Die stille Pandemie der Antibiotikaresistenzen

Liebefeld, 16.6.2023 – Begrüssungsreferat von Anne Lévy, Direktorin BAG, anlässlich des Stakeholder Workshops zum One Health Aktionsplan 2024-27 der Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR), BAG Campus Liebefeld, 16. Juni 2023 – Es gilt das gesprochene Wort.

Vor 95 Jahren hat der britische Bakteriologe Alexander Fleming zufällig einen Schimmelpilz entdeckt, der Bakterien daran hindert sich zu vermehren.

Mit der Massenproduktion des Penicillins im zweiten Weltkrieg haben Antibiotika die Medizin revolutioniert und tausende von Menschenleben gerettet.

Liebes StAR Projektteam,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mesdames, Messieurs,

Wie schon unsere Grosseltern und Eltern, sind auch wir froh um wirksame Antibiotika, wenn es sie braucht.

Das kann bei verschiedenen bakteriellen Infekten der Fall sein: Bei einer Blasenentzündung, einer Blutvergiftung oder einer Lungenentzündung, aber auch bei einem chirurgischen Eingriff.

Auch unsere Kinder und Enkelkinder sollen sich auf wirksame Antibiotika verlassen können. Damit auch für sie aus einer simplen bakteriellen Infektion nicht plötzlich eine lebensbedrohliche Situation wird.

Einfach so garantiert ist das aber nicht: Multiresistente Erreger lassen diese Krankheiten wieder zur Bedrohung werden.

Auch bei uns.

La résistance aux antibiotiques menace la santé publique dans le monde entier. Chaque année, environ 1,3 million de personnes meurent des suites d’une infection par des germes résistants.

En 2050, ce chiffre pourrait atteindre les 10 millions, selon un rapport publié par les Nations Unies.

Aujourd’hui, l’antibiorésistance est devenue une véritable pandémie silencieuse.

Or, les changements climatiques et autres enjeux planétaires affaiblissent déjà la santé de la population mondiale.

La chaleur et les sécheresses prolongées affectent les récoltes, touchant en premier lieu les personnes les plus vulnérables. La détresse et le manque de perspectives entraînent des flux migratoires toujours plus importants. Inévitablement, avec la multiplication des déplacements, y compris pour le commerce et le tourisme, les germes se propagent de plus en plus vite sur l’ensemble du globe.

Dazu kommen wirtschaftliche Effekte der Globalisierung: Ein Grossteil der Wirkstoffe für Medikamente wird nur noch in wenigen Fabriken in Indien und China hergestellt. Kommt es zu lokalen Produktionsausfällen oder Lieferverzögerungen, fehlen Medikamente auf der ganzen Welt.

Auch Antibiotika. Beispielsweise in Form von Kindersirup.

Darum steht die globale Herausforderung der Antibiotikaresistenzen international immer wieder und zurecht auf der Agenda.

Ich hatte letzten September in Prag Gelegenheit, mich am informellen Treffen mit den europäischen Gesundheitsministern darüber auszutauschen. Am 5. Gipfel zur Patientensicherheit in Montreux im Februar waren Antibiotikaresistenzen ebenfalls ein Thema. Und beim anstehenden G20-Gipfel in Indien, diesen September, wird es ebenfalls darum gehen.

Wir alle wissen inzwischen, dass das Problem grundsätzlich angegangen werden muss: Es betrifft Mensch, Tier, Landwirtschaft und Umwelt.

Gegen die stille Pandemie der Antibiotika-Resistenzen vorzugehen, bedingt daher sowohl international als auch national, dem «One Health»-Ansatz zu folgen. Es braucht also das Zusammenspiel der Human-, Veterinär- und Umweltwissenschaften. Weil die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander verknüpft ist.

Damit wir Infektionen auch in Zukunft gut behandeln können, müssen wir in allen Bereichen die Verbreitung multiresistenter Mikroben eindämmen, müssen mit Antibiotika sparsam umgehen und dafür sorgen, dass jeweils das richtige Antibiotikum, zum richtigen Zeitpunkt und für die richtige Dauer eingesetzt wird. Genau darauf zielt die Strategie Antibiotikaresistenzen, StAR, ab.

