E.02 Bessere Risikoszenarien für die Tiger-Mücke

Die klimabedingte Ausbreitung der asiatischen Tigermücke gibt Anlass zur Sorge, weil sie Viruserkrankungen wie das Denguefieber übertragen kann. In der Schweiz hat sich die invasive Mücke im Kanton Tessin angesiedelt und wird in den kommenden Jahren voraussichtlich in die städtischen Gebiete nördlich der Alpen vorstossen. Dieses Projekt entwickelte eine Methode zur Messung des Mikroklimas in Schächten am Strassenrand und präzisierte damit das Vorhersagemodell für die weitere Ausbreitung der Tigermücke.

Eine Tigermücke.
© Pixabay

Ergebnisse

Das Projektteam entwickelte und testete zunächst ein Risikomodell für die Verbreitung der Tigermücke in der Schweiz. Dabei wurden zehn Faktoren identifiziert, die sich für die Risikovorhersage besonders aussagekräftig erwiesen, darunter die Strassendistanz zu Orten mit bereits bestehender Population. Die aufgrund der Simulation erstellten Karten zeigen, dass sich die Tigermücke im Mittelland, in der Region Basel sowie im unteren Rhonetal besonders gut etablieren kann. Dies entspricht den Erwartungen und bisherigen Erhebungen.

Um die Genauigkeit des Modells zu verbessern, sind zusätzliche Daten notwendig. Eine besondere Rolle spielen dabei die winterlichen Verhältnisse in Schächten am Strassenrand, denn dort ist es zumeist weniger kalt als an der Aussenluft. Um die mikroklimatischen Bedingungen der Kanalisationsschächte in ausgewählten Städten zu überwachen, richtete das Projekt ein drahtloses Sensornetzwerk ein, basierend auf Internet-of-things-Technologie. Dies erwies sich als grosse Herausforderung, da die Sensoren unter der Erdoberfläche liegen und ihr Signal stark beeinträchtigt ist.

Trotz der Schwierigkeiten gelang es, während des Winters 2019/2020 das Mikroklima der Schächte in den vier ausgewählten Gebieten – Lugano, Zürich, Basel und Lausanne – zu überwachen. Dabei zeigte es sich, dass die Temperaturen in den Schächten sowohl in städtischen als auch in stadtnahen Gebieten höher sind als die jeweiligen Lufttemperaturen. Damit erbrachte das Projekt den Beweis, dass Kanalisationsschächte in kühlen Regionen günstige Bedingungen für die Überwinterung von Eiern der Tigermücke bieten.

Das Projektteam integrierte die erhobenen mikroklimatischen Daten in das Modell. Dabei bestätigte es sich, dass in allen untersuchten Städten das Risiko der Ansiedlung von Tigermücken höher liegt als bisher berechnet. Die Bedeutung der mikroklimatischen Bedingungen scheint indes von Stadt zu Stadt zu variieren.

Die vom Projekt erstellten Vorhersagekarten können vom nationalen multidisziplinären Netzwerk zur Bekämpfung invasiver Stechmücken in der Schweiz, genutzt werden, um die lokalen Behörden für das Problem zu sensibilisieren. Die Karten helfen ihnen dabei, ihre Bemühungen zur Überwachung und Kontrolle von Stechmücken auf die am stärksten gefährdeten Gebiete zu konzentrieren.

Projektzusammenfassung (PDF, 902 kB, 02.05.2023)

Dokumente und weiterführende Links

Zusammenfassung

Ausgangslage

Seit ihrem Auftreten in Italien Anfang der 90er-Jahre hat sich die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) in Süd- und Mitteleuropa kontinuierlich verbreitet. 2003 wurde die Mücke erstmals im Tessin beobachtet und gilt heute in den meisten urbanen Gebieten des Kantons und auch in Teilen des Kantons Graubünden als gut etabliert. Die Verbreitung nach Norden wird derzeit durch Umweltparameter wie Winter- und Sommertemperaturen sowie Niederschlagsmuster begrenzt. Aufgrund der globalen Erwärmung wird jedoch erwartet, dass die Tigermücke ihren Lebensraum weiter nach Norden ausdehnen wird, wie von einer Reihe von Verbreitungsmodellen vorhergesagt. Im Jahr 2013 wurde ein grossmasstäbliches Modell entwickelt, um die am besten geeigneten Flächen für die Verbreitung in der Schweiz zu identifizieren. Gemäss diesem Modell eignen sich der Genfersee und das Mittelland für die Ansiedlung der Tigermücken nördlich der Alpen. Andere Regionen scheinen im Winter derzeit zu kalt zu sein, als dass ihre Eier überleben und damit Populationen begründen können. Die räumliche Auflösung des Modells berücksichtigte jedoch nicht die klimatischen Bedingungen in städtischen Gebieten, in denen die Art besonders gut gedeiht.

Ziele

  • Ziel dieses Projekts ist es, die Auswirkungen des Mikroklimas auf Ökologie und Verbreitung der Moskitos in ein neu entwickeltes Modell zu integrieren, um präzisere und realistischere Risikoszenarien für die Ausbreitung der asiatischen Tigermücke in neue Gebiete der Schweiz zu erhalten.

Vorgehen

  • Identifizierung der Untersuchungsorte und mikroklimatischen Parameter, Auswahl der Sensoren, Entwicklung eines Citizen Science Projekts zur Datenerhebung, Bildung einer Expertengruppe.
  • Zusammenbau und Prüfung von Sensoren für das Pilotnetzwerk, Rekrutierung von freiwilligen Helfern, Aufbau einer Datenbank.
  • Installation der Sensoren des Pilotnetzwerks an bisherigen und potenziellen Brutplätzen, Tests der mikroklimatischen Datenerfassung, Datenmanagement und Qualitätsbewertung.
  • Expertengespräch und Zwischenbericht.
  • Integration von Mikroklimadaten in das Modell und Erstellung von Karten von Risikoszenarien für die Verbreitung der Tigermücke.
  • Ausweitung des Mikroklimasensoren-Netzwerks auf endgültige Grösse und Datenerfassung im grossen Massstab.
  • Validierung des Modells und ggf. Modellanpassungen, Karten der Risikoszenarien für alle ausgewählten Bereiche und wenn möglich für die ganze Schweiz.

Projektregion

Vollständiger Projekttitel: 

Microclimate impact on risk scenarios for exotic invasive mosquitoes in Switzerland (E.02)

Projektgebiet:

Schweiz

Laufzeit:

Januar 2019 - Dezember 2021

Träger:

Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana SUPSI

Begleitung: Bundesamt für Umwelt BAFU

Fachkontakt
Letzte Änderung 02.05.2023

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Kontakt

Dr. Damiana Ravasi
Labor für Angewandte Mikrobiologie
damiana.ravasi@supsi.ch
Tel. +41 58 666 62 72

Kontaktinformationen drucken

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