Weil sich die verantwortlichen Tarifpartner bis heute nicht auf eine Gesamtrevision der Tarifstruktur für physiotherapeutische Leistungen einigen konnten, macht der Bundesrat von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch und schlägt eine minimale Anpassung der heutigen Tarifstruktur vor. Künftig soll klar sein, wie lange eine Sitzung mindestens dauert. Ziel ist, die Transparenz für die Patientinnen und Patienten zu verbessern.
Änderung der Verordnung über die Festlegung und die Anpassung von Tarifstrukturen in der Krankenversicherung: physiotherapeutische Leistungen
Ausgangslage: Veraltete Tarifstruktur und keine Einigung zwischen den Tarifpartnern
Die Tarifstruktur für physiotherapeutische Leistungen geht auf einen Tarifvertrag vom 1. September 1997 zwischen dem Schweizerischen Physiotherapeutenverband (SPV, heute Physioswiss) und dem Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer (KSK, heute santésuisse) zurück, den der Bundesrat am 1. Juli 1998 genehmigte. Am 15. Dezember 2001 übernahmen H+ und santésuisse die Struktur in ihrem Tarifvertrag, dem der Bundesrat am 13. Dezember 2004 zustimmte. Seither wurde die Tarifstruktur nie umfassend revidiert.
Aufgrund fehlender Einigung der Tarifpartner über eine gültige Tarifstruktur musste der Bundesrat im Bereich der Physiotherapie per 1. Oktober 2016 erstmals und per 1. Januar 2018 ein zweites Mal von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch machen. Mehr Informationen dazu finden Sie hier: Physiotherapie (admin.ch). Dabei beschränkte der Bundesrat die Ausübung seiner Kompetenz jeweils auf ein Minimum (Festlegen der Tarifstruktur zur Verhinderung eines tariflosen Zustands resp. minimale Anpassung der Tarifstruktur) und schaffte so jeweils eine stabile Übergangslösung. Die umfassende Revision resp. Erstellung einer neuen Tarifstruktur liegt in der Verantwortung der Tarifpartner.
Trotz zahlreicher Bemühungen von Bundesrat und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) sowie Gesprächen zwischen den Tarifpartnern im Bereich Physiotherapie kam auch in den letzten Jahren keine Einigung zustande. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) unterbreitete daher dem Bundesrat am 16. August 2023 einen Vorschlag zur Anpassung der Tarifstruktur. Die Anpassung erfolgt als Änderung von Anhang 3 der Verordnung über die Festlegung und die Anpassung von Tarifstrukturen in der Krankenversicherung (nachfolgend VATKV).
Inhalt der Verordnungsänderung
Die aktuelle Tarifstruktur für physiotherapeutische Leistungen ist rund um Sitzungspauschalen aufgebaut, die keine Angaben zur Sitzungsdauer enthalten. Die Dauer der Sitzungen liegt folglich in der Verantwortung des Physiotherapeuten bzw. der Physiotherapeutin, was die Transparenz gegenüber den Patientinnen und Patienten beeinträchtigt.
Unter den Tarifpartnern herrscht Konsens, dass die Einführung einer Zeitkomponente notwendig ist, um Transparenz zu schaffen. Dem soll Rechnung getragen werden, indem für die Pauschalen für Einzelsitzungen eine Zeitkomponente eingeführt werden soll. Der Bundesrat schickt zwei Varianten in die Vernehmlassung, die bis zum 17. November 2023 dauert:
Variante 1
Für beide bestehenden Sitzungspauschalen für allgemeine beziehungsweise aufwändige Physiotherapie wird eine Mindestsitzungsdauer von 30 Minuten bzw. 45 Minuten eingeführt. Vorgesehen ist ausserdem eine neue Position für kurze Sitzungen (Mindestdauer 20 Minuten). Die Pauschalen werden mit 32, 48 und 77 Taxpunkten bewertet.
Variante 2
Die beiden bestehenden Sitzungspauschalen für allgemeine und aufwändige Physiotherapie werden durch je eine Grundpauschale mit einer Sitzungszeit von mindestens 20 Minuten und je eine zusätzliche Position für die jeweils weiteren 5 Minuten ersetzt. Die Grundpauschale wird mit 32 Taxpunkten bewertet, die jeweils weiteren 5 Minuten mit 8 Taxpunkten. Die maximale Sitzungszeit ist für die allgemeine Physiotherapie auf 45 Minuten und für die aufwändige Physiotherapie auf 75 Minuten beschränkt.
Weitere vorgeschlagene Anpassung: Präzisierung der Bedingungen für die Abrechnung aufwändiger Physiotherapie
Neben der oben genannten Einführung einer Zeitkomponente soll die aktuelle Formulierung der Bedingungen für die Abrechnung der Tarifposition für aufwändige Physiotherapie präzisiert werden. Zweck dieser Änderung ist, die Unklarheiten der aktuellen Formulierung zu beheben.
Stand der Vorlage
Die Vernehmlassung der Änderung der VATKV dauerte vom 16. August 2023 bis am 17. November 2023.
Aufgrund der positiven Signale der Tarifpartner, die Verhandlungen zur Revision der Tarifstruktur für physiotherapeutische Leistungen aufzuneh-men, und zur Gewährleistung der Tarifautonomie hat die Vorsteherin des Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beschlossen, die Arbeiten bezüglich der Verordnungsänderung zurückzustellen und den Tarifpartnern Zeit zu geben, damit sie sich auf eine neue Tarifstruktur einigen können. Die Tarifpartner müssen das BAG regelmässig über den Fortschritt ihrer Arbei-ten informieren. Reichen die Tarifpartner bis Mai 2025 keinen Genehmi-gungsantrag beim Bundesrat ein, wird das EDI dem Bundesrat auf der Grundlage der beiden 2023 in die Vernehmlassung gegebenen Varianten für eine Änderung der Verordnung über die Festlegung und die Anpassung von Tarifstrukturen in der Krankenversicherung vorschlagen.
Letzte Änderung 09.12.2024
Kontakt
Bundesamt für Gesundheit BAG
Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung
Abteilung Tarife und Grundlagen
Schwarzenburgstrasse 157
3003
Bern
Schweiz
Tel.
+41 58 462 37 23