Sie sind heute hierhergekommen, um einen Beitrag dazu zu leisten. Das freut mich sehr.

Sie helfen mit Ihrer Erfahrung, Ihrem Wissen und Ihrem Engagement, die Ausbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien einzudämmen, ihre Verfügbarkeit sicherzustellen und den richtigen Einsatz von Antibiotika zu fördern. Dafür danke ich Ihnen von Herzen.

Ihr Beitrag ist wichtig. Und wertvoll!

Die WHA hat im Mai 2015 einen globalen Aktionsplan gegen Antibiotikaresistenzen verabschiedet. Der Bundesrat folgte 2016 mit der Strategie Antibiotikaresistenzen StAR.

Seither haben wir beachtliche Erfolge erzielt.

Auch weil wir uns konsequent am «One-Health»-Ansatz orientiert und damit zeitgleich Massnahmen bei Mensch, Tier, Landwirtschaft und Umwelt umgesetzt haben.

Wir haben Wissenslücken geschlossen, unsere Monitoringsysteme ausgebaut, Abwasserreinigungsanlagen verbessert, Hilfsmittel für den sachgemässen Einsatz von Antibiotika erarbeitet und gesetzliche Grundlagen angepasst.

Damit haben wir bereits erste Erfolge erzielt: In den letzten 10 Jahren konnten wir beim Menschen den Einsatz der besonders kritischen Antibiotika um fast 40 Prozent senken.

In der Tiermedizin reduzierte die Schweiz die verkauften Antibiotika im gleichen Zeitraum sogar um rund die Hälfte, was in etwa 27 Tonnen Antibiotika entspricht.

Das ist erfreulich. Und gut. Aber noch nicht gut genug.

Für die nächste Etappe braucht es nochmals entschlossenes, koordiniertes Handeln – wie mit dem «One Health-Aktionsplan 2024 bis 2027» vorgesehen.

Premièrement, nous devons devenir plus contraignants. À cette fin, chaque grand axe du plan d’action sera rattaché à un objectif concret. Cette démarche nous motivera et nous permettra d’évaluer l’efficacité des mesures.

Deuxièmement, nous devons prendre en compte de manière rapide et systématique les innovations et les nouvelles connaissances. Je pense notamment au monitorage des eaux usées destiné à la surveillance des résistances, que nous avons mis en place durant la pandémie (de coronavirus) et qui a prouvé son utilité.

Troisièmement, nous devons devenir durables. L’approche systématique «One Health», qui consiste à intervenir simultanément dans les domaines humain, animal, agricole et environnemental, doit devenir la norme.

Heute geht es darum, den Aktionsplan zu schärfen.

Dazu braucht es offene Diskussionen über die Massnahmen, mögliche Hindernisse und konstruktive Ansätze, wie letztere aus dem Weg geräumt werden können.

Die Fragen, die Sie heute diskutieren, sind nicht neu:

  • Wie können wir den Gebrauch von Antibiotika weiter
    optimieren?
  • Wie können wir Infektionen noch besser vorbeugen?
  • Wie vermeiden wir eine Belastung der Gewässer mit
    resistenten Keimen?
  • Welche Rolle spielen resistente Keime im Boden oder Hofdünger?
  • Wie stärken wir die One-Health-Resistenzüberwachung?
  • Wie stellen wir sicher, dass heute und morgen genügend wirksame Antibiotika vorhanden sind?
  • Wie vernetzen wir uns international noch besser?

Und zum Schluss:

  • Wie können wir Fachleute und die breite Bevölkerung noch besser für die Gefahr durch Antibiotikaresistenzen sensibilisieren?

Es sind die Worte besser, mehr und stärker, die aus den bekannten Fragen schwierige Fragen machen. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir gemeinsam mit Ihnen, Ihrer Erfahrung, Ihrer Expertise und Ihrem Engagement bis 2027 einen grossen Schritt weiterkommen werden.

Je vous remercie infiniment de votre participation à cet atelier et de votre engagement dans la lutte contre la résistance aux antibiotiques. - Herzlichen Dank!

Letzte Änderung 16.08.2023

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