diese kommt zum Schluss, dass das Sparpotenzial schwierig zu quantifizieren ist, dass aber ein substanzieller kostendämpfender Effekt zu erwarten ist.

Weiteres Vorgehen

Am 9. Juni 2024 haben Volk und Stände die Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)» abgelehnt. Der Bundesrat hat daraufhin die Arbeiten für das Inkrafttreten der Gesetzesänderung aufgenommen, einen Vorschlag für die Änderung der Ausführungsbestimmungen gemacht und die entsprechenden Verordnungsänderungen in die Vernehmlassung geschickt. Die Frist für die Vernehmlassung läuft bis am 6. Mai 2025.

Innerhalb der Vernehmlassungsfrist können Stellungnahmen möglichst auf elektronischem Weg auf der neuen Plattform «Consultations» eingereicht werden.

Sollte es Ihnen nicht möglich sein, dieses Tool zu nutzen, können Sie Ihre Stellungnahme als Dokument verfassen (vorzugsweise als Word-Datei) und auf der Plattform «Consultations» unter «Stellungnahmen» speichern oder an die beiden folgenden Adressen senden:

tarife-grundlagen@bag.admin.ch oder gever@bag.admin.ch

Studie «Effizienzpotenzial in der OKP»

Die in der «KVG-Änderung: Massnahmen zur Kostendämpfung – Vorgabe von Kostenzielen» vorgeschlagenen Kostenziele sollen dazu beitragen, das bestehende Effizienzpotenzial im Gesundheitswesen auszuschöpfen. Ein Effizienzpotenzial liegt vor, wenn durch medizinische Behandlung ein bestimmter Gesundheitszustand auch zu geringeren Gesundheitskosten erreicht werden kann.
Um konkrete Zielvorgaben adäquat definieren zu können, sind detailliertere Kenntnisse zum Effizienzpotenzial in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens nötig. Vor diesem Hintergrund hat das BAG ein Konsortium aus INFRAS und dem Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie WIG (der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW) mit der Schätzung des Effizienzpotenzials in den von der OKP (mit‐)finanzierten Leistungen beauftragt. In einem ersten Schritt wurde eine Literaturanalyse erstellt. In einem zweiten Schritt wurde das Effizienzpotenzial in der OKP insgesamt sowie für einzelne Leistungsbereiche der OKP geschätzt. Die vorliegenden Berichte beschreiben das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der beiden Schritte.

Medien

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Letzte Änderung 17.02.2025

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